8. Mai 2018, 16:00 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Schwarz vermummte Schwerverbrecher in Ketten, spektakuläre Ausbrüche und ein Aufstand, der zur vollständigen Evakuierung der Insel führte: Spike Island war das berüchtigste Gefängnis von ganz Irland. Heute ist die Insel eine Touristenattraktion.
Es war im Jahr 1847 – zur Zeit der großen Hungersnot in Irland – als auf einem winzigen Eiland vor der Südwestküste Irlands in einer steinernen Feste mehr als 2000 Iren von den Engländern eingesperrt wurden. Die meisten von ihnen waren Widerstandskämpfer gegen die englischen Besatzer, aber auch Verbrecher, die in die Strafkolonien in Australien und in der Karibik verschifft werden sollten. Während sie auf die lange Reise zum fünften Kontinent warteten, mussten sie in Ketten gelegt und mit bleischweren Kugeln am Fußgelenk stundenlang Steine abbauen und andere harte Arbeiten verrichten.
Sie schliefen zu zwölft wie eingepferchte Tiere in winzigen Zellen, oft gab es keine Betten und sie mussten auf dem kalten und modrigen Steinboden liegen. Noch viel schlimmer wurden die Schwerverbrecher, die Vergewaltiger und Mörder, behandelt: Sie wurden an die Wand ihrer Zellen gefesselt und von Kopf bis Fuß in schwarze Kleidung gehüllt. Nur für die Augen ritzte man einen schmalen Schlitz in den Stoff.
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1919 brach der Irische Unabhängigkeitskrieg aus, in dem die Iren einen Guerillakrieg gegen die englischen Besatzer führten. In dieser Zeit wurden 600 Widerstandskämpfer der Irischen Republikanischen Armee (IRA) auf Spike Island festgehalten. Einem von ihnen, dem jungen Richard Barrett, gelang eine spektakuläre Flucht mit dem Ruderboot durch Nacht und Nebel. Nachdem Irland endlich seine Unabhängigkeit erfochten hatte, wurde Irlands Alcatraz zu einem Jugendgefängnis. Wegen der Ähnlichkeit zum berühmtesten Gefängnis der damaligen Zeit, das ebenfalls auf einer Insel stand und für seine harten Bedingungen bekannt war, wurde Spike Island nun im Volksmund „Das Alcatraz von Irland“ genannt.
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Aufstand der Insassen
Bis in die 80er Jahre wurde es ruhig um die Insel: Die meisten der knapp über 100 Insassen der Besserungsanstalt waren nun Jungen und junge Männer, die Autos gestohlen hatten. Im August 1985 kam es jedoch zu einem Aufstand der Häftlinge: Aufgrund der Geringfügigkeit ihrer Verbrechen wurden die Männer nicht besonders gut bewacht. Einigen gelang es, ihrer Zelle zu entkommen und andere Häftlinge zu befreien. Sie setzten zahlreiche Räume in Brand und zerstörten alles, was in ihre Reichweite kam. Auf der Insel brach Panik aus, die Zivilisten, meist Angehörige des Gefängnispersonals, mussten evakuiert werden, wie auf der Seite archive.today nachzulesen ist.
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2004 waren die Zeiten der Insel als Besserungsanstalt endgültig vorbei. Obwohl sich der irische Justizminister dafür aussprach, Spike Island erneut zum Gefängnis zu machen, setzte sich eine örtliche Iniative, die Spike Island zu einer historischen Attraktion machen wollten, durch. Seit 2015 kann man von dem schönen Hafenstädtchen Cobh mit der Fähre auf die Insel fahren. Es werden sowohl Führungen durch die Gefängnisgebäude per Tag angeboten, als auch für Besucher mit starken Nerven bei Nacht.
2017 wurde Spike Island bei den World Travel Awards als beste Attraktion Europas ausgezeichnet: noch vor der Akropolis, dem Buckingham Palast und dem Eifelturm.