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Gibt es wirklich 6- und 7-Sterne-Häuser?

Die große Lüge mit den Hotelsternen

Angelika Pickardt
Redaktionsleiterin

08.05.2014, 10:13 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Das Seven Stars Galleria in Mailand wirbt damit, das erste Sieben-Sterne-Hotel der Welt zu sein – dabei verfügt es noch nicht mal über einen eigenen Spa-Bereich. TRAVELBOOK hat nachgehakt, worauf diese Klassifizierung eigentlich beruht und erklärt, was Hotelsterne in Deutschland und weltweit wirklich bedeuten.

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Wer im Seven Stars Galleria in Mailand einchecken will, muss erst mal rauf in den ersten Stock. Direktes Tageslicht fällt in keine der sieben Suiten, denn das Hotel liegt mitten in einer Shoppingmall. Auch einen Spa-Bereich hat das Seven Stars Galleria nicht. Dafür aber sieben Sterne, was allein aufgrund des Namens nicht zu übersehen ist.

Zugegeben, die erwähnte Shoppingmall ist nicht irgendeine: Die mehr als 130 Jahre alte Galleria Vittorio Emanuele II gehört mit zum Schicksten, was Mailand zu bieten hat. In den reich verzierten Gebäuden, die durch ein opulentes Glaskuppeldach miteinander verbunden sind, tummeln sich ausschließlich die exquisitesten Designer-Läden, von Gucci über Prada bis Louis Vuitton. Das Hotel ist von außen wie von innen elegant und luxuriös. Jede der sieben Suiten ist nach einem italienischen Komponisten benannt und verfügt, selbstverständlich, über einen eigenen Butler.

Dennoch drängt sich die Frage auf: Was genau macht dieses Hotel so luxuriös, dass es zwei Sterne mehr hat als andere Nobel-Häuser?

Persönlicher Butler und Massagen auf dem Zimmer

Das besondere am Seven Stars Galleria sei, so teilte eine Sprecherin auf TRAVELBOOK-Anfrage mit, die einzigartige Lage in einem denkmalgeschützten Gebäude, die absolute Privatsphäre und der außergewöhnliche Service: „Jeder Gast wird von einem persönlichen Butler begleitet, der jede Fremdsprache spricht, als persönlicher Assistent und Event-Planer agiert und dem Gast jeden Wunsch von den Augen abliest.“ Einen Wellness-Bereich habe man aufgrund des denkmalgeschützten Standortes nicht realisieren können. „Alle Gäste können aber in ihren Suiten Massagen in Anspruch nehmen oder mit einem Personal Trainer Pilates machen“, erklärte die Hotel-Sprecherin. Auf Wunsch sei auch die Begleitung in die besten Spas der Stadt möglich.

Alles schön und gut, doch diesen und teils noch mehr Service bieten auch andere Luxus-Hotels, die mit „nur“ fünf Sternen ausgestattet sind. Kann es überhaupt sieben Sterne für ein Hotel geben?

Die Lüge mit den Hotelsternen

Die ruhmreiche Klassifizierung des Seven Stars Galleria erfolgte im Jahr 2008 durch den weltweit agierenden Warenprüfungs- und Zertifizierungskonzern SGS (Société Générale de Surveillance). Die Prüfer von SGS Italia bescheinigten dem Hotel ein überdurchschnittliches Niveau an persönlichem Service und Luxus und vergaben erstmals das Zertifikat „7 Stelle SGS“. Allerdings kennt die SGS in ihrer eigenen Hotelklassifizierung eigentlich nicht mehr als fünf Sterne, und betonte schon damals, dass es sich keineswegs um eine offizielle Klassifizierung handele, sondern anderen Hotels vielmehr als Anreiz dienen solle, ihren Service noch mehr zu verbessern.

Das Mailänder Hotel nahm das im Grunde wertlose Zertifikat dennoch sogleich zum Anlass, seinen Namen zu ändern. Aus dem einstigen Town House Galleria wurde das Seven Stars Galleria, und bis heute wirbt das Hotel auf seiner eigenen Website damit, das erste mit sieben Sternen ausgezeichnete Hotel der Welt zu sein. Und daran wird es letztlich auch gemessen.

Die Bewertungen im Internet von Gästen, die schon im vermeintlich luxuriösesten Hotel der Welt genächtigt haben, sind durchmischt. Nur 75 Prozent zeigen sich etwa bei Tripadvisor rundum zufrieden, insgesamt erzielt das Seven Stars Galleria dort nur 4 von 5 möglichen Punkten. Immerhin 8,5 von 10 Zufriedenheitspunkten erhält das Hotel bei Booking.com. Einige User monieren dort, die Zimmer seien zu kalt oder zu laut, ein anderer schreibt, die Wände könnten mal wieder einen frischen Anstrich vertragen.

Andere Länder, andere Sterne

In Italien sind, wie in den meisten anderen Ländern auch, fünf Sterne die höchste offizielle Hotelklasse für Häuser im Luxus-Segment. Doch wo fünf Sterne drauf stehen, müssen nicht immer fünf Sterne drin sein – denn ein weltweit einheitliches Klassifizierungssystem für Hotels gibt es nicht. Fast jedes Land hat seine eigenen Bewertungskriterien und -gesetze. Und: Nicht überall werden die Sterne nach Ausstattung und Service des Hotels vergeben.

Auf Mallorca und den anderen Baleareninseln etwa wurde die Zahl der Hotelsterne seit den 1960er-Jahren nicht etwa nach der Qualität des Zimmerservice oder des Frühstücksbüffets vergeben, sondern nach der Architektur des Hotels festgelegt. Erst seit 2011 gilt ein neues Gesetz, wonach die angebotenen Serviceleistungen des jeweiligen Hotels stärker berücksichtigt sollen. Endgültig gelten soll es aber erst 2017.

Immer wieder trifft man im Reisekatalog oder auf Online-Buchungsportalen auf Hotels mit angeblich sechs Sternen. Meist handelt es sich hierbei aber um eine eigene Kategorisierung der Veranstalter, die sich nicht mit den offiziellen Sternen deckt. Bei der TUI setzt man zum Beispiel auf die Vergabe von Sonnensymbolen. „Da die Zufriedenheit des Gastes für uns an erster Stelle steht, hat der Kunde maßgeblichen Einfluss auf die endgültige Kategorisierung der Hotels in unseren Katalogen“, sagt TUI-Sprecherin Stephanie Holweg. Jeder Gast könne nach seinem Urlaub anhand eines Fragebogens das Hotel bewerten. Gefragt werde nach der Zufriedenheit zum Beispiel mit der Serviceleistung des Personals, der Kinderfreundlichkeit oder mit dem Wellness- und Sportangebot. „Mit der Meinung des Gastes und der Erfahrung unserer Hotelexperten setzen wir unsere Raster an und bewerten das jeweilige Hotel. So kommen die TUI-eigenen ‘Sonnen‘ zustande“, erklärt die TUI-Sprecherin.

In manchen Ländern, wie zum Beispiel in Südafrika, reicht die offizielle Klassifizierung aber tatsächlich bis zu sechs möglichen Sternen. Mit sieben Sternen beworben wurden, neben dem Seven Stars Galleria in Mailand, auch schon das Burj-al-Arab-Hotel in Dubai und das Emirates Palace Hotel in Abu Dhabi. Beide Hotels tragen offiziell jedoch die in den Vereinigten Arabischen Emiraten maximal möglichen fünf Sterne – die sieben Sterne seien eine Erfindung von Journalisten, heißt es.

Das Burj-al-Arab-Hotel in Dubai ist extrem luxuriös, hatte und hat aber keine sieben Sterne. Dennoch warben Veranstalter damit
Das Burj-al-Arab-Hotel in Dubai ist extrem luxuriös, hatte und hat aber keine sieben Sterne. Dennoch warben Veranstalter damit. Foto: Burj al Arab Foto: Burj al Arab

Schwarze Schafe, die sich mit falschen Sternen schmücken, gibt es immer wieder. Eine gute Möglichkeit herauszufinden, ob ein Hotel seine Sterne wirklich wert ist, sind in jedem Fall Bewertungsportale im Internet.

Genauso kann ein Hotel, das offiziell fünf Sterne trägt, natürlich weitaus mehr Luxus bieten, als wir es hierzulande gewohnt sind. Widerspiegeln dürfte sich der zusätzliche Komfort spätestens in den Zimmerpreisen.

Hotelsterne in Deutschland

Auf der sicheren Seite, was den durch Sterne angegebenen Standard betrifft, sind Hotelgäste in Deutschland. Seit 1996 wird die Sterne-Klassifizierung durch den  Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) geregelt. Die Sterne werden anhand klar festgelegter Kriterien vergeben; der Regelkatalog zur Sternevergabe umfasst 270 Punkte. Maximal fünf Sterne sind möglich. Innerhalb jeder Kategorie kann außerdem das Zusatzprädikat „Superior“ erworben werden. Das luxuriöseste, was Sie in Deutschland also bekommen können, sind Fünf-Sterne-Superior-Hotels.

Um nach und nach auch europaweit eine Vereinheitlichung herbeizuführen, haben die Hotelverbände aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Schweden, der Schweiz, Tschechien und Ungarn die Hotelstars-Union gegründet. Mittlerweile sind auch Luxemburg sowie die baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen der Sternefamilie beigetreten. In diesen Ländern darf man also einen ähnlichen Standard erwarten.

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Schwarze Schafe gibt es überall

Die Sterne-Klassifizierung durch die Dehoga ist ein geschütztes Markenzeichen. Hotels dürfen sich nicht eigenmächtig mit Sternen schmücken. Eine Klassifizierung bleibt drei Jahre lang gültig und muss danach erneuert werden.

Doch die Teilnahme am Sterne-System ist für die Hotels freiwillig – und immer wieder wird im Internet mit den Sternen dreist gemogelt. Für Berlin etwa, wo es nur etwa zehn offizielle Fünf-Sterne-Häuser gibt, listen Internet-Buchungsportale laut einem Bericht von BILD.de teilweise weit über 20 Fünf-Sterne-Hotels auf. Also Augen auf bei der Buchung! Auf der Website der Deutschen Hotelklassifizierung können Sie gezielt nach Hotels suchen und einsehen, wie viele Sterne sie offiziell tragen.

Themen: Italien
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