VG Wort
Direkt zum Inhalt wechseln
logo Deutschlands größtes Online-Reisemagazin
„Eruv“

Warum über Manhattan eine lange Nylonschnur gespannt ist

Nylonschnur über Manhattan
Über den Häusern weiter Teile Manhattans verläuft eine kaum sichtbare Nylonschnur. Warum, erzählen wir Ihnen hier. Foto: Getty Image

01.07.2022, 10:55 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten

Den Himmel über Manhattan zieren Wolkenkratzer, Leuchtreklamen – da fällt eine fast durchsichtige, wenn auch kilometerlange Nylonschnur zwischen den Dächern kaum auf. Doch so unscheinbar, so bedeutungsvoll ist sie für eine ganze Bevölkerungsgruppe. Lesen Sie bei TRAVELBOOK, was dahintersteckt.

Artikel teilen

Rund 40 Quadratkilometer umfasst die Nylonschnur, die zwischen 1st und 126 Street quer durch den Stadtbezirk Manhattan gespannt ist. Touristen nehmen sie wohl kaum wahr, und selbst viele New Yorker dürften die durchsichtige Schnur noch nie bemerkt haben. Dabei hat der unscheinbare sogenannte Eruv eine lange Tradition, ebenso übrigens an anderen Orten mit einer großen jüdischen Bevölkerung.

Nylonschnur hilft orthodoxen Juden an Feiertagen

Der Eruv ist eine Art symbolische, erweiterte Umrahmung der Wohnbereiche in Manhattan lebender orthodoxer Juden. Dadurch können sie sich – so lange der Eruv sich über ihren Köpfen befindet – wie in ihrem privaten Bereich verhalten. Die Nylonschnur ist wie eine Begrenzung eines Gebiets zu verstehen, vergleichbar mit einer Siedlung. Aber: Warum das Ganze?

Eruv macht das Einhalten religiöser Regeln leichter

Im Judentum ist am Schabbat, dem einmal wöchentlich stattfindenden Ruhetag, das Verrichten von Arbeiten verboten. Dies schließt das Nutzen von Elektrizität, also etwa das Betätigen von Lichtschaltern, sowie das Bedienen von Maschinen (z. B. Autos) mit ein – und selbst das Schieben eines Kinderwagens. Auch dürfen orthodoxe Juden an Schabbat keine Geschäfte verrichten und dafür Geld anfassen. Diese Regeln können den Aufenthalt in der Öffentlichkeit erschweren.

Im privaten Bereich hingegen – und dazu zählen mitunter auch durch Grenzen definierte beispielsweise Siedlungen – ist einiges, was draußen nicht geht, erlaubt. Die Nylonschnur Eruv steht stellvertretend für eine solche Begrenzung.

Instandhaltung des Eruv ist wichtig – und teuer

Um ihre Funktion zu erfüllen, muss die Nylonschnur intakt sein. Dies wird jede Woche Donnerstag durch einen Rabbiner kontrolliert. Durch Witterungen kann es immer mal wieder zu kleinen Löchern kommen, die es gilt, rechtzeitig vor Schabbatbeginn am Freitagabend zu reparieren. Das sei schon oft sehr knapp geworden, berichtete dazu Rabbiner Adam Mintz, Co-Präsident des Manhattaner Eruv, der Rundfunkanstalt „NPR“. Bisher habe es aber – zum Glück der orthodoxen Gemeindemitglieder – bis auf einziges Mal immer geklappt.

Die Instandhaltung ist sehr aufwändig, denn das zuständige Team muss jeden kleinen Fehler erkennen und per Hand ausbessern. Die Kosten dafür sind mit rund 125.000 bis 150.000 US-Dollar, bzw. 119.000 bis 143.000 Euro recht hoch. Sie werden von den Synagogen und privaten Spendern getragen.

Errichtung eines Eruv
Ein Eruv muss von Hand angebracht und repariert werden Foto: Getty Images

Auch interessant: 13 Dinge, die man in New York besser vermeidet

Mehr zum Thema

Einen Eruv gibt es nicht nur in New York

Die Nylonschnur über Manhattan ist in den 1960er Jahren errichtet worden. Und sie ist nicht die einzige ihrer Art: Rund 200 Orte in Nordamerika, in denen viele orthodoxe Juden leben, sollen einen Eruv haben.

Eruv über Malden, Massachusetts
Einen Eruv gibt es neben Manhattan auch an anderen Orten mit einer großen jüdischen Bevölkerung, beispielsweise in Malden, Massachusetts Foto: Getty Images
Themen: #gyg
Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.