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Abhängig von der Verantwortlichkeit

Personalmangel am Flughafen – welche Rechte Sie haben, wenn Sie den Flug verpassen

Flug verpasst wegen Personalmangel am Flughafen
Am Flughafen fehlt es an Personal und Sie müssen warten, warten und warten. Welche Rechte Sie haben, wenn nun der Flieger ohne Sie abhebt. Foto: Getty Images

17. Juni 2025, 10:27 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Sie freuen sich auf Ihre gebuchte Reise und sind mehr als rechtzeitig am Flughafen. Doch dort herrscht Personalmangel – es kommt zu unerwarteten Verzögerungen, und das Worst-Case-Szenario tritt ein: Sie verpassen Ihren Flug. TRAVELBOOK klärt, welche Rechte Sie in diesem Fall haben.

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Viele Menschen sind lieber überpünktlich am Flughafen und nehmen lange Wartezeiten am Gate in Kauf, als von Unerwartetem überrascht zu werden. Doch das schützt nicht zwingend davor, einen Flug zu verpassen. Genau das soll zuletzt zahlreichen Passagieren passiert sein: Wie die britische Tageszeitung „The Independant“ berichtet, standen zwischen dem 26. Mai und dem 9. Juni rund 270 gebuchte Ryanair-Passagiere an den portugiesischen Flughäfen Lissabon, Faro und Porto mehr als zweieinhalb Stunden an den Grenzkontrollen an – und verpassten ihren Flug. Als Grund dafür wird akuter Personalmangel genannt. Doch was bedeutet das für die Betroffenen?

Vorab: Wie Sie vermeiden, einen Flug zu verpassen

Grundsätzlich gilt: Reisende sind selbst dafür verantwortlich, rechtzeitig am Gate zu erscheinen. Und um das zu gewährleisten, sollte man ausreichend Zeit einplanen – auch für mögliche Verzögerungen auf dem Weg zum Flughafen (z. B. im öffentlichen Nahverkehr oder durch Staus) sowie für lange Wartezeiten an Sicherheits- und Passkontrollen. Was genau „rechtzeitig“ bedeutet, variiert allerdings leicht je nach Flughafen und Airline. „Allgemein empfehlen die meisten Fluggesellschaften, mindestens zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu sein“, erklärt das Rechtsportal „Flightright. Zusätzlich sei zu bedenken, dass allein lange Wege oder Warteschlangen innerhalb des Flughafens schnell 30 Minuten kosten können.

Im oben genannten Fall standen Reisende jedoch mehr als 2,5 Stunden an – eine Zeitspanne, die kaum einplanbar ist. Selbst mit großzügigem Puffer hätten die Passagiere den Flug unter diesen Umständen wohl nicht erreichen können.

Flug verpasst wegen Personalmangel: Welche Rechte habe ich?

Wer einen Flug wegen Personalmangels am Flughafen verpasst, steht zunächst einmal vor der Frage: Wer ist überhaupt verantwortlich? Hier hilft die Einschätzung von Jan Bartholl, Anwalt für Reiserecht. „Personal am Check-in wird von der Fluggesellschaft gestellt. Für Probleme dort haftet also auch die Airline.“ Anders sieht es bei den Grenzkontrollen aus. Für sie ist der Staat zuständig, erklärt der Experte, „genauer die Bundes- oder Grenzpolizei, die wiederum oft Subunternehmen dafür beauftragt“. Beispielsweise in Deutschland gelte dies auch für die Sicherheitskontrollen am Flughafen.

Im Fall der portugiesischen Flughäfen handelte es sich also um ein staatliches Versagen, nicht um ein Verschulden der Airline. Ryanair reagierte entsprechend: COO Neal McMahon forderte die portugiesische Regierung auf, gegen die Zustände dringend vorzugehen. „Portugiesische Familien sollten nicht mehr 2,5 Stunden in Warteschlangen ausharren müssen, um in den wohlverdienten Urlaub zu kommen“, so sein Appell.

Was Reisende wissen und tun müssen

Was bedeutet das nun ganz konkret für betroffene Fluggäste? Wenn der Staat für das Problem verantwortlich ist, müssten Betroffene theoretisch die portugiesische Regierung verklagen. Das bedeutet, dass sie sich einen Anwalt vor Ort nehmen und gegen eine staatliche Institution klagen müssten. Ein ziemlich aufwändiges Unterfangen.

Im Akutfall können Betroffene versuchen, von der Airline Unterstützung zu erhalten. Diese zeigen sich laut Jan Batholl häufig kulant und buchen Reisende auf einen nächsten Flug um. Doch verpflichtet sind sie dazu nicht, wenn das Versäumnis nicht in ihrer Verantwortung liegt. Die Wahrscheinlichkeit ist also gegeben, dass man ein neues Ticket kaufen und sich gegebenenfalls eine Unterkunft für die Nacht organisieren muss. „Diese Kosten könnte man im Erfolgsfall nach einem Prozess geltend machen“, sagt Bartholl. Aber das sei mit erheblichem Aufwand verbunden. Besonders ärgerlich: „Man hat für die entsprechende Leistung bezahlt“. Diese sei auf jedem Flugticket separat ausgewiesen, manchmal als Steuer, manchmal als Umlage.

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Wenn der Flughafenbetreiber am verpassten Flug Schuld ist

Neben der Airline und dem Staat kann auch der Flughafenbetreiber eine Mitverantwortung tragen, wenn Reisende ihren Flug verpassen. Etwa die Abläufe an den Boarding-Gates und der Transport innerhalb des Flughafengeländes, z. B. mit Shuttle-Bussen, sowie die technische Abwicklung bei der Gepäckverladung und die Zusammenarbeit des Bodenpersonals liegen im Zuständigkeitsbereich des Flughafens. Kommt es in einer dieser Situationen zu gravierenden Verzögerungen, die einen verpassten Flug nach sich ziehen, lässt sich für betroffene Reisende ein Anspruch ableiten. Doch den Flughafen zur Verantwortung zu ziehen, kann ähnlich herausfordernd werden. Ohne rechtlichen Beistand sind solche Verfahren in der Regel wenig erfolgversprechend, aber dafür aufwändig.

In Deutschland liegt der Fall genau so

Das Prinzip ist übertragbar: Hätte man beispielsweise am Flughafen Berlin-Brandenburg wegen Personalmangels den Flug verpasst, müsste man auch in diesem Fall den konkreten Verantwortlichen ermitteln – und gegebenenfalls klagen.

Am einfachsten wäre es für betroffene Reisende, wenn die Airline den verpassten Flug zu verantworten hat. Vor allem bei Pauschalreisende stehen Ihnen durch das Reisevertragsrecht umfassende Rechtsgrundlagen zur Verfügung, die den Reiseveranstalter „im Paket“ für alles verantwortlich machen, erklärt Jan Bartholl. Individualreisende hingegen müssen sich mühsam mit dem jeweiligen Anspruchsgegner auseinandersetzen. „Dieser Anspruchsgegner wäre im behandelten ‚Portugal-Fall‘ der portugiesische Staat“, bringt der Experte noch Mal auf den Punkt.

Themen Ryanair

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