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Wussten Sie das?

Sterben auf einem Flug ist technisch gesehen oft nicht möglich

Sterben im Flugzeug
Haben Sie sich schon einmal gefragt, was eigentlich passiert, wenn ein Passagier auf einem Flug stirbt? Foto: Getty Images
Angelika Pickardt
Redaktionsleiterin

27.03.2023, 12:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Durch mehrere Umstände kann es dazu kommen, dass an Bord eines Flugzeuges ein Passagier verstirbt. Rein technisch gesehen geht das aber in den meisten Fällen gar nicht.

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Crew-Mitglieder einer Fluglinie müssen darauf vorbereitet sein, dass in der Luft bei Passagieren gesundheitliche Probleme auftreten können. Im Worst Case enden diese mit dem Tod. Das einzige Problem: Sollte ein Fluggast tatsächlich während des Flugs sterben, ist keiner der Flugbegleiter befugt, den Zeitpunkt des Todes zu bestimmen.

Das bestätigte auch das „Luftfahrt Bundesamt“ (kurz LBA) auf Nachfrage von TRAVELBOOK: „Flugbegleiter und auch die Piloten dürfen niemanden für tot erklären. Ist kein Arzt an Bord, muss eine Herz-Lungen-Wiederbelebung bis zum Eintreffen der Rettungskräfte am Boden weiter durchgeführt werden. Wann und wo gelandet wird, entscheidet der Kapitän im Einzelfall.“

Wer kann den Zeitpunkt des Todes bestimmen?

Nur Ärzte sind befugt und sogar dazu verpflichtet, eine Leichenschau durchzuführen und eine Todesbescheinigung auszustellen. Die „Leitlinie Regeln zur Durchführung der ärztlichen Leichenschau“ verpflichten den Arzt demnach zu folgenden Feststellungen:

– Personalien
– Tod
– Todeszeitpunkt
– Todesart
– Todesursache

Die Leichenschau und die anschließende Ausstellung der Todesbescheinigung müssen mit großer Sorgfalt erfolgen. Das bedeutet, dass sich der Arzt bei ausreichender Beleuchtung Gewissheit über den Eintritt des Todes verschaffen muss.

Unter Berücksichtigung dieses Faktes können Menschen auf einem Flug also nur dann technisch gesehen sterben, wenn sich ein Arzt an Bord befindet, der die Leichenschau durchführen kann. „Ist ein Arzt an Bord, kann er einen Passagier für tot erklären. Dann wird die Wiederbelebung abgebrochen. Bei einigen Unternehmen sind Ärzte, die als Passagiere reisen und als Ersthelfer agieren, versichert, wenn sie nach Paragraph 323 c des Strafgesetzbuches handeln (Unterlassene Hilfeleistung)“, erklärte das LBA.

Drei Kategorien für potenzielle Flug-Todesopfer

Dr. Paulo Alves, der Vizepräsident des Unternehmens MedAire, das unter anderem Maschinen in der Luft vom Boden aus medizinisch unterstützt, teilte potenzielle On-Bord-Todesopfer in einem Interview mit „BBC“ in drei Kategorien ein:

  1. Solche Passagiere, bei denen der medizinische Notfall völlig unerwartet eintritt.
  2. Fluggäste, die sterbenskrank sind und aus medizinischen Gründen die Reise antreten müssen.
  3. Fluggäste, die wissen, dass sie krank sind und dennoch reisen wollen – oft, ohne zuvor einen Arzt um Rat gefragt zu haben.

Unerwartete Notfälle seien Herzattacken, Schlaganfälle oder Unfälle wie Verschlucken. Sterbenskranke würden transportiert werden, wenn sie anderenorts medizinisch versorgt werden müssten oder zum Sterben an einen bestimmten Ort gebracht werden. Zugehörige der dritten Kategorie seien für Alves allerdings die wichtigsten. In den meisten Fällen seien den Patienten seiner Meinung nach gar nicht bewusst, welche Gefahren entstehen, wenn man krank in den Flieger steigt. Der Experte nannte diese Art von Reisenden „resolute Passagiere“, die entweder unter jeglichen Umständen nach Hause oder aufgrund einer fehlenden Reiseversicherung ihren Trip nicht absagen wollten.

Was passiert bei einem Todesfall an Bord?

Sollte ein Passagier während des Flugs sterben, bekommt die Crew unter anderem Anweisungen von ausgebildeten Experten am Boden. Laut LBA hätten einige Luftfahrtunternehmen eine Funkverbindung zur Bodenstelle namens „Medlink“. Dort würden Mediziner sitzen, die Entscheidungen über den Ablauf und das Handeln treffen könnten. „Manche Airlines (zum Beispiel Emirates) haben Kameras und eine Videoverbindung für solche Fälle“, so das LBA weiter.

Ein Todesfall an Bord bedeutet nicht automatisch, dass ein Flieger umgeleitet wird. Dies wird situationsabhängig von der Crew entschieden. Wenn es die Flugumstände zulassen, also beispielsweise noch eine lange Flugdauer bevorstehen würde, oder die Flugbegleiter befinden, dass weitere Stunden in der Luft emotional unzumutbar für die Mitarbeiter oder Angehörigen wären, kann die Richtung des Fluges gewechselt werden.

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„Manche Airlines führen Leichensäcke mit. In der Regel wird eine leere Reihe, zum Beispiel in einem abgetrennten Abteil gesucht, wenn möglich“, erläutert der LBA gegenüber TRAVELBOOK. Oftmals gibt es aber keinen Extraplatz, der eine Unterbringung von Leichen zulässt. Das bedeutet, dass Tote zurück in ihren Sitz gebracht werden müssen, wie „BBC“ schreibt. Sie in die Toilettenkabine oder auf den Gang zu legen, würde die Sicherheitsbestimmungen verletzen. Es könnte auch für die anderen Passagiere mitunter gefährlich werden.

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Eine Ausnahme würde das Flugzeugmodell A340-500 von Singapore Airlines darstellen. Die Fluglinie hatte den längsten Nonstop-Flug der Welt, von Singapur nach New York, bis 2013 angeboten. 2018 hat sie ihn wieder in ihr Angebot aufgenommen; die maximale Flugdauer beträgt 18 Stunden 45 Minuten. Wegen dieser langen Dauer sei schon damals eine Art Schrank in die Maschine eingebaut worden, in dem Tote untergebracht werden könnten, wie der „Telegraph“ berichtete. Dieses diskrete Schließfach habe sich neben einem der Flugzeugausgänge befunden und sei lang genug gewesen sein, um einen Körper darin unterzubringen.

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