8. Juli 2025, 14:03 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
In den vergangenen Monaten kam es auf mehreren Kreuzfahrtschiffen zu größeren Ausbrüchen des Norovirus. Es handelt sich um einen besonders infektiösen und widerstandsfähigen Erreger, der beim Menschen schwerwiegende Magen-Darm-Erkrankungen auslöst. Laut der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC gab es bis Mitte 2025 fast so viele Ausbrüche wie im gesamten Vorjahr. TRAVELBOOK sprach darüber mit einem Experten.
Wer eine Kreuzfahrt plant, sollte sich bewusst sein: Kommt es an Bord zu einem Virusausbruch, ist das Risiko einer Ansteckung deutlich erhöht. Dies war auch der Grund, weshalb das Auswärtige Amt während der Coronapandemie von dieser Art der Urlaubsgestaltung abriet. Kreuzfahrtschiffe sind wie Gemeinschaftseinrichtungen Orte, an denen sich virale Erreger besonders schnell verbreiten können. Das gilt insbesondere für das hochansteckende Norovirus.
Übersicht
Häufung von Norovirus-Ausbrüchen auf Kreuzfahrtschiffen
Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC spricht von einem offiziellen Norovirus-Ausbruch auf einem Kreuzfahrtschiff, wenn mindestens drei Prozent der Passagiere oder Crew-Mitglieder Symptome einer Infektion zeigen. Diese sind Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Bis Mitte Mai 2025 zählte das Vessel Sanitation Program (VSP) der CDC – dieses ist für die Gesundheit von Schiffsreisenden verantwortlich – bereits 12 bestätigte Norovirus-Ausbrüche auf Kreuzfahrtschiffen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2024 waren es 15; die Zahlen zeigen seit 2023 eine steigende Tendenz.
Zu den zuletzt besonders betroffenen Kreuzfahrtschiffen zählt die „Radiance of the Seas“ der Reederei Royal Caribbean. Während einer Karibik-Kreuzfahrt Anfang Februar steckten sich mehr als 160 Passagiere und Crew-Mitglieder mit dem Virus an. Daneben gab es den Daten der CDC zufolge auf der „Queen Mary 2” im März dieses Jahres 266 Erkrankungen. Auch die „Eurodam” von Holland America Line verzeichnete im April und Mai eine auffällige Häufung. Es wird über eine neue Variante sowie eine fehlende Grundimmunisierung in der Bevölkerung berichtet. Hierzu wird TRAVELBOOK im Folgenden mit einem Experten sprechen.
So verläuft eine Ansteckung mit dem Norovirus
Das Norovirus ist der häufigste Erreger der umgangssprachlich sogenannten Magen-Darm-Grippe, wie die Kollegen von FITBOOK näher erklären. Es verbreitet sich besonders schnell, wenn sich Menschen auf engem Raum aufhalten. Dies ist beispielsweise in Ausbildungs- oder Pflegeeinrichtungen der Fall – und so auch auf Kreuzfahrtschiffen. Tröpfcheninfektionen sind ebenfalls möglich, meistens jedoch werden Noroviren durch Schmierinfektionen übertragen, beispielsweise durch direkten Hautkontakt oder das Berühren kontaminierter z. B. Türklinken, Spültasten oder Tischplatten. Zu den plötzlich auftretenden Symptomen einer Norovirus-Infektion zählen Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall und Erbrechen, manchmal kommt es zu Fieber. Waschen sich Betroffene nach dem Toilettengang nicht gründlich die Hände, können sie den Erreger auf verschiedensten Oberflächen verteilen, mit denen sie in Kontakt kommen. Die Viren sind sehr widerstandsfähig und können auf Oberflächen tagelang infektiös bleiben.
Die akuten Beschwerden einer Norovirus-Infektion klingen in der Regel nach spätestens drei Tagen ab. Doch Betroffene können aber weiterhin ansteckend sein, da die Viren noch einige Zeit über den Stuhl ausgeschieden werden. Auch nach der Genesung ist daher auf Hygiene zu achten und am besten eine eigene Toilette zu nutzen bzw. sanitäre Anlagen nach jeder Nutzung gründlich zu desinfizieren. Richtig: Auf einer Kreuzfahrt ist eine Isolierung von Patienten nur schwer möglich.
Experte erklärt die aktuell erhöhte Übertragbarkeit
TRAVELBOOK sprach mit dem Schiffsarzt und Buchautor Dr. Reinhard Friedl (sein Buch „Ein Arzt für jede Welle“ ist ab dem 23. Juli im Goldmann Verlag erhältlich). Er weiß aus der Praxis, dass das Norovirus eine verbreitete Ursache für Magen-Darm-Infektionen auf Kreuzfahrtschiffen ist. In der „Mein Schiff“-Flotte hat er selbst noch keine schweren Ausbrüche erlebt, die zu einer Stilllegung von Schiffen geführt hätten. „Das liegt an unseren strikten Hygienemaßnahmen“, so der Arzt.
Aktuell sei eine bestimmte Variante im Umlauf, berichtet der Experte. „Der Genotyp GII.17 ist für die Zunahme der Fälle auf See, aber auch an Land, mitverantwortlich. Durch Mutationen kann er seine Bindungseigenschaften und Antigenmerkmale ändern, sodass er von unserem Immunsystem weniger gut erkannt wird.“ Zur Erklärung: Noroviren sind sehr anpassungsfähig. Sie können sich durch kleine Veränderungen in ihrem Erbgut, also Mutationen, verändern. Mit Bindungseigenschaften ist gemeint, dass Noroviren an bestimmte Rezeptoren auf den Zellen unserer Darmschleimhaut andocken, um eine Infektion auszulösen. Die vorherrschende Variante kann außerdem ihre Oberflächenstruktur (Antigene) verändern. Das führt dazu, dass das Immunsystem den Erreger nicht mehr zuverlässig erkennt. „Das begünstigt eine erhöhte Übertragbarkeit und eine schnelle Verbreitung“, so Dr. Friedl.

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Tipps zum Schutz vor dem Norovirus auf Kreuzfahrtschiffen
Eine durchgemachte Virusinfektion bewirkt, dass Genesene gegenüber entsprechendem Erreger immun sind – zumindest für eine bestimmte Dauer. Das Norovirus zählt zu den besonders variablen Erregern. Eine Infektion biete daher nur vorübergehend Schutz. „Man kann sich immer wieder neu infizieren. Deshalb ist es auch so schwierig, eine wirksame Impfung zu entwickeln“, berichtet Dr. Friedl. Es sei somit stets von höchster Bedeutung, vorsichtig zu sein, um sich bestmöglich vor einer Infektion mit dem Norovirus auf Kreuzfahrtschiffen zu schützen. Der Experte nennt folgende Verhaltensempfehlungen:
1. Regelmäßiges Händewaschen
Der wichtigste Schutz ist regelmäßiges und sorgfältiges Händewaschen mit Seife. Vermeiden Sie es außerdem, sich mit den Händen ins Gesicht zu fassen, da Viren über Mund, Nase und Augen leicht in den Körper gelangen können.
2. Desinfektionsmittel verwenden
In der Regel stehen an Bord von Kreuzfahrtschiffen Desinfektionsspender bereit – nutzen Sie diese im Fall eines Virus-Ausbruchs konsequent. Im Zweifel ist es außerdem sinnvoll, ein eigenes Handdesinfektionsmittel mitzuführen.
3. Husten- und Niesetikette einhalten
Husten oder niesen Sie in die Armbeuge, um die Ausbreitung von Keimen zu verhindern. Dies ist besonders wichtig in beengten Bereichen wie Restaurants, Aufzügen oder Showsälen.
4. Auch auf Landgängen achtsam sein
In einigen Anlaufhäfen entsprechen die Hygienestandards nicht europäischen Maßstäben. Essen Sie nur durchgegarte Speisen und trinken Sie ausschließlich aus originalverschlossenen Flaschen.
5. Bei Symptomen sofort medizinischen Rat einholen:
Fühlen Sie sich unwohl, wenden Sie sich umgehend an die Bordklinik. Dort können moderne PCR-Tests helfen, die Ursache schnell zu bestimmen.