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Angebliche Sparmaßnahme sorgt für Ärger

„Ekelhaft schmutzig“ – müssen Flugbegleiter eigentlich auch in den Toiletten putzen?

Flugzeugtoilette
Müssen Flugbegleiter eigentlich auch in den Toiletten putzen? TRAVELBOOK hat nachgefragt. Foto: Getty Images

15.05.2023, 10:06 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Die skandinavische Fluggesellschaft SAS steckt seit Jahren in einer finanziellen Krise. Um weiter operieren zu können, muss sie an zahlreichen Ecken Kosten einsparen – und verdonnert ihre Flugbegleiter deshalb angeblich zum Toiletten-Putzdienst. Davon berichten aktuell verschiedene Medien. TRAVELBOOK hat sich informiert, was die umstrittene Aufgabenerweiterung tatsächlich beinhalten soll und wie die Instandhaltung der Waschräume bei anderen Airlines gehandhabt wird.

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Die schwedische Boulevard-Zeitung „Expressen“ titelte kürzlich, dass SAS ihre Flugbegleiter – zusätzlich zu ihren anderen To-dos – auch die Toiletten putzen lassen wolle. Von „erhöhten Reinigungsanforderungen des Unternehmens an das eigene Personal“ ist die Rede. Man wolle möglichst häufig auf den Einsatz externer Putzunternehmen verzichten, denn dieser Service kostet natürlich.

Tatsächlich heiße das aber nicht, dass das Kabinenpersonal für die Reinigung der Toilettensitze und -schüsseln verantwortlich ist. Dies stellte Airline-Sprecherin Karin Nyman inzwischen klar. Bereits seit Jahren sei auf Inlandsflügen das SAS-Kabinenpersonal dazu angehalten, das Waschbecken in den Toiletten zwischendurch zu säubern und außerdem sichtbaren Müll im Bereich der Sitzreihen zu entsorgen. Diese Praxis wolle man nun lediglich auf Flüge innerhalb ganz Skandinaviens erweitern.

Die Meldungen um SAS erscheinen im Nachhinein also etwas überzogen. Doch die Frage nach der generellen Handhabe bleibt: Sind Flugbegleiter im Flugbetrieb für die Sauberkeit der Waschräume verantwortlich? Sprich: Müssen sie auch in den Toiletten putzen?

Müssen Flugbegleiter in den Toiletten putzen?

Sauberkeitsüberprüfung durch die Crew

Bei Condor antwortet man ausweichend auf die Frage. „Die Crew an Bord überzeugt sich, insbesondere auf langen Flügen, regelmäßig von der Sauberkeit der Bordtoiletten“, erklärt auf TRAVELBOOK-Nachfrage ein Sprecher der Fluggesellschaft. Sauberkeit sei ein entscheidender Faktor für die Zufriedenheit der Gäste an Bord, „Condor-Flugzeuge werden daher nach jedem einzelnen Flug von spezialisierten Reinigungsdienstleistern sorgfältig und umfangreich gereinigt“.

Auch bei der Lufthansa (LH) nehme nach bzw. vor jedem Flug ein spezialisiertes Personal eine gründliche Reinigung vor. Man wolle Vorgänge bei anderen Fluggesellschaften nicht kommentieren. Für die Lufthansa jedoch gelte, dass die Flugbegleiter nicht für die Reinigung der Toiletten zuständig sind.

Ähnlich äußert sich ein EasyJet-Sprecher. Nachdem die Flugzeuge der Airline am Abend an ihrer Heimatbasis gelandet sind, würden sie nachts gründlich gereinigt. Während und zwischen den Flügen sorgten die Besatzungen dafür, dass die gesamte Flugzeugkabine sauber gehalten wird.

So weit, so verständlich: Die Reinigung der Flugzeugtoiletten findet also am Boden statt. Dabei passiert es selbst auf langen Flügen erstaunlich selten, dass man eine Flugzeugtoilette betritt und etwas Unschönes vorfindet. In öffentlichen Toiletten kann das dagegen durchaus passieren – es liegt also nahe, dass irgendwer im Flugbetrieb mal die Hand anlegt.

Wie reagiert die Crew bei „Zwischenfällen“ auf der Toilette?

Michelle P.* ist Flugbegleiterin bei einer großen deutschen Fluggesellschaft. Sie bestätigt unseren Verdacht, dass die Waschräume von den Gästen nicht immer tadellos verlassen werden, sondern ganz im Gegenteil: oftmals „ekelhaft schmutzig“. „Menschen urinieren neben die Schüssel und werfen benutztes Toilettenpapier auf den Boden“, so die Insiderin. Dieses benutzte Toilettenpapier weise nicht selten offensichtliche und übelriechende Gebrauchsspuren auf. Wenn Mitglieder der Kabinencrew diese beseitigen, dann hat das einzig Kulanzgründe – auch ein Gast, der so etwas vorfindet, würde vermutlich reagieren. Zum Flugbegleiter-Jobprofil gehöre das Putzen der Toilette definitiv nicht, auch aus Hygienegründen.

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Putzen ist nicht Teil des Berufsprofils

Eine Kollegin ist da deutlich rigoroser. Purserin Karin F.* „mache keine kleinen oder großen Unfälle weg, auch keine Wassertropfen oder sonstige Flüssigkeiten, die Passagiere hinterlassen“, erklärt sie TRAVELBOOK. Denn in ihrem Arbeitsvertrag stehe nichts von (Toiletten-)Putzen. In den Besatzungen gebe es immer mal Mitarbeiter, die es etwas anders sehen. „Sie ziehen sich Gummihandschuhe an und los geht die Putzaktion. Mach ich nicht, muss ich nicht“, so die ranghöchste Flugbegleiterin, „würde ich mir niemals vorschreiben lassen.“

Die Regelungen der Airlines geben ihr recht. So ist es mitunter üblich, dass Toiletten, die zum Beispiel aufgrund von Verunreinigung oder eines Defekts nicht mehr benutzbar sein, für die verbleibende Dauer des Fluges gesperrt und nach der Landung dann vom zuständigen Bodenpersonal gereinigt werden.

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Flugbegleiter schauen zwischendurch immer mal in den Waschräumen nach, ob es im Reiseverlauf womöglich zu Verunreinigungen gekommen ist, die andere Gäste als störend empfinden könnten. Hier kann es schon mal dazu kommen, dass sie mit einem Lappen verbliebene Wassertropfen vom Waschbecken entfernen – ein kurzer Handgriff, den eigentlich der verantwortliche Fluggast selbst hätte übernehmen sollen. In den Toilettenkabinen sind nicht ohne Grund entsprechend beschriftete Schilder angebracht, die im Fall einer Unachtsamkeit daran erinnern. Kloputzen ist allerdings bei keiner Airline Teil der Jobbeschreibung der Crew.

* Namen durch die Redaktion geändert, die Flugbegleiterinnen wollen anonym bleiben

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