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Seit gestern in Kraft

Jetzt protestieren Venedigs Einwohner gegen die neue Eintrittsgebühr für Urlauber 

Einwohner von Venedig protestieren gegen Maßnahmen gegen Overtourism
Die Einwohner von Venedig haben mit der gegen Overtourism eingeführten Eintrittsgebühr ein Problem Foto: Getty Images

26.04.2024, 13:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Der anhaltende Massentourismus („Overtourism“) stellt Venedig seit geraumer Zeit vor erhebliche Herausforderungen. Deshalb hat die Stadt Maßnahmen zur Regulierung der Besucheranstürme ergriffen. Die erste davon, eine Eintrittsgebühr für Tagesgäste, ist nun in Kraft getreten. Doch während wohl davon auszugehen war, dass die Venezianer – für sie bleibt in den schmalen Straßen, aber auch etwa in der Gastronomie ihres Heimatorts oft kaum Platz – den Durchgriff begrüßen würden, sind ausgerechnet sie es, die nun protestierend auf die Straße gehen.

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Während der Hauptsaison kann in Venedigs Altstadt die Zahl der Besucher von außerhalb die der Einheimischen (aktuell rund 53.000 laut den Bevölkerungsstatistiken des Istituto Nazionale di Statistica) oft um das Doppelte übersteigen. Dadurch sind die Straßen oft überfüllt, Menschenmassen prägen das Stadtbild – der sogenannte Overtourism belastet die Umwelt Venedigs genauso wie die Lebensqualität der Einheimischen. Deswegen beschloss Venedig im September 2023 die Einführung einer Eintrittsgebühr von rund 5 Euro. Die Maßnahme ist am 25. April 2024 in Kraft getreten. Doch nun gehen ausgerechnet die Venezianer auf die Barrikaden.

Einwohner protestieren gegen Eintrittsgebühr für Venedig-Besuch

Schon am Morgen des Stichtages kam es zu Protesten, wie „CNN Travel“ berichtet. Einwohner Venedigs gingen demnach mit Transparenten auf die Straßen und hielten die eigenen Ausweise hoch. Was sie damit ausdrücken wollen: Venedig ist ihre Heimat, die Stadt, in der sie leben und arbeiten. Die Eintrittsgebühr stelle es so dar, als handele es sich um einen Themenpark oder ein Museum.

Proteste gegen Eintrittsgebühr als Anti-Overtourism-Maßnahme in Venedig
Mit Transparenten und Aufschriften wie (übersetzt) „Venedig verkauft sich nicht, es verteidigt sich“ machen die Einwohner Venedigs ihren Unmut kund Foto: Getty Images

Glaubt man den Demonstranten, verfehlt die Eintrittsgebühr für Besuche in Venedig ihren Zweck. Und es sind nicht nur Privatleute, die es so sehen – auch Elena Gastaldello, Präsidentin des italienischen Freizeit- und Kulturvereins Arci, zeigt sich davon im Interview mit „CNN Travel“ überzeugt. Die Touristenanstürme würden dadurch nicht geringer, „da keine Höchstzahl von Besuchern festgelegt wurde“, so Gastaldello. „Aber es wird die Stadt weiter in einen scheinbaren Vergnügungspark verwandeln.“

Bezahlmodell erst mal nur ein Testballon

Eine Eintrittsgebühr für Tagesbesuche in Venedig ist schon seit Jahren im Gespräch. Die Lagunenstadt hatte sie ursprünglich am 1. Juli 2020 einführen wollen, doch der Termin wurde immer wieder verschoben. Nun gilt sie – und zwar konkret für Touristen, die für ein paar Stunden bleiben, also nicht in Venedig übernachten. Praktisch soll es so aussehen, dass sich Kurzbesucher einen Beleg über die geleistete Zahlung als QR-Code aufs Smartphone laden können, um diesen bei Kontrollen vorzuzeigen. Wer den Code nicht vorweisen kann, muss mit einer Geldstrafe in Höhe von zwischen 50 und 300 Euro rechnen. Von der Eintrittsgebühr befreit sind Besitzer von Zweitwohnungen, Übernachtungsgäste, Pendler und Teilnehmer an Sportveranstaltungen.

Bei der Verabschiedung der Maßnahme wurde sich auf bestimmte Tage geeinigt – solche, an denen mit einem hohen Besucheraufkommen zu rechnen ist. Hierzu zählen beispielsweise Feier- und Brückentage. Zwischen dem Starttermin am 25. April und 14. Juli – so lange soll das Pilotprojekt erst mal laufen – sind es 29 Tage. Danach wolle man seinen Erfolg überprüfen und auf dieser Basis entscheiden, ob man am anscheinend umstrittenen Model festhalten werde.

Weitere Maßnahme gegen Overtourism in Venedig

Neben der Eintrittsgebühr sollen weitere Maßnahmen gegen Overtourism die Besucheranstürme in Venedig regulieren. Etwa sind ab dem 1. Juni 2024 von Reiseführern begleitete Touristengruppen, die mehr als 25 Personen umfassen, nicht mehr in der norditalienischen Stadt gestattet. Des Weiteren beinhalten die aktuellen Beschlüsse ein Verbot von Lautsprechern während solcher Führungen, um die Bewohner und Besucher im Stadtzentrum sowie auf den Inseln Murano, Burano und Torcello vor Lärm und Belästigungen zu schützen. Laut der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist es Reisegruppen künftig auch untersagt, sich länger in engen Gassen oder auf Brücken anzuhalten.

Auch interessant: Verliert Venedig bald den Weltkulturerbe-Status?

Kreuzfahrtschiffe nicht willkommen

In der Kritik stehen seit Jahren insbesondere Kreuzfahrt-Touristen, die meist wenig Geld in der Stadt lassen, dafür aber umso mehr Müll. Bereits seit Mitte 2021 ist die direkte Einfahrt von Kreuzfahrtschiffen in die Lagune von Venedig untersagt. Denn die Wellen, die sie erzeugen, haben negative Auswirkungen auf die Fundamente des Weltkulturerbes Venedig und stellen eine Gefahr für das fragile ökologische Gleichgewicht in der Bucht dar. Betroffen seien laut der „Süddeutschen Zeitung“ Kreuzfahrtschiffe und Frachter mit einem Gewicht von mehr als 40.000 Tonnen.

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Venedig überwacht digital die Touristenströme

Um die Touristenströme in Venedig zu überwachen, hatte die Stadt bereits 2021 ein digitales Kontrollzentrum eingerichtet. Dort werden auf riesigen Bildschirmen verschiedene Daten in Echtzeit angezeigt. Dazu zählen unter anderem die Anzahl und Art der Boote auf den Kanälen der historischen Stadt und die Parksituation auf öffentlichen Parkplätzen. Zu sehen sind auch Bilder von Kameras, die in der ganzen Stadt verteilt sind.

Ebenso wird der aktuelle Personen- und Touristenfluss in der Stadt angezeigt. Hierfür messen Sensoren, wie viele Menschen den Tag über Venedig betreten und wie viele die Stadt wieder verlassen. Die Daten zeigen auch, aus welchen Ländern oder Regionen Italiens die Personen kommen. Man sieht auch, wo sie sich jeweils innerhalb der Stadt aufhalten. Das preisgekrönte, rund drei Millionen Euro teure System bildet die Grundlage für die Verwaltung der neuen Eintrittsgebühr.

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