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Lost Place in Brandenburg

Die Beelitz-Heilstätten – Deutschlands gruseligste Klinik

Robin Hartmann Autorenkopf
Larissa Königs
, Larissa Königs

24.06.2021, 09:37 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Die Beelitz-Heilstätten waren einst Deutschlands Vorzeige-Klinik, heute sind sie ein Magnet für Geisterjäger und Fans von True-Crime. Denn es gab einige schaurige Mordfälle rund um die alten Heilstätten vor den Toren von Berlin. Was hat es mit diesem Ort auf sich? Was geschah wirklich, was ist Fiktion? TRAVELBOOK hat sich auf die Spuren der Beelitzer Heilstätten begeben.

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Wer die Beelitz-Heilstätten in Brandenburg betritt, glaubt kaum, dass er sich in einem ehemaligen Vorzeige-Krankenhaus befindet. Die Gebäude verfallen, die Wände sind mit Graffiti überzogen, die Fenster entweder vernagelt oder eingeworfen. Es tropft durch die Dächer, sodass bei Unwetter in den einst so prunkvollen Räumlichkeiten dreckige Pfützen stehen. An den Eingangsbereich der Notaufnahme hat jemand ein Pentagramm geschmiert, und von den Wänden bröckelt der Putz – die verlassenen, riesigen Räume und Hallen wirken, man kann es nicht anders sagen, gespenstisch. Und tatsächlich sind hier in der Vergangenheit teils gruselige Dinge geschehen.

Der Beginn der Heilstätten

Lange bevor Beelitz das Schauer-Image anhaftete, waren die Heilstätten ein mustergültiger Betrieb, in dem die Landesversicherungsanstalt Berlin von 1898 bis 1930 eine Tuberkulose-Klinik betrieb. Es war der Kampf gegen eine verheerende Krankheit, die vor allem aufgrund der katastrophalen hygienischen Zustände in den Berliner Mietskasernen immer mehr um sich griff und außer Kontrolle zu geraten drohte – allein im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ging bereits jeder dritte Todesfall auf Tuberkulose zurück. Und so entstand mit den Beelitz-Heilstätten im Laufe der Jahre ein moderner Klinik-Komplex mit bis zu 1200 Betten, eigenen Waschhäusern und einem Heizhaus, sogar ein Badehaus und eine klinikeigene Kirche gab es.

Dann brach der Erste Weltkrieg aus, und das Militär zweckentfremdete die Einrichtungen als Lazarett für verwundetet Soldaten – mehr als 12.500 Mann sollen bis Kriegsende hier versorgt worden sein, die Dunkelziffer der Toten ist unbekannt. Auch Adolf Hitler wurde als Gefreiter hier behandelt.

 Die Heilstätten wurden in den vergangenen Jahrzehnten vielfältig genutzt. So wurden etwa in diesem Loch im Boden, das ursprünglich ein Becken zum Abkühlen nach den Wärmebehandlungen war, später Waren gelagert.
Die Heilstätten wurden in den vergangenen Jahrzehnten vielfältig genutzt. So wurden etwa in diesem Loch im Boden, das ursprünglich ein Becken zum Abkühlen nach den Wärmebehandlungen war, später Waren gelagert. Foto: TRAVELBOOK

Größtes Militärhospital außerhalb der Sowjetunion

Im Jahr 1920 war die Zahl der Behandlungsanfragen so groß, dass man nur noch Frauen und Kinder aufnehmen konnte. Eine Sensation war damals eine Art Klimaanlage, die saubere Luft aus dem Wald über Rohre direkt in die Krankenzimmer leitete.

Doch dunklere Zeiten kündigten sich bereits an, als der Komplex nach dem Zweiten Weltkrieg zum militärischen Sperrgebiet erklärt und von der Sowjetarmee besetzt wurde. Er war damals das größte russische Militärhospital außerhalb der Sowjetunion. Auch hatte der Krieg Verwüstungen an den Heilstätten hinterlassen, so war die Kirche zerbombt und auch das ehemalige Ärzte-Wohnhaus nur noch eine Ruine (die übrigens bis heute steht).

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Vandalismus und Verfall der Heilstätten

Seit 1994 liegt der Großteil des Geländes brach – und die Einrichtungen verfallen: Diebe haben bereits so viel Metall aus den denkmalgeschützten Wänden gerissen, dass die Gebäude bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet sind. Immer wieder finden illegale Partys statt, angeblich auch Geister-Séancen und satanische Messen.

Beklemmend und finster wirken die Heilstätten angesichts ihres Verfalls. Fast zwangsläufig glauben manche, Unheimliches zu vernehmen. Besucher berichten von Schritten in den Gängen, sich wie von Geisterhand öffnenden Türen und sogar von Schreien aus dem Chirurgie-Gebäude. In Internetforen werden diese Themen heiß diskutiert. Sensationstouristen aus ganz Europa kamen einst auf das Gelände der Heilstätten, sogar illegale Führungen habe es hier schon gegeben. Dabei kam es auch immer wieder zu mutwilligem Vandalismus.

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Unbefugte dürfen die Anlage nicht betreten, dennoch kommen immer wieder sogenannte „Urban Explorer“ her, um den Klinik-Komplex zu fotografieren
Unbefugte dürfen die Anlage nicht betreten, dennoch kommen immer wieder sogenannte „Urban Explorer“ her, um den Klinik-Komplex zu fotografieren Foto: TRAVELBOOK

Der erste Mord rund um die Heilstätten

Ebenso real wie der Vandalismus sind die zwei Mordfälle, die sich hier auf dem Gelände der Beelitz-Heilstätten ereignet haben. Der erste geschah 1991 durch Beate S., die unter den Namen „Bestie von Beelitz“ und „Rosa Riese“ bekannt wurde. Beate S. ist transsexuell und beging die Taten unter ihrem Geburtsnamen Wolfgang S. Schon früh entwickelt S. einen Fetisch für Unterwäsche, die er von der Mutter entwendet. Später masturbiert S. auch in die Unterwäsche. Als die Eltern schließlich den Fetisch entdecken und den Zugang zum Elternschlafzimmer blockieren, überlegt sich S. eine Alternative und sucht nun Dessous auf Müllhalden. S. legt sich auch einige Verstecke im Wald an und trägt dort auch immer wieder rosa Unterwäsche – das in Kombination mit einer Körpergröße von über 1,90 Meter führt zu dem Namen „rosa Riese“. 

S. führt sehr lange ein absolutes Doppelleben. Er macht die Schule zu Ende, fängt eine Lehre an, hat eine Partnerin. Mit 19 Jahren geht er zur Bereitschaftspolizei, wo es schließlich zum Eklat kommt. Als S. mit Kollegen den 100. Geburtstag von Adolf Hitler feiert, wird er entlassen – und sein normales Leben bricht nun weg. Ein halbes Jahr später vergewaltigt und tötet er dann sein erstes Opfer, eine 51-jährige Frau, die er im brandenburgischen Ort Deetz überfällt. Es folgen drei weitere Taten, bei denen zwei Frauen auch ermordet werden und im März 1991 begeht S. die schlimmste Tat, einen Doppelmord, der auch das größte Medienecho hervorruft, im Wald um die Beelitz-Heilstätten.

Beate S. sitzt heute noch in Sicherheitsverwahrung

Am 22. März 1991 geht die damals 34-jährige Tamara P. mit ihrem drei Monate alten Sohn dort spazieren. Sie ist die Frau des Chefarztes im Militärhospital, das in den Beelitz-Heilstätten untergebracht ist zu dieser Zeit. P. macht also diesen Spaziergang, doch dabei kommt ihr S. entgegen – und ermordet sie, indem er sie mit einem BH erstickt und ermordet auch ihren Sohn auf brutale Weise. Es folgen noch zwei weitere Mordopfer, bis S. im Sommer 1991 verhaftet wird. Für all diese Mordfälle, insgesamt sind es sechs, wird S. im November 1992 zu einer Freiheitsstraße von 15 Jahren verurteilt. S. sitzt heute noch immer in Sicherheitsverwahrung und hat den Wunsch geäußert, nie wieder auf freien Fuß zu kommen.

Der zweite Mordfall

Knapp zwanzig Jahre später kam es wieder zu einem Mordfall. In einem Motel am Eingang des Geländes der Beelitzer Heilstätten treffen sich im Sommer 2008 ein 37-jähriger Hobby-Fotograf namens Michael F., der scheinbar eine Schwäche für düstere Fotografien hat, und die deutlich jüngere Frau Anja P. Anja P. ist 20 Jahre alt und Model und lernt F. im Internet kennen, beim Chatten in Sado-Maso-Internetforen.

Im Laufe dieses Treffens schlägt F. das Model Anja P. mit einer Bratpfanne auf den Kopf, anschließend erwürgt er sie und vergeht sich danach an ihrer Leiche. Auch wenn F. vor Gericht von einvernehmlichem Sex sprach, verurteilt man ihn im August 2009 zu zehn Jahren Haft wegen „Mordes und Störung der Totenruhe“. Da das Gericht urteilte, dass er psychisch nicht komplett zurechnungsfähig sei und Wiederholungsgefahr besteht, wurde er in der Psychiatrie untergebracht. 

Im Mai 2010 stürzte außerdem ein 25-jähriger Mann aus dem vierten Stock der Beelitzer Heilstätten und starb. Nur wenige Tage später wurde ein 32-Jähriger schwer verletzt geborgen, nachdem er in einen Schacht gefallen war.

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Die Beelitz-Heilstätten heute

Doch so schaurig die Vergangenheit der Beelitzer Heilstätten ist – die Realität ist mittlerweile zumindest teilweise eine andere. Nach Jahren des Grusel-Tourismus setzt man sich in Beelitz dafür ein, den Heilstätten den Grusel-Stempel abzuwischen und ihnen ein sanfteres Image zu verpassen. So wurde das Gelände etwa durch einen Baumkronenpfad touristisch erschlossen.

Innerhalb der ehemaligen Lungenheilstätte wurde 2015 der Baumkronenpfad „Baum und Zeit“ eröffnet
Innerhalb der ehemaligen Lungenheilstätte wurde 2015 der Baumkronenpfad „Baum und Zeit“ eröffnet Foto: TRAVELBOOK / Larissa Königs

Außerdem startete ein Großbauprojekt. Nachdem das Unternehmen KW-Development bereits das Projekt „Refugium Beelitz-Heilstätten“ umsetzte, will man nun in verschiedenen Bauabschnitten ein komplettes Quartier mit etwa 250 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und rund 400 Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäuser errichtet werden. Außerdem sind ein Ärztehaus, ein Café und ein Supermarkt geplant.

Mit diesem und allen anderen Bauprojekten ist Leben in den einst verlassenen Ort gekommen. Doch werden die Beelitz-Heilstätten ihre düstere Vergangenheit jemals ganz abstreifen können? Immer noch verabreden sich Fans von „Lost Places“ zu nächtlichen Besuchen der Heilstätten. „Wir können nur darauf hinweisen, dass sich die Beelitz-Heilstätten verändert haben. Und darauf, dass das Betreten des Geländes oder der verschiedenen Liegenschaften illegal ist“, erklärte ein Sprecher des Geländes. Wer sich auf eine nächtliche Gruseltour begebe, muss also mit einer Anzeige rechnen. Eine gute Alternative sind aber geführte Touren durch die Anlage. Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter, etwa von der Gästeführerin Irene Krause.

Und noch ein Hinweis zum Schluss: Wer den Film „Heilstätten“ aus dem Jahr 2018 gesehen hat, und nun den Drehort besuchen möchte, ist in den Beelitzer Heilstätten falsch. Denn obwohl es im Film zwar um den Ort geht, wurde nicht hier, sondern in den Grabowsee-Heilstätten gedreht. Aber auch hierhin werden Touren angeboten, etwa mit „Foto-Touren Berlin“.

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