
8. Juli 2025, 16:23 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Das Flugzeug ist noch da, die Türen offen, andere Passagiere steigen noch ein – und trotzdem verweigert die Airline einem den Zustieg. Ein Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main hat nun geklärt, wann Passagiere in solchen Fällen Anspruch auf Entschädigung haben.
Eine Airline darf verspätete Passagiere nicht ohne Weiteres abweisen, wenn das Flugzeug noch am Gate steht und das Boarding nicht abgeschlossen ist. Das hat das Landgericht Frankfurt/Main entschieden und damit fünf Reisenden recht gegeben, denen trotz offener Türen und wartender Mitpassagiere der Einstieg verweigert wurde. Die Betroffenen erhalten nun eine Ausgleichszahlung.
Übersicht
Reisende fordern 600 Euro Entschädigung pro Person
Wenn ein Flugzeug noch am Gate steht und das Boarding nicht abgeschlossen ist, darf eine Airline verspätete Fluggäste nicht ohne Weiteres zurückweisen. Das entschied das Landgericht Frankfurt/Main (Az.: 2-24 S 93/24). Im Mittelpunkt des Urteils stand die Klage von fünf Reisenden, die von Frankfurt nach Doha fliegen wollten. Laut Angaben auf ihren Bordkarten sollte das Gate 20 Minuten vor Abflug – also um 17:15 Uhr – schließen. Der Abflug war für 17:35 Uhr angesetzt. Die Reisenden trafen wenige Minuten nach 17:15 Uhr am Gate ein, wo ihnen ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft aufgrund der Verspätung das Boarding verweigerte.
Tatsächlich stand das Flugzeug zu diesem Zeitpunkt noch am Flugsteig, die Türen waren offen und weitere Passagiere warteten noch auf den Einstieg. Die abgewiesenen Fluggäste forderten daraufhin eine Ausgleichszahlung von jeweils 600 Euro gemäß der EU-Fluggastrechte-Verordnung. Während das Amtsgericht die Klage zunächst abwies, sah das Landgericht Frankfurt die Sache anders und entschied in zweiter Instanz zugunsten der Reisenden.
Airline hätte Passagiere noch mitnehmen müssen
Das Gericht stellte klar, dass grundsätzlich von Passagieren erwartet werden könne, sich rechtzeitig am Gate einzufinden. Wenn der Abflug jedoch nicht wie geplant erfolge, müsse auf verspätete Fluggäste Rücksicht genommen werden.
Wörtlich urteilte das Landgericht: „Ist das Boarding noch nicht abgeschlossen und sind die Türen des Flugzeuges noch geöffnet, besteht eine Mitnahmeverpflichtung der Fluggesellschaft. Gleiches gilt, wenn der Vorfeldbus, der die Fluggäste zum Flugzeug bringen soll, noch nicht abgefahren ist.“
Im verhandelten Fall lagen diese Voraussetzungen vor. Die Türen der Maschine waren offen, und es standen noch weitere Passagiere vor dem Einstieg. Für das Gericht war es deshalb „nicht unzumutbar“ für die Airline, auch die fünf verspäteten Kläger noch an Bord zu lassen „Die Kläger hätten sich in der Reihe der noch vor dem Flugzeug anstehenden Passagiere anstellen können, ohne dass dadurch eine Verzögerung des Abflugs zu befürchten war“, so das Gericht.
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Verspäteter Zug zum Flughafen – wer haftet?
Ein weiteres Risiko beim Verpassen eines Flugs: die verspätete Anreise mit der Bahn (TRAVELBOOK berichtete). Besonders wenn Tickets getrennt gebucht werden, ist unklar, wer bei einem verpassten Flug haftet. Der Auto Club Europa (ACE) rät daher zu sogenannten Rail-and-Fly-Tickets. Diese kombinieren Flug- und Zugverbindung, wobei sich die Fluggesellschaft im Verspätungsfall um einen Ersatzflug kümmern muss.
Allerdings bieten nicht alle Airlines eine solche Kooperation mit der Deutschen Bahn an. Eine Liste der teilnehmenden Fluggesellschaften ist auf der Website der DB zu finden. Wichtig ist laut ACE, dass Rail-and-Fly nicht vom Reisevertrag ausgeschlossen ist. Denn bei separater Buchung liegt die Verantwortung für Ersatz und Erstattung bei der Bahn – und das kann sich hinziehen.
Mit Material von dpa