7. Februar 2022, 13:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Hainan ist eine beliebte Urlaubsregion im Süden von China. Weil die Insel zu klein für den Touristen-Ansturm ist, wurde vor ihrer Küste eine künstliche Insel aufgeschüttet. Ocean Flower Island ist die größte menschengemachte Insel der Welt. Doch das Projekt sorgte in seiner jungen Geschichte bereits für zwei Skandale.
Obwohl die chinesische Insel Hainan hierzulande noch nicht so bekannt ist, gilt sie in China als DAS Urlaubsparadies schlechthin. Vor Ort gibt es nicht nur kilometerlange Sandstrände, sondern auch Tropenwälder. Immer wieder wird die Insel deshalb mit Hawaii verglichen. Immerhin liegt die US-amerikanische Inselgruppe am selben Breitengrad wie das chinesische Hainan.
65 Millionen Chinesen reisten alleine im Jahr 2021 nach Hainan. Wenn sich die chinesische Regierung nach einem bislang zwei Jahre andauernden coronabedingten Einreisestopp wieder dazu entscheidet, auch Touristen aus dem Ausland auf die Insel zu lassen, muss mehr Platz her. Die Lösung soll Ocean Flower Island sein. Dabei handelt es sich um das größte künstlich Archipel der Welt, das aus gleich mehreren Inseln besteht, und vor der Küste Hainans gebaut wurde.
Außergewöhnliche Touristenattraktionen
Haben Sie schon von der gigantischen The Palm Jumerirah in Dubai gehört, über die auch wir schon berichtet haben? Ocean Flower Island vor Hainan ist mit 800 Hektar Gesamtfläche noch größer: Aufgeschüttet sind die drei Inseln, die miteinander verbunden sind, bereits, die meisten der Gebäude schon fertig. Zahlreiche Hotels und Wohnanlagen sind dabei, 200.000 Menschen sollen in Zukunft vor Hainan auf Ocean Flower Island wohnen.
Auf der Hauptinsel wurden bereits einige Attraktionen für Touristen fertiggestellt. So steht auf Ocean Flower Island etwa Chinas einziger schneebedeckter Wasserpark mit Berglandschaft. Und das im tropischen Klima Hainans bei Jahresdurchschnittstemperaturen von 27 Grad. Außerdem kann man auf der Hauptinsel auch ein Opernhaus, ein Museum, einen botanischen Garten sowie ein Aquarium besuchen. Besonders sticht das Kongresszentrum hervor, dessen Gebäude wie blühende Pfingstrosen aussehen.
Eine weitere Attraktion ist die Glasbrücke im Yalong Bay Tropical Paradise Forest, die mit einer Länge von 400 Metern zu den längsten ihrer Art in China gehört. Der Skywalk wurde bereits 2018 eröffnet und gibt einen Blick auf den „Tropischen Paradieswald“ frei. Shoppen können Urlauber auf der Insel in Duty-Free-Einkaufszentren, auch heiraten ist an acht verschiedenen Orten auf Ocean Flower Island möglich. Kulinarisch möchte man hier an der Weltspitze mitmischen. Gleich zwölf Restaurants mit Michelin-Sternen gibt es auf der Insel vor Hainan.
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Skandal um Ocean Flower Island
Doch nachdem Teile der Insel Ende 2020 eröffnet wurden, geht es nun wieder ein paar Schritte rückwärts. Anfang Januar 2022 wiesen Behörden einen auf Ocean Flower Island tätigen Immobilienkonzern an, insgesamt 39 Apartmentgebäude abzureißen. Die Baugenehmigung soll illegal erworben worden sein.
Zehn Tage hatte der Konzern Zeit, um das Wohnprojekt, dass sich auf 435.000 Quadratmetern erstreckt hatte, abzureißen. So berichtete es das Redaktionsnetzwerk Deutschlands. Auf den Rest des Projekts soll dieses Fauxpas allerdings keine Auswirkungen haben, wie der Immobilienkonzern beteuert.
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Projekt gilt als umweltschädlich
Nicht nur Korruption macht das Projekt problematisch. Auch umwelttechnisch ist Ocean Flower Island vor Hainan umstritten. So dürften die künstlichen Inseln etwa der Meeresfauna schaden, wie Umweltschützer im In- und Ausland betonen. Die Regeln für Besucher, etwa dass diese nicht vom Weg abweichen dürfen, wenn sie im Yalong Bay Tropical Paradise Forest rund um den Skywalk unterwegs sind, können wohl kaum als ausreichender Umweltschutz gewertet werden.
Dass Teile der Insel unter Naturschutz stehen, scheint die Verantwortlichen nicht davon abzuhalten, zahlreiche Hotelkomplexe zu bauen. Dort sollen Urlauber nächtigen, dessen Präsenz die Tiere stören, die im Regenwald der Insel leben. Besonders der Hainan-Schopfgibbon schwebt in Gefahr. Die Menschenaffenart gilt als stark bedroht, in Zoos konnte man sie bisher nicht züchten, wie WELT berichtete. Nun sind nur noch 30 Tiere am Leben – und das ausschließlich im Regenwald von Hainan und auf Ocean Flower Island.
Wer nach China reist, sollte sich bewusst sein, dass es sich um einen kommunistischen Ein-Parteien-Staat handelt. Todesstrafe, Folter, die Unterdrückung ethnischer Minderheiten, Umerziehungslager, Einschränkung der Meinungsfreiheit und Medienzensur – die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch werfen dem kommunistischen Regime Menschenrechtsverletzungen auf vielen Ebenen vor. Obwohl die Menschenrechte in der chinesischen Verfassung formell gesichert sind, werden diese systematisch missachtet.