30. November 2023, 17:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Weil sein Dorf von der Wasserversorgung abgeschnitten war, baute der Chinese Huang Dafa mit Helfern einfach selbst einen Versorgungskanal. Und zwar mit den eigenen Händen, über einen Zeitraum von 36 Jahren. Und das war nicht sein einziges großes Projekt. Heute gilt der Mann als Nationalheld.
Es gibt in China eine beliebte Legende um einen alten Mann namens Yu Gong. Dieser entschloss sich eines Tages, mit seinen eigenen Händen zwei Berggipfel abzugraben, die ihm den Weg von seinem Zuhause ins nächste Dorf versperrten. Gerührt von seinem unerschütterlichen Willen, versetzten die Götter schließlich die Berge für Yu Gong. Der heute weit über 80-jährige Huang Dafa musste bei seinem Lebenswerk auf überirdischen Beistand verzichten – was seine Geschichte nur umso unglaublicher macht.
Es ist das Jahr 1959, als Huang Dafa eine Vision hat. Seinem Dorf Caowangba in der chinesischen Provinz Gizhou geht es damals schlecht. Der Grund dafür ist laut „China Daily“ die sehr knappe Versorgung mit Wasser. Nicht selten stehen die Bewohner dafür den ganzen Tag an, ihr Anteil reicht gerade einmal für das nackte Übererleben. Die Reisfelder liegen brach, und für Huang Dafa ist klar: Ein Kanal muss her, der sein Dorf mit ausreichend Wasser versorgt.
10 Jahre vergeblicher Arbeit
Nur gibt es da leider ein ziemlich gewaltiges Problem. Zwischen Caowangba und dem nächsten, mit Wasser gut versorgten Dorf, liegt ein Berg. Also entschließt sich Huang Dafa kurzerhand, seinen Kanal einfach durch diesen hindurch zu graben. Damals kann er noch nicht ahnen, dass ihn dieses aberwitzige Projekt 36 Jahre seines Lebens kosten und ihn in China zu einem bekannten Nationalhelden machen wird. Er weiß aber auch noch nichts von den schrecklichen Verlusten, die seinen Triumph letztlich überschatten werden.
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Zunächst einmal sind da aber nur der Berg, und ein Mann mit einem schier unerschütterlichen Glauben an den Erfolg. Huang Dafa und seine Helfer gehen an die Arbeit, bewaffnet nur mit einfachen Handwerkzeugen rücken sie dem Fels zu Leibe. Huang Dafa ist der erste, der sich persönlich von einer 300 Meter hohen Klippe abseilt, um an einer geeigneten Stelle mit dem Bau zu beginnen. Alleine für einen 100 Meter langen Tunnel durch den Berg brauchen die Männer laut „China Daily“ zehn Jahre Bauzeit. Doch am Ende ist – zunächst – alles umsonst.
Der Mann, der alles für seinen Traum opferte
Denn die Männer um Huang Dafa haben zwar einen unglaublichen Willen, aber keinerlei Kenntnisse in Bewässerungstechnik. Das erhoffte Wasser will einfach nicht fließen, und so bleibt nur eines: den Traum vorerst begraben. Doch damit will sich Huang Dafa nicht abfinden. Der einsame Visionär fängt 1989 schließlich an, drei Jahre lang Wasser-Ingenieurswesen zu studieren, um sich die bislang fehlenden Kenntnisse anzueignen. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits 53 Jahre alt.
Mit seinem neu erworbenen Wissen gelingt es Huang Dafa schließlich, Geld von der lokalen Politik für sein Projekt einzutreiben. 1992 beginnt der Bau schließlich mit 200 Helfern von Neuem. Sogar, als seine Schwester und sein Enkel sterben, verlässt Huang Dafa seinen Posten nicht. Doch dann, 1995, 36 Jahre nachdem sein Traum das erste Mal Gestalt angenommen hatte, ist es endlich so weit. Über ein insgesamt fast 10 Kilometer langes System fließt endlich Wasser nach Caowangba. Zu Ehren seines geistigen Vaters wird es Dafa-Kanal getauft.
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Legendärer Wohltäter
Und Huang Dafa bringt seiner Heimat nicht nur Wasser, sondern noch im selben Jahr auch eine Straße und die Elektrizität. Alle drei Großprojekte hat er gleichzeitig beaufsichtigt, hat ihnen sein ganzes eigenes Leben untergeordnet. Auch zwei Schulen hat er bauen lassen, eine davon bereits in den 1960er Jahren, eine weitere in den 1990ern. Doch das Wichtigste: Er hat seinem Dorf nicht nur das Wasser geschenkt. Sondern damit auch endlich genügend zu Essen, und sogar einen bescheidenen Wohlstand.
Ganze 48 Hektar Land zum Reisanbau können heute dank des Dafa-Kanals ausreichend bewässert werden. Laut dem chinesischen Portal „ECNS“ wurde die jährliche Reis-Ernte nahezu verzwanzigfacht. Waren es früher 25.000 Kilo jährlich, so sind es heute 400.000 Kilo. Huang Dafa hat dafür von der Kommunistischen Partei, dessen Lokalvorstand von Caowangba er lange war, zahlreiche Auszeichnungen bekommen. Die schönste davon ist aber wohl der Vergleich mit der Legende um Yu Gong. „Yu gong ya shin“ bedeutet auf Chinesisch: „Der alte Mann, der Berge versetzt“.