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TRAVELBOOK-Interview

Flugbegleiterin packt aus: „Die schlimmsten Passagiere sind …“

Flugbegleiterin Job
Im Interview packt die Flugbegleiterin einer großen Airline über ihren Job aus (Symbolfoto) Foto: Getty Images
Nina Ponath FITBOOK
Freie Autorin

26.10.2023, 14:02 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Der Beruf als Flugbegleitung gilt bei vielen als echter Traumjob. Aber wie sieht das Leben wirklich aus, wenn man einen großen Teil seiner Arbeitszeit in der Luft verbringt? TRAVELBOOK hat mit der Flugbegleiterin einer großen Airline gesprochen, die aus ihrem Berufsalltag erzählt.

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Was im Interview mit Laura A.* schnell klar wird: So etwas wie einen echten „Alltag“ gibt es nicht. Zum Glück nicht, wie die Flugbegleiterin findet. Als zweifache Mutter hat es für sie durchaus Vorteile, nach einem langen Flug gleich eine Vielzahl an Tagen zu Hause und im Freizeitmodus zu sein. TRAVELBOOK hat mit ihr über Vorurteile, Vor- und Nachteile ihres Jobs als Flugbegleiterin sowie über sympathische und weniger sympathische Fluggäste gesprochen.

TRAVELBOOK: Wie bist du zu deinem Beruf gekommen?

Laura: „Ich habe schon zu Schulzeiten mit dem Gedanken gespielt, Flugbegleiterin zu werden. Mein Papa war früher Status-Kunde bei meiner heutigen Fluggesellschaft und so sind wir immer viel herumgekommen in der Welt. Mein Bruder wollte auch eine Zeit lang Pilot werden. Nach dem Abitur habe ich dann aber erst mal studiert, eine Zeit lang auch im Ausland. Das Studium war nichts für mich, aber ich habe bemerkt, wie wichtig mir das Reisen ist. Ich habe mich dann 2015 spontan zur Ausbildung als Flugbegleitung beworben und wurde genommen.“

Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?

„Das kann man gar nicht so einfach sagen; eher lässt sich sagen, wie ein ganzer Monat aussieht. Wir bekommen immer einen Dienstplan, in dem schon eine Monatsstruktur vorgesehen ist. Darin stehen die Strecken, die wir abfliegen. Wir haben dabei auch Gestaltungsmöglichkeiten. Ich kann vorab Wünsche abgeben, wann, wohin und wie lange ich fliegen möchte. Ich fliege zurzeit eine 70-Prozent-Stelle, weil ich Kinder habe. Vorher bin ich Vollzeit geflogen, aber als Mama mag ich nicht so viel weg sein. Direkt nach der Elternzeit hatte ich zunächst eine 50-Prozent-Stelle.“

Lassen sich Kinder und der Job als Flugbegleiterin gut miteinander vereinbaren?

„Das geht wunderbar! Das ist für mich der perfekte Job als Mama, weil man dem Alltag ein bisschen entfliehen kann. Man muss aber die Betreuung gut organisieren. Mein Mann ist im öffentlichen Dienst und übernimmt, wenn ich weg bin, die Betreuung am Nachmittag. Vormittags werden die Kinder fremdbetreut. Mit 70 Prozent fliege ich jetzt zwei, drei Touren im Monat, die jeweils drei bis fünf Tage dauern. Ich vermeide Tagestouren. Das sind Touren, bei denen man morgens zum Flughafen fährt und keine Auswärtsübernachtung hat. Das lohnt sich für mich nicht, weil ich relativ weit vom Flughafen entfernt wohne. Meistens mache ich deshalb Flüge, bei denen man zwei, drei Auswärtsübernachtungen hat. Dann bin ich einmal länger weg, aber dafür auch wieder zu 100 Prozent da. Nach einer Tour habe ich immer fünf bis zehn Tage frei. In der Zeit habe ich ganz, ganz viel Zeit für meine Kinder und meine Familie. Da habe ich dann Möglichkeiten, die man als normaler Nine-to-Five-Arbeitnehmer nicht hat.“

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Hast du Lieblingsstrecken?

„Nein, das ist mir total wurscht. Mir ist bei der Dienstplanung wichtiger, dass meine Wünsche berücksichtigt werden und ich Flüge zugeteilt bekomme, nach denen ich auch wieder länger frei habe.“

Gibt es Vorurteile gegen Flugbegleiterinnen?

„Die gibt es leider jede Menge. Zum Beispiel das Vorurteil, dass wir in jedem Hafen jemanden haben. Viele denken auch, dass wir ganz wild feiern und im Cockpit alle etwas untereinander haben. Es gibt natürlich auch bei uns Beziehungen zwischen Mitarbeitern, aber das ist nicht häufiger als in anderen Unternehmen. Und dann gibt es noch das Vorurteil, dass wir Flugbegleiterinnen nichts können, außer Saft auszuschenken. Das finde ich richtig gemein, weil viele aus dem Team vorher in einem anderen Job gearbeitet haben und deshalb zwangsläufig sehr wohl auch etwas anderes können. Da gibt es echt alles: ehemalige Ärzte, Juristen, Journalisten. Manche machen das auch parallel zu ihrem anderen Job. Flugbegleiter werden sehr oft unterschätzt.“

Schaffst du es als Flugbegleiterin im Job auf 10.000 Schritte am Tag?

„Direkt bei der Arbeit schaffe ich das eher nicht. Man ist als Flugbegleitung aber immer in Hotels untergebracht, die einen Fitnessraum haben; wir haben also die Möglichkeit, uns nach einem Flug zu bewegen. Ich komme in der Regel auf 10.000 Schritte, weil ich aber auch darauf achte, mich genug zu bewegen.“

Stimmt es, dass Flugbegleiter:innen ein gewisses Höchstgewicht nicht überschreiten dürfen?

„Das stimmt nicht. Das gab es, glaube ich, mal in den 1950er-/1960er-Jahren. Was aber wahr ist, ist, dass Flugbegleiter:innen eine Mindestgröße haben müssen. Das hat sicherheitsrelevante Gründe. Unsere Sicherheitsausrüstung ist oben in den Fächern verstaut, und da müssen wir natürlich herankommen. Wir haben aber regelmäßige Gesundheitschecks. Die müssen sein, weil der Job körperlich an die Substanz geht. Das ist schon anstrengend.“

Wird man als Flugbegleiterin viel angeflirtet?

„Das ist schon häufig der Fall. Mir persönlich ist das aber noch nicht auf unangenehme Art passiert. Da gibt es aber sicher Unterschiede zwischen Charter- und Linienflügen. Es kann schon sein, dass man auf einem Mallorca-Flug mal mehr betrunkene Leute hat, die forscher sind.“

Was macht man, wenn ein Passagier schlimme Flugangst hat?

„Wir sehen uns die Passagiere ganz genau an, wenn sie ins Flugzeug kommen. Meistens sieht man das schon, wenn da jemand mit wirklich starker Flugangst dabei ist. Was dann am meisten hilft, ist, die Geräusche zu erklären, zu fragen, was eigentlich genau Angst macht. Es gibt auch Kolleg:innen, die Flugangst-Seminare anbieten.“

Was war dein schönster Moment an Bord?

„So einen ‘speziellen‘ Moment gibt es da nicht. Was ich aber immer sehr schön finde, ist, wenn jemand Geburtstag hat. Das wissen wir in der Crew vor dem Einchecken und bereiten immer eine kleine Überraschung an Bord vor. Das macht richtig Spaß, andere Menschen so glücklich zu machen.“

Gab es auch einen schlimmsten Moment?

„Manchmal lassen Passagiere ihren Dampf bei uns ab, wenn etwas nicht klappt ­– auch wenn wir dafür nichts können. Wir sind ja die letzte Instanz beim Fliegen und diejenigen, zu denen die Gäste noch Kontakt haben. Das versuche ich aber nicht so an mich heranzulassen. Schlimmer sind medizinische Zwischenfälle. Wir sind schon gut ausgebildet, was erste Hilfe angeht, aber man kann in der Luft nicht alles beheben. Schlimme medizinische Notfälle nehmen einen immer sehr mit.“

Welche sind die schlimmsten Gäste an Bord?

„Es gibt manchmal diese Nörgler, die vier Handgepäckstücke dabei haben und denken, dass sie ein Anrecht darauf haben, dass die Taschen genau über dem Platz verstaut werden.“

Esst ihr an Bord das gleiche Essen wie die Passagiere?

„Manchmal essen wir das, was noch übrig bleibt. Essen wird für uns an Bord aber nicht extra beladen. Ich versuche, immer vor dem Fug zu essen. Bei Nachtflügen esse ich nicht, da habe ich auch keinen Hunger. Ich warte lieber, bis ich am Ziel bin, zumal wir auch Spesen für die Verpflegung bekommen.“

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Seid ihr wirklich immer so gut gelaunt, wie ihr ausseht?

„Ich versuche vor einem Flug alles, was mich irgendwie belastet, zu klären und zu Hause zu lassen. Das hilft enorm. Manchmal kommt es natürlich trotzdem vor, dass irgendwas meine Laune trübt. Dann gehe ich, wenn ich Zeit habe, im Hotel schwimmen. Sport war mir immer schon wichtig und hilft mir sehr, um wieder in meine Mitte zu kommen.“

Gibt es Strecken, um die ihr euch alle reißt?

„Grundsätzlich sind eher ferne Ziele beliebt. Südafrika ist heiß begehrt, Schanghai oder Bangkok. Eigentlich alles, was etwas weiter weg ist. Indien polarisiert: Es gibt die Indien-Liebhaber und die, die überhaupt nicht gerne nach Indien fliegen. Ich habe durch die Arbeit schon Ziele kennengelernt, die ich vorher gar nicht so auf dem Schirm hatte. Der schönste Flug ist aber immer der Flug nach Hause. Danach schlafe ich 12 Stunden lang mit meinen Kindern aus und danach geht es ganz normal weiter.“

*Name von der Redaktion geändert, die Flugbegleiterin möchte anonym bleiben.

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