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Touristenattraktion nahe Chicago

Old Joliet Prison – das Horror-Gefängnis, das Hollywood liebt

Old Joliet Prison
Das Old Joliet Prison war fast 150 Jahre lang ein Horror-Knast. Heute dreht Hollywood hier regelmäßig Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

06.08.2022, 06:37 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

1858 eröffnete in einem kleinen Vorort der US-Stadt Chicago ein Gefängnis, das heute nur noch unter dem Namen Old Joliet Prison bekannt ist. Die Haftbedingungen hier waren besonders in der Anfangszeit grauenhaft. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen, war der Horror-Knast von Anfang an eine Touristenattraktion. Und auch Hollywood liebt das alte Gemäuer.

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In Joliet, einem kleinen Vorort der US-amerikanischen Stadt Chicago, steht, im Bundesstaat Illinois, ein Gemäuer von bedrohlicher Imposanz. Könnten seine Mauern sprechen, würden sie wohl so manche wahre Gruselgeschichte erzählen. Ein wenig erinnert es an eine Festung – eine Festung, aus der es kein Entkommen gab. Denn das Old Joliet Prison, so der Name des Gebäudes, war lange Zeit eines der berüchtigtsten Gefängnisse der USA.

Wie die offizielle Seite des Ortes berichtet, wurde das Old Joliet Prison im Jahr 1858 eröffnet. Und damit gerade einmal sechs Jahre nach der Gründung von Joliet selbst. So sehr ist die Geschichte des Ortes mit dem Horror-Knast verbunden, dass er auch heute noch manchmal als „Prison City“ bezeichnet wird – die Gefängnis-Stadt. Bereits vorher hatte es in Illinois eine andere Besserungsanstalt gegeben, doch diese versank schon kurz nach ihrer Eröffnung im Jahr 1831 in Chaos und grauenvollen Haftbedingungen. So gab der Staat schließlich die Erlaubnis zum Bau des Old Joliet Prison.

Die Häftlinge bauten ihr Gefängnis selbst

Old Joliet Prison
Eine Archivaufnahme zeigt das Leben im Old Joliet Prison. Der Knast war stets überbelegt Foto: Getty Images

Für das Gebäude engagierte man den Architekten W. W. Boyington, der „sein“ Gefängnis im gotischen Stil errichten ließ, der tatsächlich bis heute unweigerlich an eine Burg erinnert. Am 22.Mai 1858 zogen also die ersten 53 Häftlinge in das Old Joliet Prison – und bauten in den folgenden Jahren eine wahre Knast-Festung aus Kalkstein. Dafür schufteten sie in nahen Steinbrüchen, errichteten so sukzessive den aus heute mehr als 20 Gebäuden bestehenden Komplex. Die renommierte Zeitung „Chicago Tribune“ schrieb zur Eröffnung eine Lobeshymne, bezeichnete das Old Joliet Prison als Hoffnungsträger für den Stolz eines ganzen Bundesstaates.

Bereits 20 Jahre später jedoch war von dieser Hoffnung nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, das Old Joliet Prison war mit etwa 2000 Häftlingen hoffnungslos überbelegt, die sanitären Bedingungen eine Katastrophe. Laut der bereits erwähnten „Chicago Tribune“ kamen nicht selten auf eine Zelle, die Platz für gerade mal eine Person geboten hätte, gleich mehrere Insassen. Zudem gab es bis 1950 in den Zellen keine eigenen Toiletten. Die Belüftung war unzureichend, und in viele der Räume fiel niemals ein Strahl Sonnenlicht. Die meisten Verbrecher hier waren kleine Gauner wie Diebe, die Insassen mitunter erst 10 Jahre alt.

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Bankräuber und Serienmörder

Die schlimmsten der Schlimmen hielt man in einem Gebäude im Herzen des Komplexes gefangen, wo auch Hinrichtungen stattfanden. So fand zum Beispiel hier der berüchtigte Serienmörder John Wayne Gacy 1994 sein Ende auf dem elektrischen Stuhl, nachdem er mindestens 33 Jungen vergewaltigt, gefoltert und ermordet hatte. Auch Baby Face Nelson, Partner des legendären Bankräubers John Dillinger, saß im Old Joliet Prison ein. Bereits 1905 gab es wegen der unzumutbaren Haftbedingungen die öffentliche Forderung danach, den Horror-Knast zu schließen. Doch bis dahin sollte es tatsächlich noch fast ein ganzes Jahrhundert dauern.

Dabei war das Old Joliet Prison von Anfang an nicht nur Gefängnis, sondern auch Touristenattraktion. Besucher konnten bereits in den ersten Jahrzehnten nach seiner Eröffnung für damals 25 Cent Touren dort buchen und Knast-eigene Souvenirs kaufen. Besucher erhielten beim Eintritt eine Karte mit Verhaltensregeln – so war es zum Beispiel streng verboten, mit den Häftlingen zu sprechen oder auf sie zu zeigen. Das historische Museum der Stadt Joliet bewahrt heute auch diverse Gegenstände aus dem Horror-Gefängnis auf.

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Der Hollywood-Knast

Erst 2002 kam für das Old Joliet Prison dann mit seiner Schließung das endgültige Ende. Zu diesem Zeitpunkt lebten hier noch 1300 Häftlinge, die sämtlich in andere Anstalten verlegt wurden. In den Folgejahren verfiel das Grusel-Gefängnis zusehends, wurde immer wieder zum Ziel von Vandalismus und Brandstiftung. Erste Versuche, das touristische Potenzial des Ortes auszuschöpfen, scheiterten 2008 laut offizieller Webseite an der internationalen Finanzkrise. 2017 übernahm dann die Stadt Joliet vom Staat Illinois die Verwaltung des Gebäudes. Seit dem August 2018 gibt es hier nun wieder geführte Touren, zum stolzen Preis von 20 Dollar pro Person.

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Doch das Old Joliet Prison war auch schon lange vor seiner Schließung ein beliebter Ort. Nämlich für Hollywood, das zum Beispiel Szenen aus dem legendären Film „Blues Brothers“ hier drehte. Noch heute findet im Gedenken an den Streifen und die Rolle des Gefängnisses darin hier jährlich ein zweitägiges „Blues Brothers“-Festival statt. Mit dabei sind 2022 auch die Hauptdarsteller Dan Aykroyd und James Belushi. Auch für Szenen der beliebten Serie „Prison Break“ diente das Gefängnis als Kulisse. In diversen anderen US-Serien und Filmen hat der Knast ebenfalls Gastauftritte. Und natürlich waren auch diverse Geisterjäger bereits hier, denn wenig verwunderlich soll es in den alten Gemäuern spuken.

Auf dem Portal Tripadvisor zeigen sich die User begeistert von den Touren durch den ehemaligen Horror-Knast. „Ich kann diese Tour nur jedem empfehlen, der ein historisches Juwel sehen möchte“, schreibt einer. Ein zweiter meint: „Ich bin beeindruckt, was wir alles sehen konnten.“ Ein dritter fügt hinzu: „Die Gefängnis-Tour ist gut gemacht und sehr informativ.“ Besucher sollten allerdings wissen, dass sich immer noch nur ein kleiner Teil des Old Joliet Prison besichtigen lässt. Weite Flächen des Komplexes sind aufgrund des jahrelangen Vandalismus noch nicht für den Tourismus freigegeben. Laut offizieller Webseite wurden für den Wiederaufbau bislang etwa 200.000 Dollar gespendet. Und vielleicht kann Joliet so in Zukunft den Beinamen Gefängnis-Stadt auch mit Stolz tragen.

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