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Interview mit Carola Saavedras über ihren Lanzarote-Roman

Autorin Carola Saavedra über die Liebe zu Lanzarote

„Wie eine Welt für sich“

Als Carola Saavedra (40) das erste Mal nach Lanzarote kam, verspürte die brasilianische Schriftstellerin sofort den Wunsch, hier ihren nächsten Roman spielen zu lassen. Auf der Frankfurter Buchmesse, die am Mittwoch beginnt, stellt sie „Landschaft mit Dromedar“ vor. TRAVELBOOK fragte die Autorin vorab, was sie an Lanzarote so fasziniert.

TRAVELBOOK: Frau Saavedra, Sie waren im Jahr 2008 für zehn Tage auf Lanzarote. Wie haben Sie die Insel damals erlebt?
Carola Saavedra: Ich kannte die Insel von Fotos und aus der Literatur, ich dachte, ich hätte schon eine Ahnung von Lanzarote. Aber der Eindruck vor Ort war dann ein ganz anderer, ich war sehr beindruckt. Mein erstes Gefühl war, auf einem eigenen kleinen Planeten zu sein. Mit anderen Worten, die Insel erschien mir wie eine Welt für sich.

Der perfekte Ort für einen Roman?
Die Insel hatte auf mich eine seltsame, zwiespältige Wirkung. Einerseits habe ich mich sehr fremd gefühlt. Die Landschaft war so außergewöhnlich, dass ich dachte, hier könne sich außer den Einheimischen niemand zu Hause fühlen. Gleichzeitig fühlte ich mich so angezogen von der Insel, dass ich wünschte, hier für immer bleiben zu können. Ich dachte, hier ist der ideale Ort, um sich zurückzuziehen. Hierher kann man sehr gut flüchten.

Lanzarote hat schon so manchen Schriftsteller fasziniert. Was macht die Insel zu einem literarischen Ort?

Es ist vermutlich dieses Gefühl der Seltsamkeit, die sie erweckt. Die Landschaft ist so anders als alles, was wir kennen, so vielseitig, so unberechenbar. Und es ist genau dieser Blick, der Blick des „Anderen“, den ein Schriftsteller haben sollte. Für mich ist das Schreiben auch eine Art, einen anderen Blick auf das Bekannte zu werfen, eine Fähigkeit, die Welt neu zu entdecken. Und Lanzarote ermöglicht in bestimmter Weise auch eine Entdeckungsreise.

Schon die Lektüre Ihres Romans wird für so manchen Leser zu einer Entdeckungsreise. Denn Sie nennen den Namen der Insel nicht.
Ja, es war sehr wichtig, die Insel nicht zu benennen. Zum einen liest man das Buch anders, wenn man Lanzarote erkennt. Zum anderen war die Information, um welche reale Insel es sich hier handelt, für die Geschichte nicht wichtig.

Leser in Europa dürften bei der Lektüre Ihres Romans Lanzarote schnell erkennen. Doch wo verorten Ihre Leser in Brasilien die Insel, wenn Sie nicht verraten, um welche es sich handelt?
Normalerweise denken die Leser in Brasilien, ich hätte die Insel erfunden. Nur wenige erkennen sie, für Brasilianer sind die Kanarischen Inseln kein gewöhnliches Reiseziel. In Europa ist das ganz anders. Und mich fasziniert dieser Unterschied bei der Rezeption. Es zeigt, wie sehr das Lesen von unserer Kultur und unseren persönlichen Erlebnissen abhängig ist.

Wenn Sie die Insel auch nicht benennen, so beschreiben Sie diese doch sehr detailliert.
Ich wollte damit dieses Gefühl der Seltsamkeit erwecken, was sicher auch dazu beigetragen hat, dass viele Leser in Brasilien denken, es handle sich um einen fiktiven Ort. Und tatsächlich scheint Lanzarote wie ein fiktiver Ort. Ich wollte mit der Idee von Realität und Fiktion arbeiten, wobei die Realität fiktiver erscheinen kann als die Fiktion selbst.

Erika, die Hauptfigur Ihres Romans, flüchtet sich auf die Insel, nachdem sie Traumatisches erlebt hat – und erhält hier eine zweite Chance.
Erika durchlebt auf der Insel eine Art Trauerprozess und versucht, etwas Neues in ihrem Leben anzufangen. Dabei macht sie wieder die alten Fehler, aber ein bisschen anders vielleicht. Die Insel ist auch ein Symbol dafür. Eine der Hauptideen des Buches ist, dass wir immer die gleichen Fehler machen. Wir werden nicht besser oder schlechter. Auf Deutsch gibt es diesen wunderbaren Ausdruck „nicht aus der eigenen Haut können“. Aber mit einer zweiten, dritten, vierten Chance – die Erika durch die Insel bekommt – können wir die gleichen Fehler beim nächsten Mal vielleicht anders machen.

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