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Colma in den USA

In dieser Stadt sind 99,9 Prozent der Bewohner tot

Larissa Königs
Larissa Königs

13.02.2023, 16:25 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Wissen Sie, was eine Nekropole ist? Wenn nicht, sind Sie damit nicht alleine. Tatsächlich bezeichnet der Begriff einen Ort, an dem es mehr Tote als lebendige Menschen gibt. Nekropolen sind ein extrem seltenes Phänomen, eine der wenigen weltweit ist das kalifornische Colma – eine Stadt, in der nur 0,1 Prozent der Bevölkerung lebendig ist. Wie lebt es sich dort? TRAVELBOOK hat nachgefragt.

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Ja, Colma sei wirklich eine einzigartige Stadt, gibt Bewohnerin Patricia Hatfield zu. Hier sei es sehr schön, sehr grün und sehr ruhig. Das liegt daran, dass in Colma nur 1500 Menschen leben, es aber siebzehn Friedhöfe gibt. Vier nicht konfessionsgebundene, vier jüdische, zwei chinesische, einen japanischen, einen griechischen, einen italienischen, einen katholischen, einen für Almosenempfänger und einen für Haustiere. 1,5 Millionen Menschen sind hier begraben – 99,9 Prozent der Bevölkerung. Colma ist eine Stadt der Toten – und TRAVELBOOK war dort!

Bekannt ist die Stadt unter vielen Namen. Einige Beispiele: Deadsville USA (Totenstadt USA), City of Souls (Stadt der Seelen), Home of the Graves (Heimat der Gräber), Curious Colma (Seltsames Colma) oder Cemetery City (Friedhofsstadt). Tatsächlich beschreiben diese Namen die Stadt ganz gut, schließlich war sie von Anfang an als Nekropole, also als Totenstadt, geplant. Denn die Millionen Leichen in Colma hatten schon einmal eine ewige Ruhestätte – doch sie wurden umgesiedelt.

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Schuld daran ist eine Order der angrenzenden Metropole San Francisco. Die erließ am 26. März 1900 folgendes Gesetz: „Es sind keine weiteren Bestattungen in San Francisco und dem Verwaltungsbezirk von San Francisco gestattet.“ Der Grund: Damals waren die Friedhöfe in der Großstadt überfüllt, und da die Stadt von Wasser umgeben ist, konnte sie nicht im nötigen Maße erweitert werden. Schließlich wurde eine unbesiedelte Region im Süden von San Franciscos die Lösung. Colma. Das Gebiet war ideal, denn man konnte innerhalb kürzester Zeit per Zug oder mit der Kutsche anreisen.

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Land für die Toten

1912 wurde es ernst, die Friedhöfe waren mittlerweile zum Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung geworden. Der damalige Bürgermeister James Rolph erklärte „dieses Land ist für die Lebenden, nicht für die Toten” und erließ eine Räumungsnotiz für alle Friedhöfe von San Francisco. Alle Körper wurden ausgegraben und nach Colma umgesiedelt, das 1924 offiziell gegründet wurde. Ein unfassbares Projekt, das bis 1941 andauerte und dazu führte, dass Colma heute zu 70 Prozent aus Friedhöfen besteht. Viele Bewohner haben beruflich mit den Friedhöfen zu tun, sind Bestatter, Floristen oder Totengräber, und kamen deswegen erst nach Colma.

Tatsächlich gibt es sogar Touristen-Führungen über die Friedhöfe. Patricia Hatfield erzählt: „Die Besucher mögen am liebsten Geschichten über berühmte Tote in Colma. Dazu gehören zum Beispiel Joe DiMaggio (Baseballspieler und Ex-Mann von Marilyn Monroe, Anm.d.Red.) oder Levi Strauss (Erfinder der Jeans, Anm.d.Red.).“ Fremde sehen Colma als Attraktion, die Bewohner als ganz normale Stadt – in der es nur etwas ruhiger zugeht als woanders.

Und San Francisco? Dort lassen sich nur noch Überbleibsel der damaligen Friedhöfe finden. Einige Verstorbene wurden zwar in Colma in Massengräbern beigesetzt, ihre Grabsteine blieben jedoch in San Francisco. Noch heute finden sich Teile davon in den gepflasterten Gehwegen, Mauern und Straßen der Stadt. Nur die Toten selbst, die sind längst ganz woanders.

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