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Meteorologisches Phänomen

Darum gewittert es über Schiffen häufiger als über dem restlichen Meer

Schiffe ziehen Gewitter sozusagen an
Schiffe ziehen Gewitter in gewisser Weise an, und TRAVELBOOK weiß warum Foto: Getty Images / Meindert van der Haven

25. April 2025, 9:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Über Schiffen ziehen oft Gewitterwolken auf, und das ist nicht im übertragenen Sinn gemeint. Tatsächlich entstehen über stark befahrenen Schifffahrtsrouten besonders häufig Gewitter. Dahinter steckt ein meteorologisches Phänomen, für das es wissenschaftliche Belege gibt. Erfahren Sie mehr darüber bei TRAVELBOOK.

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Die Tatsache, dass es über Schiffen häufiger zu Gewittern kommt als über dem restlichen Meer, „ist eines der deutlichsten Beispiele dafür, wie der Mensch die Intensität von Stürmen auf der Erde durch die Emission von Partikeln aus der Verbrennung verändert“. So formulierte es Professor Joel Thornton, Vorsitzender des Fachbereichs Atmosphärenwissenschaften an der University of Washington, in einer Pressemitteilung. TRAVELBOOK erklärt es genauer.

Warum Gewitter über Schiffen besonders häufig sind

Thorntons Aussage stützt sich auf eine Studie aus dem Jahr 2017. Darin erforschten der Wissenschaftler und sein Team, warum die Blitzdichte in zwei besonders stark befahrenen Schifffahrtsrouten – im nordöstlichen Indischen Ozean und im Südchinesischen Meer – bis zu doppelt so hoch ist wie in benachbarten Regionen. Die verglichenen Gebiete haben das gleiche Klima, die Erklärung für diese auffällig ungleiche Verteilung musste also eine andere sein. Diese wollen die Forscher in ihrer Arbeit gefunden haben.

Grundlage der Untersuchung waren Daten aus dem World Wide Lightning Location Network (WWLLN), das Blitzeinschläge weltweit erfasst. Die Forscher analysierten einen Zeitraum von 12 Jahren. Die Auswertung zeigte, dass über den genannten Schifffahrtsrouten etwa doppelt so viele Blitze registriert wurden wie in angrenzenden Meeresgebieten mit ähnlichen klimatischen Bedingungen. Dieser Effekt war in der sogenannten konvektiv aktiven Jahreszeit – also in Phasen, in denen durch Konvektionsströmungen besonders häufig Gewitter entstehen – besonders deutlich. Natürliche Umweltfaktoren konnten diese auffällige Häufung nicht erklären. Stattdessen deuten die Daten darauf hin, dass von Schiffsmotoren ausgestoßene Emissionen, insbesondere Aerosolpartikel, die Konvektion und damit die Bildung von Gewittern verstärken.

Schiffsemissionen wirken als „Kondensationskeime“

Etwas einfacher verständlich ist es im Buch „Reisen – 365 Fragen und Antworten rund um den Globus“ erklärt. Demnach stoßen vor allem große Containerschiffe viele Schadstoffe aus, etwa Schwefeldioxid und Ruß. Diese feinen Partikel dienen als Kondensationskeime für Wassertröpfchen – sie bieten dem in der Luft enthaltenen Wasserdampf eine Oberfläche, an der sich Tröpfchen bilden können. In Bereichen mit besonders vielen dieser Partikel, wie über stark befahrenen Schifffahrtsrouten, verändert sich dadurch die Struktur der Wolken: Es entstehen mehr, aber kleinere Tröpfchen, die durch Aufwinde höher in die Atmosphäre steigen. Dort gefrieren sie, stoßen zusammen und laden sich elektrisch auf. Diese Ladung entlädt sich schließlich in Form von Blitzen.

Das Kapitel bezieht sich ebenfalls auf eine wissenschaftliche Untersuchung zweier stark befahrener Schiffsrouten: einer ersten von Sri Lanka nach Singapur – diese liegt im nordöstlichen Indischen Ozean – und einer zweiten von Singapur nach Vietnam im Südchinesischen Meer. Gut möglich, dass die oben angeführte Studie der University of Washington gemeint ist. Dass es häufiger gewittert, bedeutet allerdings nicht, dass es auch mehr Niederschlag gibt, heißt es in dem Buch, „das zeigen die Wetterdaten ebenfalls“.

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Die erhöhte Gewitterhäufigkeit über bestimmten Schifffahrtsrouten ist vor allem auf die Emissionen von Frachtschiffen zurückzuführen. Kreuzfahrtschiffe sind zwar ebenfalls groß und stoßen Emissionen aus. Sie verkehren aber weniger regelmäßig und in geringerem Umfang auf festen Routen, sie tragen dagegen nicht in gleichem Maße zur Gewitterbildung bei.

Trotzdem könnte man natürlich die Frage stellen, ob die Häufung von Gewittern für Schiffe eine Gefahr darstellt. Diese lässt sich – zumindest in Bezug auf ernsthafte Gefahren für Leib und Leben – mit Nein beantworten. Containerschiffe und andere große Hochseeschiffe sind in der Regel gut geerdet. Sollte ein Blitz einschlagen, wirkt die Schiffshülle wie ein Faradayscher Käfig, ähnlich wie bei einem Auto oder Flugzeug. Zur Erinnerung: Ein Faradayscher Käfig ist eine vollständig geschlossene Struktur aus elektrisch leitfähigem Material, die elektrische Felder vom Inneren fern hält. Ein Blitz würde über die metallische Außenhülle abgeleitet und sicher ins Meer abgeführt, sodass sich Personen im Inneren vor der elektrischen Entladung geschützt befinden. Kleinere Schäden sind dennoch möglich – etwa an elektronischen Systemen für Navigation oder Kommunikation. Und das wäre in der Tat kein wünschenswerter Fall.

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