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Welche Entschädigung steht Reisenden bei Bahn-Verspätungen zu?

Bahn Verspätung Entschädigung
Bei der Bahn gibt es bislang erst ab 60 Minuten Verspätung eine Erstattung Foto: REUTERS
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TRAVELBOOK Redaktion

12.01.2023, 15:56 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Ob Streik, Unwetter oder Unfall: Was bleibt, sind – mitunter sogar trotz Verständnis für die jeweilige Situation – oft Frust wegen Verspätungen bei der Bahn oder verfallenen Tickets. Eine Entschädigung gibt es bislang für Verspätungen ab 60 Minuten. Das soll sich, wenn es nach Verbraucherschützern geht, allerdings bald ändern. Was es mit dem Vorschlag auf sich hat und welche Regeln aktuell gelten.

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Im Sommer dieses Jahres tritt eine bereits vor mehreren Jahren verabschiedete Änderung der EU-Fahrgastrechte in Kraft (TRAVELBOOK berichtete). Aktuell ist die Gesetzgebung noch nicht komplett klar, es ist jedoch möglich, dass die Deutsche Bahn dann bei Verspätungen oder Ausfällen, die auf höhere Gewalt zurückzuführen sind (Unwetter, Unfälle, Streiks …), eine Erstattung verweigern kann. Verbraucherschützer kritisieren diesen Vorschlag schon seit Jahren, kurz vor dem Inkrafttreten gibt es nun neue Forderungen, denn „mit den ab Sommer 2023 geltenden EU-Bahngastrechten könnten weitere Zumutungen folgen“, sagte Ramona Pop, Vorständin der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die neuen Forderungen sollen den zu erwartenden Schaden für die Kunden etwas ausgleichen und so Bahnfahren attraktiver machen.

Wichtigste Forderung der Verbraucherzentrale ist eine Entschädigung schon ab 30 Minuten Verspätung. So wolle man einen deutlichen Anreiz bei der Deutschen Bahn für mehr Pünktlichkeit setzen, der bislang nicht gegeben sei. Derzeit macht es keinen Unterschied, ob ein Zug 25 oder 55 Minuten zu spät ist, „ganz praktisch ist es für Bahnreisende jedoch oftmals entscheidend, ‚nur‘ 25 anstatt 55 Minuten zu spät anzukommen“ führt der vzbv aus.

Als Entschädigung soll es für Reisende einen 10-Euro-Gutschein geben. Das wäre ein anderes Konzept als die bislang bestehende prozentuale Erstattung. Ob die Vorschläge umgesetzt werden, ist unklar.

In welchen Fällen Sie aktuell wie viel erstattet bekommen und wie Sie die Entschädigungen online oder analog beantragen können – TRAVELBOOK hat die Antworten.

Wie hoch ist die Entschädigung bei einer Verspätung?

Ihre Ticketkosten zurückfordern können laut Bahn Kunden, die auf Hinweis der DB eine gebuchte Fahrt nicht angetreten haben. Das kann zum Beispiel in einem angegebenen Streikzeitraum der Fall sein, bei einer Unwetter-Lage oder bei einem Unfall auf den Gleisen. Wenn Reisende eine Fahrt angetreten haben, bei der es aber zu Verspätungen und Zugausfällen gekommen ist, haben sie Anspruch auf Entschädigung.

Die Höhe der Erstattung hängt bei der Bahn immer von der Höhe der Verspätung ab.

  • 1 Stunde Verspätung: Ab einer Stunde Verspätung überweist die Bahn ein Viertel (25 Prozent) des ursprünglichen Fahrpreises zurück.
  • 2 Stunden Verspätung: Ab zwei Stunden erstattet die Bahn die Hälfte (50 Prozent) des Fahrpreises. Das ist der Höchstsatz einer Erstattung bei der Deutschen Bahn – auch wenn mal die Verspätung zehn Stunden beträgt, bekommen Reisende maximal 50 Prozent des Fahrpreises zurück.

Auch für Inhaber einer Zeitkarte (z. B. einer Bahncard50) kann sich eine Reklamation lohnen. Hierfür bietet die Bahn pauschale Entschädigungen bei Verspätungen von mehr als einer Stunde an. Erstattungen geben kann es unter Umständen auch für reservierte Sitzplätze, die nicht eingenommen werden konnten, für Ausgaben für Verpflegung sowie für Übernachtungskosten oder die Weiterfahrt mit anderen Verkehrsmitteln.

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So beantragen Sie bei der Bahn eine Entschädigung bei Verspätungen

Seit 1. Juni können Bahnkunden und -Kundinnen die Entschädigung sowohl digital als auch analog beantragen.

Digitale Erstattung

Bei einem mobil gekauften Ticket gibt es die Möglichkeit, die Entschädigung wegen einer Verspätung über die App der Bahn einzufordern. Dafür müssen Kunden sich in der App mit dem Kundenkonto anmelden, mit dem auch das Ticket gekauft wurde. Unter „Meine Tickets“ muss die entsprechende Reise ausgewählt weden, für die Sie Entschädigung beantragen wollen. Dann muss bei „Fahrgastrechte“ der Button „Entschädigung beantragen“ ausgewählt werden.

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Analoge Erstattung

Alternativ können Reisende nach einer Verspätung ihre Entschädigung mit einem Papierformular einfordern. Im besten Fall sollte auf dem Formular direkt von der Bahn bestätigt werden, dass eine Verspätung vorliegt. Dafür kann man sich das Formular im Zug bereits aushändigen lassen oder einem der Reisezentren der Deutschen Bahn. Alternativ kann es auch ausgedruckt werden, hier finden Sie das Formular.

Das Formular muss nun händisch ausgefüllt werden, bevor es zusammen mit dem zu erstattenden Ticket verschickt wird. Entweder wird der Antrag per Post an den Konzern geschickt oder er wird bei einem der Reisezentren in den Bahnhöfen abgeben.

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Wie lange habe ich Zeit, eine Erstattung zu beantragen?

Wer bei der Deutschen Bahn von Zugausfällen oder Verspätungen betroffen ist, sollte möglichst rasch Entschädigungen geltend machen. Stellt sich das Unternehmen bei dem Anspruch quer, kann eine Schlichtungsstelle helfen. „Auch wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Fahrgäste ein Jahr Zeit haben, ihr Ticket zurückzugeben, empfiehlt sich sofortiges Handeln“, sagt Heinz Klewe, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin. Laut dem Experten muss die Beantwortung der Beschwerde dann innerhalb eines Monats erfolgen.

Kommentar zu Erstattung bei der Bahn: Was ist fair – und sinnvoll?

Aktuell bekommt man bei einer Verspätung ab 60 Minuten 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, ab 120 Minuten sind es 50 Prozent. Das kann sich mal mehr, mal weniger lohnen. Wer ein Ticket für 200 Euro kauft, kann sich bei einer Verspätung von mehr als zwei Stunden immerhin über ein Schmerzensgeld von 100 Euro freuen. Wer allerdings weniger zahlt, und das dürften die meisten sein, denn wer gibt schon pro Fahrt so viel Geld aus, bekommt auch weniger Erstattung.

Im schlimmsten Fall sieht das dann – wie bei mir erst vor wenigen Monaten – so aus, dass man wegen zahlreicher Missstände statt um 12 Uhr erst um 17 Uhr an seinem Ziel ankommt – aber für die 5 Stunden Verspätung lediglich 17 Euro Erstattung erhält, da das Ticket vergleichsweise günstig war. Warum war es günstig? Weil ich eine Bahncard50 habe und weit im Voraus gebucht habe. Überspitzt könnte man also sagen, dass ich bei der Erstattung für mein vorausschauendes Buchen bestraft wurde. Andere würden hingegen argumentieren, ob es nicht ebenso unfair ist, wenn ein Reisender, der 100 Euro für sein Ticket zahlt, die gleiche Entschädigung bekommt wie jemand, der nur 20 Euro berappen musste.

Ob nun das eine oder das andere System, eins steht für mich fest: Einheitlich müsste es schon sein. Die Forderung von Verbraucherschützern, die prozentuale Erstattung mit fixen Gutscheinen zu kombinieren, halte ich für einen unnötigen Verwaltungsaufwand, der bei der Bahn sicher in anderen Bereichen, etwa dem Ausbau der Infrastruktur, deutlich sinnvoller eingesetzt wäre.

Larissa Königs, Redaktionsleiterin TRAVELBOOK

mit Material der dpa

Themen: #amex Deutsche Bahn
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