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Online-Reisebüro von Unister auf dem Prüfstand

Die fragwürdigen Praktiken von fluege.de

Was anfangs günstig war, könnte sich am Ende des Buchungsprozesses als weitaus teurer entpuppen
Was anfangs günstig war, könnte sich am Ende des Buchungsprozesses als weitaus teurer entpuppen Foto: Flugbuchung
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TRAVELBOOK Redaktion

12.11.2015, 16:46 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Das Flugbuchungsportal Fluege.de wirbt damit, dass Kunden hier immer den billigsten Flug finden. Tatsächlich lauern aber überall Zusatzkosten, die den ersten angeboten Flugpreis am Ende in die Höhe treiben. Für die Verbraucher ist das ziemlich ärgerlich, auch TRAVELBOOK liegen zahlreiche Beschwerden genervter Fluege.de-Kunden vor. Zwei Gerichtsurteile kommen den Kunden jetzt zumindest teilweise entgegen. Warum man bei der Buchung über Fluege.de dennoch ganz genau hinsehen muss und was die Betreiberfirma Unister zu alldem sagt.

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„Wir halten, was andere versprechen“ – mit diesem Slogan wirbt Fußballgröße Reiner Calmund im Fernsehen für „seine Jungs“ von Fluege.de, bei denen man immer „den billigsten und schönsten Flug“ finde. In der Tat: Die Preise, die das Flugportal nach einem Scan von mehr als 750 Airlines ausspuckt, sind im Vergleich zu anderen Buchungsportalen oder der Direktsuche bei den Airlines mindestens genauso günstig oder liegen darunter.

Die Freude über das vermeintliche Schnäppchen währt allerdings nicht lang. Denn hat man sich erst mal durch den gesamten Buchungsprozess geklickt, liegt der Preis am Ende mitunter deutlich höher – es sei denn, man bestellt die „Fluege.de Mastercard GOLD“ gleich mit und ignoriert alle angebotenen Zusatzleistungen.

Ein Beispiel: Sucht man nach einem Hin- und Rückflug von Berlin nach Rom vom 20. bis 23. November, erhält man bei Fluege.de als günstigstes Angebot einen Flug mit Ryanair für 71,98 Euro. Auf der Website von Ryanair kostet derselbe Flug exakt gleich viel. Sobald man aber bei Fluege.de ein anderes Zahlungsmittel als die „Fluege.de MasterCard GOLD“ auswählt (z. B. Visa, American Express), erhöht sich der Preis schlagartig auf 103,40 Euro. Der Grund: In der Preisübersicht taucht plötzlich eine sogenannte „ServiceFee“ auf, 14,99 Euro pro Strecke. Wer sich dazu noch von den diversen Warnmeldungen einschüchtern lässt, die aufploppen, sobald man etwa die vorgeschlagene Umbuchungsversicherung für 1,99 Euro/Monat oder das „Rundum Sorglos Paket“ für 13,99 Euro ablehnt, ist man am Ende noch mehr Geld los.

Wer „nein“ zur Versicherung sagt, bekommt eine rote Warnmeldung angezeigt
Wer „nein“ zur Versicherung sagt, bekommt eine rote Warnmeldung angezeigt. Foto: Screenshot fluege.de Foto: Screenshot fluege.de

„Ich fühlte mich einfach nur verarscht“, schreibt etwa TRAVELBOOK-Leserin Anna F. über ihre Erfahrungen mit Fluege.de. Von anfänglichen 160 Euro sei der Flugpreis am Ende auf mehr als 200 Euro gestiegen. Den Aufschlag für andere Zahlungsmittel als die voreingestellte Fluege.de-Mastercard hat Ivaylo S. besonders geärgert. „Böse Überraschung, da buche ich nie wieder, Abzocke finde ich“, schreibt er uns.

Viele regen sich auch über die mangelnde Erreichbarkeit der Servicemitarbeiter von Fluege.de auf, sei es per Email oder telefonisch. Davon kann auch Peter Sanden ein Lied singen. Der Diplom-Betriebswirt aus Niedersachsen hat im Juli dieses Jahres einen Flug bei Fluege.de von Hamburg nach Wien gebucht. Als er am Ende des Buchungsprozesses feststellte, dass die anfänglich angezeigten 238,24 Euro sich auf 444,06 Euro nahezu verdoppelt hatten, stornierte er die Buchung wieder. Sein Geld hat er bis heute nicht zurück, eine Reaktion auf seine zahlreichen Emails und Anrufe gab es nicht. „Kein menschliches Wesen ist dort zu sprechen. Alles banale, vorgefertigte Antworten aus der Maschine“, erklärt er TRAVELBOOK.de. Als man immerhin seinen Widerruf des Fluege.de-Standardpaketes in Höhe von 9,98 Euro nachkommt, heißt es in der Bestätigungsmail: „Jede weitere Anfrage ist kostenpflichtig.“

Natürlich ärgert Sanden sich im Nachhinein, dass er nicht genauer hingesehen und die Buchung überhaupt abgeschlossen hat. Aber ihm geht wie vielen, die sich das vermeintlich günstige Angebot nicht durch die Lappen gehen lassen wollen – schließlich warnt Fluege.de auf der Buchungsseite auch permanent und in roten Buchstaben: „Dieser Preis ist nur jetzt gültig und kann sich kurzfristig ändern!“ Auch erhält man, sofern man die Buchung nicht komplett abschließt, schon nach kurzer Zeit eine Email mit dem Betreff „Achtung!“ und dem Hinweis, dass man schnell buchen solle, weil der günstige Tarif nicht dauerhaft garantiert werden könne.

Sanden hat inzwischen beim Amtsgericht Leipzig Klage auf Rückerstattung des Kaufpreises eingereicht. Zudem hat er Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Leipzig gegen die  Betreiberfirma Unister Travel Retail GmbH & Co. KG gestellt, wegen „Verdacht des Betruges und/oder Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UGW) § 4 Abs. 3 +4 und aktiven Täuschung § 263 StGb“. „Mir ist bewusst, dass nichts dabei rauskommt“, sagt Sanden zu TRAVELBOOK.de. „Aber vielleicht gilt diese Anzeige als Weckruf, dieses System einmal unter die Lupe zu nehmen und die Öffentlichkeit zu warnen.“

Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Gericht sich mit Fluege.de beschäftigt. Im Februar dieses Jahres hat das OLG Dresden in einem Rechtsstreit des Deutschen Verbraucherschutzvereins gegen die Unister GmbH die bisherige Art der Flugpreisdarstellung und die Erhebung überhöhter Zahlungs­mittel­entgelte auf Fluege.de für unzulässig erklärt. Unter anderem darf die Internetseite laut Urteil keine Flüge zur Buchung anbieten, „ohne dass dem Kunden mindestens eine gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit (zum Beispiel Überweisung, Lastschrift oder Paypal) zur Verfügung gestellt wird, für die er kein Entgelt zahlen muss.“ Inzwischen bietet Unister die Lastschrift als zusätzliches gängiges Zahlungsmittel an, sofern auch die jeweilige Airline diese Zahlart akzeptiert.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen zog ebenfalls gegen Unister vor Gericht. Dabei ging es um die Höhe des Entgeltes, das für die Zahlung mit einer anderen Kreditkarte als der Fluege.de-Mastercard GOLD fällig wird. Das Landgericht Leipzig entschied in seinem Urteil vom 20. Oktober 2015: „Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch, dass diese es künftig unterlässt, von Verbrauchern, die über den Telemediendienst mit der Adresse https://www.fluege.de Flüge gebucht haben, für die Zahlung des vereinbarten Preises mittels Kreditkarte (Mastercard, Visa, American Express) Zahlungsentgelte zu fordern, die höher als die Entgelte sind, die der Zahlungsempfänger wegen des Einsatzes des Zahlungsmittels an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat.“ Konkret bedeutet dies, dass Fluege.de lediglich so viel Entgelt für die Zahlung mit anderen Kreditkarten verlangen darf, wie die jeweilige Fluggesellschaft ihr vorschreibt. Die Berufungsfrist zu diesem Urteil läuft noch.

ServiceFee statt Zahlungsentgelt

Dennoch erhöht sich, wie die oben beschriebene Probebuchung auf Fluege.de zeigt, der Flugpreis bei der Wahl einer anderen Zahlungsmöglichkeit als der Fluege.de-Mastercard GOLD deutlich und wird durch eine so genannte ServiceFee ergänzt. Dabei handele es sich jedoch keinesfalls um eine Servicegebühr für bestimmte Kreditkarten, betont Britta Naujocks, Pressesprecherin bei der Unister Travel Betriebsgesellschaft mbH, auf Nachfrage von TRAVELBOOK.de. „Es ist nicht richtig, dass das Serviceentgelt anfällt, wenn man mit den von Ihnen genannten Zahlungsmitteln zahlt. Richtig ist, dass wir bei der Zahlung mit der Fluege.de-Mastercard GOLD auf unser Service-Entgelt verzichten.“

Zum ursprünglich angezeigten Flugpreis von 71,98 Euro kommen nochmal 29,98 Euro ServiceFee dazu, sobald man zum Beispiel Visa als Zahlungsmittel auswählt
Zum ursprünglich angezeigten Flugpreis von 71,98 Euro kommen nochmal 29,98 Euro ServiceFee dazu, sobald man zum Beispiel Visa als Zahlungsmittel auswählt. Foto: screenshot fluege.de Foto: screenshot fluege.de

Konkret heißt das: Indem das Buchungsportal die bei anderen Kreditkarten zusätzlich zu zahlende Summe nicht als Zahlungsmittelentgelt, sondern als ServiceFee ausweist, ist es fein raus. Die Unister-Sprecherin erklärte, dass es bei Flüge vermittelnden Reisebüros durchaus üblich sei, für die Vermittlung des Fluges eine Gebühr zu erheben, weil dies eine Dienstleistung darstelle. „Das Service-Entgelt ist für diese Reisebüros generell die wichtigste und häufig einzige Einnahmequelle.“

Dennoch: Wieso wird diese ServiceFee nicht auch bei der Zahlung mit der Fluege.de-Mastercard GOLD fällig? Dabei handele es sich, erklärt die Unister-Sprecherin, um ein „exklusives Treuekunden-Angebot“ – ein Vorteil, der bei der Bezahlung mit anderen Mitteln verfalle.

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Lohnt sich die fluege.de-Kreditkarte?

Bei der Mastercard GOLD handelt es sich um eine Kreditkarte, die von der luxemburgischen Advanzia Bank angeboten wird. Die Karte selbst ist zwar kostenfrei und Zahlungen im In- und Ausland sind ebenfalls kostenlos. Allerdings kann sie den Kunden laut einem Bericht von „Finanztip.de“ teuer zu stehen kommen, wenn er einige Eigenheiten nicht beachtet. So sollte sie etwa nicht zum Geldabheben genutzt werden, da sonst hohe Sollzinsen (22,9 %) anfallen. Zudem wird bei Einkäufen mit der Karte die Rechnungssumme nicht automatisch von einem Konto eingezogen, sondern muss vom Kunden selbst nach Erhalt der Rechnung in einer bestimmten Frist überwiesen werden. „Zahlen Sie Ihre Rechnung immer pünktlich, da sonst sehr hohe Sollzinsen anfallen“, rät „Finanztip.de“. Auch solle man sich nicht auf den Reiseversicherungsschutz der Karte verlassen, da dieser „lückenhaft und teilweise überflüssig“ sei.

Man sollte sich also gut überlegen, ob es sich wirklich lohnt, extra eine neue – und nicht ganz unfragwürdige – Kreditkarte zu beantragen, um bei Fluege.de den „billigsten und schönsten Flug“ zu bekommen, wenn er auf anderen Buchungsportalen oder bei den Fluggesellschaften direkt zum gleichen Preis zu haben ist. Das von Unister betriebene Portal ist allerdings nicht das einzige schwarze Schaf unter den Anbietern. Bei einem Test des Magazins „Clever reisen!“ Anfang 2015 sind fünf Flugbuchungsportale durchgefallen, darunter Bravofly.de, Airline-Direct.de und Opodo.de. Die Sieger der verbraucherfreundlichen Preisklarheit mit dem Prädikat „sehr gut“ sind One-Two-Trip.com und der Testsieger Expedia.de. Alle Ergebnisse finden Sie hier.

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