14. Januar 2020, 7:52 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
40 Jahre lang plante die Stadt Omsk, eine U-Bahn zu bauen. Doch statt eines funktionierenden Bahnnetzes gab es nur Pleiten, Pech und Pannen. Bis heute steht nur eine einzige Station – die allerdings nirgendwo hinführt. Wie konnte es dazu kommen? TRAVELBOOK erzählt die skurrile Geschichte.
1979 sollte ein großes Jahr werden für die Stadt Omsk, denn sie war so lange gewachsen, bis ihre Einwohnerzahl die Millionen-Marke knackte – damit erfüllte man die Voraussetzungen für eine staatliche Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, wie „Atlas Obscura“ berichtet. Omsk, eine große Industrie-Stadt, gab nun also bekannt, eine U-Bahn bauen zu wollen, um dem wachsenden Autoverkehr beizukommen.
Krisen, Pleiten und Verstaatlichungen
Doch während man in der Stadt mit einem Baubeginn innerhalb von fünf Jahren rechnete, stürzte das Sowjet-Regime erst in eine Krise und dann in einen Staatsbankrott. Erst 1992 konnte mit dem Bau der U-Bahn von Omsk begonnen werden. Die Stadt stand finanziell nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vergleichsweise gut da und hatte mit der ortsansässigen „Sibneft“ einen der größten Petrochemie-Konzerne im ganzen Land.
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Doch 2006 wurde der Konzern verstaatlicht, ging auf im Gazprom-Konzern, wodurch die Stadt und die Region schlagartig mehrere hundert Millionen Dollar an Geldern verlor. 2008 schlug dann die weltweite Finanzkrise auch in Russland hart zu. Erst 2011 wurde die Station „Puschkin Bücherei“ feierlich eröffnet – die erste und bis heute einzige von fünf ursprünglich geplanten. Zwar baute man weiter, untertunnelte zum Beispiel den städtischen Fluss Irtysch, die Passagen blieben jedoch verschlossen. Laut „Radio Free Europe“ wurde Premierminister Medwedew von Zuhörern ausgelacht, als er in einer öffentlichen Rede versprach, die U-Bahn werde 2016 fertig sein.
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Die Einheimischen nehmen es mit Humor
Die Skeptiker sollten Recht behalten: 2019 verkündete die Stadt, ihr seien die Gelder für die geplante U-Bahn ausgegangen, das Projekt wurde daraufhin gestoppt. Laut „Atlas Obscura“ wurden bis heute bis zu 720 Millionen Dollar (knapp 650 Millionen Euro) in die „Geisterbahn“, die aus einem Bahnhof und einem 7,5 Kilometer langen Schienenabschnitt besteht, investiert.
Die Einheimischen nehmen es laut „Radio Free Europe“ mit Humor. So gibt es einen Metrofahrplan mit eben nur einer Station auch Gedenkmünzen, die ein „Fan“ des Projekts herstellen ließ, und die ursprünglich als „Fahrtgeld“ für die Metro gelten sollten. Die verlassenen Tunnel könnten nun für Ausstellungen lokaler Künstler genutzt werden.
Außerdem gibt es dank des Grafikdesigners Dmitry Stolz Logos, Stationen und Werbeschilder, die er schon 2016 entwarf, für die fiktive U-Bahn. Sollte es die U-Bahn in Omsk also doch irgendwann noch einmal geben, würde sie zumindest richtig schick aussehen.