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Wieliczka-Salzmine – Polens unterirdisches Wunder

Wieliczka-Salzmine
Die Wieliczka-Salzmine ist ein Wunderwerk menschlicher Schaffenskraft. Über 700 Jahre wurde hier Salz abgebaut. Heute ist der Ort ein Touristenmagnet. Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

19.07.2021, 06:09 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Seit mehr als 700 Jahren ist die Wieliczka-Salzmine nahe der polnischen Stadt Krakau in Betrieb. Im Laufe der Zeit ist unter der Erde ein wahrhaft gigantischer unterirdischer Komplex entstanden. Hier findet auch der wohl ungewöhnlichste Gottesdienst des Landes statt.

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Die Wieliczka-Salzmine in der Nähe von Krakau ist ohne jeden Zweifel einer der ungewöhnlichsten Orte Polens. Seit über 700 Jahren in Betrieb, bauten hier bis vor 25 Jahren noch Bergleute Salz ab – und schufen dabei einen einzigartigen unterirdischen Tempel. Dessen Dimensionen sprengen jede Vorstellungskraft. Kaum verwunderlich, hat sich das Bergwerk zu einem der größten Touristenmagnete des Landes entwickelt.

Allein schon die Zahlen, die sich auf der offiziellen Seite der Wieliczka-Salzmine wieder finden, versetzen in Erstaunen. Auf neun Stockwerken haben sich Arbeiter seit Ende des 13. Jahrhunderts in den Berg bei dem kleinen Ort Wieliczka gegraben. Dabei ist über die Jahrhunderte ein Wegenetz von 245 Kilometern entstanden, bestehend aus insgesamt 26 Stollen. Nahezu 2500 Kammern haben die Bergleute dabei in den Fels gehauen.

Das Salz half, ein ganzes Land aufzubauen

Wieliczka-Salzmine
Die Kapelle der Heiligen Kinga ist eine der größten Attraktionen der Wieliczka-Salzmine Foto: dpa Picture Alliance

Das weiße Gold, das in der Wieliczka-Salzmine seit jeher abgebaut wurde, hat das Land geprägt wie kaum etwas anderes. Zu Hochzeiten der Mine stammten ein Drittel des Staatshaushaltes aus dem Salzverkauf. Beamte wurden damit bezahlt, von dem Erlös Schlösser und Kirchen errichtet. Auch die Universität von Krakau, die erste des Landes, konnte nur dank des Salzhandels gebaut werden.

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Schon 1368, zu Zeiten von König Casimir dem Großen, arbeiteten mehrere hundert Menschen unter Tage. Sie trieben die Stollen damals noch per Hand in den Berg, entrissen ihm unter großen Gefahren das Steinsalz. Jahrhundertelang transportierten sie die bis zu 2000 Kilo schweren Brocken selbst, bis ihnen im 16. Jahrhundert schließlich Pferde zu Hilfe kamen. Die Wieliczka-Salzmine warf zum damaligen Zeitpunkt jährlich etwa 30.000 Tonnen Salz ab. So einmalig war der Ort, dass er bereits im 15. Jahrhundert Touristen anzog, so unter anderem den berühmten polnischen Astronomen Nicolaus Kopernikus.

Millionen Besucher jährlich

Wieliczka-Salzmine
Bis zu 400 Menschen können an Gottesdiensten in der Kapelle der Heiligen Kinga teilnehmen Foto: Getty Images

Als Polen 1772 an die Habsburger aus Österreich fiel, erlebte die Wieliczka-Salzmine noch einmal einen Boom. Dank modernerer Techniken wie Sprengungen war es nun möglich, die Stollen in ungeahnte Tiefen zu treiben. Der tiefste Punkt befindet sich heute 327 Meter unter der Erde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Mine nochmals modernisiert und wuchs zu ihrer heutigen Größe heran. Bereits seit 1978 ist sie als Unesco-Weltkulturerbe eingetragen.

1996 jedoch schloss sie zunächst ihre Pforten, denn der Abbau des Salzes war nach modernen Maßstäben zu kostspielig geworden. Da bereits seit den 1970er Jahren immer mehr Touristen in die Wieliczka-Salzmine geströmt waren, lag es nahe, sie als Attraktion wiederzueröffnen. Laut eigenen Angaben hat das Bergwerk heute zwei Millionen Besucher jährlich, darunter auch immer wieder Politiker und sogar Angehörige von Königsfamilien.

Die wohl ungewöhnlichste Kirche Europas

Und auch wenn heute kein Salz mehr hier abgebaut wird, sind die Bergleute dennoch nicht verschwunden. Sie arbeiten mittlerweile allerdings vorrangig an der Sicherheit der Mine und schaffen neue Attraktionen für die Besucher. Denn viele der mehr als 2000 Kammern in dem Bergwerk sind auf erstaunliche Weise ausgebaut und gestaltet. Einzigartig in Europa ist wohl die Kapelle der Heiligen Kinga, eine unterirdische Kirche.

Diese gut 400 Quadratmeter große Felskirche liegt 101 Meter unter der Erde und bietet Platz für bis zu 400 Gäste. Verziert ist sie mit kunstvollen Skulpturen und Reliefs aus Salzstein. Wer möchte, und das passende Portemonnaie mitbringt, kann die Salzkirche für private Veranstaltungen wie Taufen oder Hochzeiten buchen.

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Heute bringen die Touristen das Geld

Ein Besuch hier ist jedoch auch auf der Touristenroute enthalten, eine der zwei Strecken durch die Wieliczka-Salzmine. Gäste sehen bei der zweistündigen Tour aber gerade einmal etwa zwei Prozent des gigantischen Bergwerks. Buchbar sind Angebote für einzelne Personen und für Gruppen. Wer länger bleiben möchte als für nur ein paar Stunden, kann über die Mine auch einen Kuraufenthalt von bis zu 21 Tagen buchen.

Zudem bietet die Wieliczka-Salzmine für Geschäftsleute auch Konferenzräume. Man kann das Bergwerk für Veranstaltungen jedweder Art mieten, und bei Bedarf auch gleich den passenden Catering-Service dafür bestellen. Die Zeiten, in denen hier weißes Gold abgebaut wurde, mögen vorbei sein. Aber wie man mit Polens wohl ungewöhnlichster Touristenattraktion ordentlich Geld macht, haben die Betreiber offensichtlich nicht verlernt.

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