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TRAVELBOOK vor Ort

Zu Besuch auf der coolsten Straße der Welt

High Street Melbourne
Die High Street in Melbourne ist die coolste Straße der Welt 2024. TRAVELBOOK-Autorin Anna Wengel (jetzt Chiodo) hat sie besucht. Foto: Anna Wengel (jetzt Chiodo)
Anna Wengel
Freie Autorin

29.03.2024, 13:54 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Die High Street in der australischen Stadt Melbourne wurde kürzlich vom Magazin „Time Out“ zur coolsten Straße der Welt gekürt. Unsere Autorin Anna Wengel (jetzt Chiodo) ist hingefahren und hat sich umgesehen.

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Ein Surfertyp mit langen braunen Locken lenkt seinen Pick-up lässig vorbei an einer Schlange Teenager, die mich mit ihren schwarz umrandeten Augen und gefärbten Haaren in ihren schwarzen, nietenbesetzten Hosen und ledernen Schnür-Oberteilen stark an meine eigene Teenagerzeit in den Zweitausender-Jahren erinnern. Ein Stück weiter steht eine Mittzwanziger-Frau in Leggins und Hoodie mit ihrem Mini-Zwergpudel vor der Glastür der Puppy Preschool, übersetzt also einer Welpen-Vorschule. Und noch ein Stück weiter öffnet sich eine schmale, nichts sagende Holztür. Gerade weit genug, um die dahinter liegende Bar zu offenbaren. Und mit ihr ihre Schlaghosen, Locken-Vokuhila und Oversized-Op-Shop-Funde tragenden Besucher im Hipster-Dekor aus Pflanzen, Holz und übergroßen, frei baumelnden Glühbirnen, eingehüllt in sanfte Lounge-Klänge. Willkommen auf der High Street in Melbourne, der coolsten Straße der Welt 2024.

High Street Melbourne
Melbournes High Street in Northcote Foto: Anna Wengel (jetzt Chiodo)

Mit diesem Titel geschmückt wurde die knapp 17 Kilometer lange High Street in der australischen Stadt Melbourne kürzlich vom Magazin „Time Out“ (TRAVELBOOK berichtete). Die Straße führt von der Innenstadt aus gesehen von Fityroz North/ Northcote nach Epping und damit fast an die Stadtgrenze Greater Melbournes. Wer es genau wissen will: von der Queens Parade bis zur Findon Road. „Time Out“ bezieht sich in seiner Straßenbeschreibung auf den Abschnitt von Northcote über Thornbury bis nach Preston. Bei genauem Hinsehen das Hipsterparadies der High Street. Und ein Ort, an dem das Gestern, Heute und Morgen von Melbourne Wand an Wand stehen. Melbournes High Street ist ein Nostalgiemoment. Eine Welt im Kleinformat. Ein Schlaraffenland, ein Kreativort und ein Shopping-Hotspot mit Boutiquen wie Second-Hand-Geschäften. Außerdem ein Ort kleiner hipsteriger Merkwürdigkeiten.

Melbournes High Street ist die coolste Straße der Welt

Ich beginne meinen Spaziergang durch die High Street nahe der Innenstadt Melbournes, dem CBD, an ihrem Anfang in Northcote. Bereits nach wenigen Metern entdecke ich das Haus, das mit dem Titel „coolste Stadt“ um die Welt gegangen ist. Ein blau bemaltes Gebäude mit einer großen Fahrradfahrerin im rot-geblümten Kleid darauf, auf dem „The Fruit Pedallers“ und „Organic Foodstore & Clinic“ geschrieben steht. Ein Ort, von dem mein aus Melbourne stammender Mann mir erzählt, auch er habe hier früher oft eingekauft und die Bio-Lebensmittel seien um einiges günstiger als beispielsweise in einem normalen Supermarkt.

Melbourne High Street
Der Organic Food Store auf der High Street Foto: Anna Wengel (jetzt Chiodo)

Dieser Teil der High Street, mit ihrem Grunge-Look, den diversen Cafés, Second-Hand-Läden, Yoga-Studios und allerlei anderen Einzelhandelsgeschäften auf beiden Seiten, wird an diesem Freitagnachmittag von vielen Autos, Bussen, Fahrradfahrern und Fußgängern befahren und begangen. Und ich wundere mich ein wenig, hatte ich mir die coolste Straße der Welt vielleicht nicht unbedingt vierspurig vorgestellt. Gleichzeitig erscheint sie in Teilen wie ausgestorben, haben etliche Geschäfte links und rechts geschlossen. Die Straße führt weiter über einen Teil ohne Geschäfte, linker Hand wird eine Reihe hübscher kleiner Einfamilienhäuser sichtbar, neben mir donnert eine Tram vorbei, die mir erscheint, als führe sie schon viele Jahre hier entlang. Dann bin ich bereits im nächsten geschäftigeren Teil der High Street angekommen ­– umgeben von zahlreichen Cafés, Geschäften und Restaurants. Und einmal mehr werden Erinnerungen an Berlin wach. Gerade hier fällt der Vergleich zum Neukölln von vor vielleicht zehn Jahren wegen der multikulturellen Geschäfte und Restaurants und dem dreckigen Grunge-Charme leicht.

Multikulturelle Esskultur

Hungrig geworden betrete ich ein vietnamesisches Restaurant und freue mich zugleich über die authentische Einfachheit. Der Kellner spricht kaum Englisch, die Dekoration ist funktional und das Essen schmeckt fast genau wie in Vietnam. Mehrfach vertreten, befinden sich die vietnamesischen Restaurants in guter Gesellschaft. Denn hungrig bleibt hier kaum jemand. Restaurants sind auf Melbournes High Street überrepräsentiert und die Auswahl ist groß: mexikanisches Streetfood, Japanisch, Pan-asiatisch, Indisch, Thailändisch, Äthiopisch, Pizza und Burger, Griechisch, ein Café, das das portugiesische Nationalküchlein Pastel de Nata anpreist und viele mehr. Daneben jede Menge Cafés mit dem für Melbourne berühmten erstklassigen Kaffee. Denn Melbourne hat bekanntermaßen nicht nur die coolste Straße der Welt. Es ist auch die Kaffee-Hauptstadt der Welt.

Mehr dazu hier: 13 Dinge, die man in Melbourne unbedingt sehen und tun sollte

Ein Grund dafür dürften die vielen italienischstämmigen Australier sein, die im vergangenen Jahrhundert nach Melbourne (und andernorts) ausgewandert sind und eine eigene kleine Sub-Gesellschaft etabliert haben. So schwärmt etwa mein italienisch-australischer Schwiegervater von den glamourösen Zeiten der Italiener auf der High Street, als ich ihm von diesem Artikel erzähle. Und auch heute noch sind Italiener in dieser Straße stets präsent. Ganz besonders im Thornbury-Teil. Italienische Restaurants mit den typischen, mit Tischdecken bedeckten Tischen stehen an mehreren Orten auf dem Bürgersteig. Ich warte förmlich darauf, dass Tony Soprano und seine Mafia-Kollegen um die nächste Ecke biegen und auf den einfachen Stühlen Platz nehmen. Der Little-Italy-Vibe ist spürbar. Und er ist auch namentlich sichtbar, etwa auf einem Schild, das nicht nur die Existenz der dort ansässigen „Lawyers & Attorney“ anpreist, sondern zusätzlich auch zu „Avvocati e Notaii“ übersetzt.

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Hipster, Künstler und Architektur

Melbourne High Street
Künstler haben sich überall auf Melbournes High Street verewigt Foto: Anna Wengel (jetzt Chiodo)

Neben den italienischen Einflüssen sind es viele weitere, die die High Street zu dem spannenden Minikosmos machen, der sie ist. Besonders präsent sind die hipsterigen Einflüsse und zahlreichen kleinen Geschäfte und Boutiquen, Cafés und Restaurants ebenso wie die vielen Künstler, die sich an Hauswänden und in Galerien verewigt haben. Nicht zuletzt ist es auch die Architektur der High Street. Die zeigt sich als Gemisch aus hübschen alten viktorianischen Bauten, noch älter anmutenden Gebäuden wie zum Beispiel dem Theater und gleichzeitig Neubauten. Kaum ein Gebäude ist hoch, die meisten kommen mit einem Erdgeschoss und einem ersten Stockwerk aus. Und so wirkt die Straße bei all ihrer Breite gleichzeitig gedrungen.

Melbourne High Street
Zahlreiche kleine Geschäfte und Restaurants stehen auf der beliebten Straße nebeneinander Foto: Anna Wengel (jetzt Chiodo)

Dieser Eindruck verstärkt sich, als es gegen sechs schließlich voller wird, die Straße mehr und mehr zum Leben erwacht. Restaurantstühle auf den Bürgersteigen füllen sich. War die Kleidung zuvor noch typisch Melbourne stylish-leger, sind auf einmal High Heels und Kleider und weitaus mehr Make-up zu sehen. Es ist Freitagabend auf der High Street in Melbourne.

Themen Australien
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