5. Juli 2019, 17:50 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Mitte der 1920er-Jahre wurde in Detroit das Michigan-Filmtheater gebaut. Doch irgendwann rottete es vor sich hin, und man beschloss kurzerhand, daraus ein Parkhaus zu machen – eines, das weltweit seinesgleichen sucht.
Normalerweise sind Parkhäuser mehr funktional als schön, oder besser gesagt: schlichtweg unspektakulär. Im Inneren ist es dunkel und kalt, es riecht nach Benzin. Zwar dürfte Letzteres auch im wohl coolsten Parkhaus der Welt nicht anders sein, doch es ist so ungewöhnlich, dass man diese Tatsache schnell vergessen dürfte.
Bei dem Ort, wo heute Autos abgestellt werden, handelt es sich um das frühere Michigan Theatre, ein historisches Kino in Detroit. Im Jahr 1925 wurde es als Teil eines Bürokomplexes eröffnet. Das prunkvolle Gebäude passte perfekt in eine Zeit, als noch Orchestermusik die Stummfilme untermalte und der Besuch eines Kinos meist nur wohlhabenden Menschen vorbehalten war, die sich entsprechend glamourös für den Anlass kleideten.
Das Innere des Michigan Theatre bot für pompöse Abende die passende Kulisse: Wie historische Fotos zeigen, hingen in der Lobby große Kronleuchter, die Decken waren aufwendig verziert, es gab eine Wendeltreppe, der Boden war schwarz-weiß-kariert, den Eingang säumten riesige Säulen.
Die Autostadt Detroit, in der General Motors heute noch seinen Sitz hat, hatte ab den 1960er-Jahren mit einem Bevölkerungsschwund zu kämpfen. Ein Großteil der Menschen siedelte sich in Vorstädten an, die immer größer und voller wurden. Schon bald war Detroit vom Verfall gekennzeichnet: Die Autoindustrie hatte mit einer beginnenden Krise zu kämpfen, viele Menschen verloren ihre Jobs, die Kriminalitätsrate stieg. Bis heute gilt Detroit als eine der gefährlichsten Städte der USA, viele Häuser stehen leer und verrotten.
Auch das Michigan Theatre blieb damals nicht von der Krise der Stadt verschont. Mitte der 70er wurde es endgültig geschlossen. Doch anstatt es abzureißen, entschied man sich dafür, den einstigen Prunk-Platz zu einem Parkhaus umzufunktionieren. Und das ohne großen Aufwand: Mobiliar wie Teppiche, Samtvorhänge, der schöne Fußboden und auch die Säulen wurden schlichtweg entfernt, anderes blieb einfach, so wie es war.
Und so stehen heute große, bullige Autos, wie man sie aus Amerika kennt, dort, wo früher Zuschauer saßen: umgeben von aufwendig bemalten und mit Stuck verzierten Decken und Wänden, von denen die Farbe bröckelt. Auch wenn es kein verlassener Ort ist, so wirkt er wie einer. Heute zieht er neben Menschen, die einen Parkplatz suchen, auch Touristen an und diente bereits als Kulisse für Kinofilme wie „8 Mile“ mit Rapper Eminem.
So traurig der Anblick sein mag, ein früher so prachtvolles Gebäude gewissermaßen verwahrlost zu sehen, hat es doch etwas Magisches – obgleich manche zurecht finden, es handele sich um eine besonders lieblose Umnutzung eines einst so schönen Ortes.
Doch wenn es irgendwohin passt – das verrückteste und irgendwie coolste Parkhaus der Welt – dann doch in die Autostadt Detroit.