5. Juli 2019, 12:34 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wer schon einmal in Jerusalem war weiß, wie historisch aufgeladen die Stadt ist. Es wirkt auf Besucher fast, als wäre jeder Stein von Bedeutung für zumindest eine Weltreligion. Und nun wurde eine weitere, für Gläubige bedeutsame Stätte der Öffentlichkeit präsentiert: Ein Pfad, auf dem schon Jesus Christus entlang gelaufen sein soll.
Der 320 Meter lange Weg, der unter einem heutigen Kartoffelfeld verläuft, wurde nur durch Zufall entdeckt. 2004 stießen Arbeiter auf antike Treppenstufen, als sie ein kaputtes Rohr reparieren wollten. Seitdem wurde der Tunnel in jahrelanger, aufwändiger Arbeit freigelegt.
Am Sonntag wurde das Ergebnis der Ausgrabung erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, in wenigen Monaten sollen auch Besucher zugelassen werden. Touristen können dann „ein Stück Geschichte berühren“, wie die City of David Foundation, die die Grabungen verantwortete, bei der Eröffnung mitteilte.
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Ist Jesus wirklich auf diesem Weg gewandert?
Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass Jesus Christus auf dem Weg lief. Er befindet sich nämlich am Fuße des Tempelbergs. „Die Entdeckung der Treppen hat die Frage beantwortet, wie hunderttausende Pilger von dem Siloah-Teich, den sie für das rituelle Bad zur Reinigung nutzten, zum Tempelberg gelangten“, erklärte Zeev Orenstein, der Internationale Direktor der City of David Foundation gegenüber „Breaking Israel News“. Entlang des Weges fand man laut Orenstein auch alte Geschäfte, in denen die Pilger kauften, bevor sie zum Tempel gingen.
Einer dieser Pilger wird auch Jesus gewesen sein. In der Bibel wird sowohl davon geschrieben, dass Jesus am Siloah-Teich predigte, als auch, dass er den Tempel besuchte, etwa bei der Tempelreinigung, die in allen vier Evangelien beschrieben wird und oft als Anfang der Leidensgeschichte Jesu gesehen wird.
Der Jerusalemer Tempel selbst wurde um 70 n. Chr. bei der römischen Besatzung der Stadt in Brand gesetzt und vernichtet, heute steht nur noch die ehemalige Westmauer der Tempelanlage, die Klagemauer. Die neue archäologische Stätte beinhaltet, so die City of David Foundation, nun sogar einige der ältesten Überreste der 3000 Jahre alten Stadt Jerusalem.
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Kritik am Projekt
Kritik an dem Projekt kam von zwei Seiten. Archäologen kritisierten die Vorgehensweise, bei der zu Gunsten des Tunnels obere Schichten einfach entfernt wurden. Auch fehle die Einordnung in die weiteren historischen Wege der Stadt.
Hinzu kommt ein Religionskonflikt, denn der Weg liegt in Silwan, einem überwiegend von Palästinensern bewohnten Stadtteil von Ost-Jerusalem. Ost-Jerusalem wurde im Palästinakrieg 1948 von Jordanien besetzt und 1967 von Israel erobert. Seitdem wird es zwar von Israel als Teil Jerusalems angesehen, von den Palästinensern jedoch als eigenständig. Sie wünschen sich Ost-Jerusalem sogar als zukünftige Hauptstadt des Staats Palästina.