2. Oktober 2024, 14:56 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Jahrelang mit dem Schiff die Welt erkunden – das soll auf der „Villa Vie Odyssey“ nun wirklich bald möglich sein. Nachdem der Start der neuen längsten Kreuzfahrt der Welt um mehrere Monate verschoben wurde, startete das Schiff tatsächlich – um kurz darauf wegen unerledigtem Papierkram wieder zu stoppen. Das Schmunzeln über die Odyssee der Odyssey wird nur dann noch größer, wenn man erfährt, dass der Geschäftsführer der zuletzt geplanten und abgesagten längsten Kreuzfahrt auch hinter diesem Unternehmen steckt.
3,5 Jahre, 425 Häfen und 147 Länder: Das verspricht die neue längste Kreuzfahrt mit der „Villa Vie Odyssey“. Die Kreuzfahrt sollte im Mai 2024 im englischen Southampton starten und am 6. Dezember 2027 mit dem Zielhafen in West Palm Beach in den USA enden. Auf der Rekord-Tour soll das Kreuzfahrtschiff den Veranstaltern zufolge Häfen in Nordeuropa, in Nord-, Ost- und Südostasien, in Australien und Neuseeland, in Süd- und Nordamerika sowie in der Karibik und auf dem afrikanischen Kontinent ansteuern. Ganz so kam es nicht.
Übersicht
Statt auf ihrer dreieinhalbjährigen Reise über die Weltmeere zu schippern, saß die Villa Vie Odyssey seit Ende Mai im irischen Belfast fest. Der Grund: technische Probleme mit den Steuer- und Schaltungsapparaturen, wie etwa das Schweizer Nachrichtenportal „Blue News“ berichtet. Während einige Passagiere nach Hause flogen, blieben andere in Hotels in der Hauptstadt Nordirlands und warteten. Und zwar darauf, dass das Abenteuer beginnen möge, für dass sie nicht nur ab 100.000 US-Dollar aufwärts hingeblättert, sondern teilweise sogar ihr Zuhause aufgegeben hatten.
Nach monatelangem Warten: Start der Kreuzfahrt unterbrochen
Immer wieder gab es neue Starttermine, die wieder und wieder verschoben wurde. Bis zum späten Abend des 30. September 2024. Da stach die „Villa Vie Odyssey“ mit ihren 125 Passagieren endlich in See – um wenige Stunden später wieder zu stoppen und vor Anker zu gehen. Der Grund: unerledigter Papierkram. „Wir werden im Großraum Belfast bleiben, bis die letzten Verwaltungsformalitäten erledigt sind“, wird Mikael „Mike“ Petterson, CEO der Villa Vie Residences, von dem US-amerikanischen Nachrichtensender „CNN“ zitiert. Das sollte im Laufe des gestrigen Tages (1. Oktober 2024) geschehen und das Schiff in Kürze starten. Bei Blue News war gestern noch von 23 Uhr die Rede. Aktuell steht auf der Website des Hafens von Belfast der 2. Oktober, 15 Uhr, als Abfahrtszeit für die Odyssey (Stand: 2. Oktober, 11:30 Uhr UTC+2). Es bleibt also spannend.
Das Debakel um die zuletzt versprochene längste Kreuzfahrt der Welt
Doch längst nicht nur das Chaos um den verschobenen Starttermin und die technischen Probleme des 30 Jahre alten Schiffs, das das Kreuzfahrt-Start-up Villa Vie Residences unter der Fahne von CEO Petterson auf Weltreise schicken will, lässt Münder schmunzeln und Augen größer werden. In einer früheren Version dieses Artikels auf TRAVELBOOK hieß es, „all diese Versprechen lösen auch ein mulmiges Gefühl aus“ und „Reisende sollten vorsichtig sein!“ Der Grund: Der Gründer des Anbieters „Villa Vie Cruises“ war der Geschäftsführer von „Life at Sea Cruises“.
Die von „Life at Sea Cruises“ beworbene längste Kreuzfahrt der Welt sollte drei Jahre dauern – mit Stopps in 135 Ländern. Nachdem die Abfahrt mehrmals verschoben worden war, sagte das Chaos-Unternehmen die Weltreise schließlich Ende November 2023 kurz vor Starttermin endgültig ab, da kein passendes Schiff zur Verfügung stand. Das hatte verheerende Folgen. Zahlreiche Passagiere befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Istanbul, von wo aus das Schiff starten sollte. Einige konnten nicht einmal mehr nach Hause zurückkehren, da sie ihre Eigenheime und andere Besitztümer verkauft hatten, um die Kreuzfahrt zu finanzieren und weil sie vorhatten, für drei Jahre auf Reisen zu sein.
Laut „CNN“ wollte das Unternehmen die Rückzahlungen in monatlichen Raten ab Mitte Dezember 2023 bis Ende Februar 2024 leisten. Mikael Petterson, der ehemalige Geschäftsführer von „Life at Sea Cruises“, verließ die Firma bereits im Mai 2023. Er gründete daraufhin „Villa Vie Residences“ – und bietet nun erneut die längste Kreuzfahrt der Welt an. Eben jene, die nach etlichen Problemen nun kurzzeitig gestartet ist.
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Die Unterbringung – Kabinen kaufen oder mieten
An Bord der neuen, längsten Kreuzfahrt der Welt sollen 485 Kabinen Platz für 924 Passagiere bieten. Diese konnten gemietet oder gekauft werden. Außerdem „muss“ man auch nicht die gesamte Rekord-Kreuzfahrt mitmachen. Die Gesamtdauer der Kreuzfahrt von 3,5 Jahren wird in Teilabschnitte von 35 bis 120 Tagen unterteilt, welche Passagiere je nach Belieben erwerben können. Petterson sagte im Gespräch mit „CNN“, dass es sich weniger um eine Kreuzfahrt als um einen „Lebensstil“ handele.
Wer eine Kabine kaufen möchte, erhält die „preiswerteste“ Innenkabine für knapp 109.000 Euro. Dazu kommen monatliche Kosten von knapp 1.600 Euro pro Person – bei einer Doppelbelegung. Eine Balkonkabine kostet knapp 271.000 Euro, zuzüglich 3.610 Euro monatliche Gebühren pro Person bei Doppelbelegung. Eigentümer können ihre Kabinen auch selbst oder gegen eine Gebühr über „Villa Vie Cruises“ an andere Personen vermieten. Wer eine Kabine erwirbt, bekommt sie für 15 Jahre garantiert. Das entspräche in etwa der geschätzten Lebensdauer des Schiffes.
Die Mietpreise für Kabinen entsprechen in etwa einer Hotelübernachtung und variieren je nach Kategorie. So sind Innenkabinen ab 80 Euro pro Tag und Person verfügbar, Außenkabinen ab 108 Euro und Balkonkabinen kosten 180 Euro pro Person und Tag. Ziel des Unternehmens sei es laut Petterson, weitere Schiffe zu kaufen. Dafür sollen Kabineneigentümer nach 15 Jahren eine Gutschrift von 50 Prozent erhalten und könnten wieder eine Kabine auf einem anderen Schiff erwerben.
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Das erwartet die Gäste laut Anbieter auf der „Villa Vie Odyssey“
Das Angebot ziele nicht ausschließlich auf Menschen ab, die etwa im Ruhestand sind und die Welt bereisen möchten. Zudem würden auch „Digitalnomaden“ – also Menschen, die von überall in der Welt aus mit einem Laptop arbeiten können – an Bord alles finden, was sie benötigen. Es gebe nicht nur eine zuverlässige Internetverbindung, sondern auch private Büros und Coworking-Bereiche.
Außerdem soll es auf den acht Decks mehrere Restaurants, Bars, ein Spa, eine Bibliothek und ein medizinisches Zentrum geben. Wer sich an Bord körperlich fit halten möchte, könne nicht nur das integrierte Fitnessstudio besuchen, sondern auch im Pool ein paar Bahnen ziehen. Damit bei den Passagieren zwischen den Hafenstopps an Bord keine Langeweile aufkommt, soll auch für ein buntes Unterhaltungsprogramm gesorgt werden. Neben Koch- und Golfkursen wird es laut Anbieter auch Themenpartys, Gastlesungen und Gala-Dinners geben.