Zum Inhalt springen
logo Deutschlands größtes Online-Reisemagazin
Lagunenstadt droht zu versinken

Radikale Pläne! Venedig soll durch Anhebung gerettet werden

Rettung für Venedig durch Anhebung?
Ohne Anhebung könnte Venedig in den kommenden Jahren komplett versinken Foto: Getty Images

6. Mai 2025, 10:30 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Ihre einzigartige Schönheit zieht jedes Jahr unzählige Besucher nach Venedig. Doch Overtourism ist nicht das einzige Problem der norditalienischen Stadt: Sie sinkt kontinuierlich, während gleichzeitig der Meeresspiegel infolge des Klimawandels steigt. Seit Jahren bereits sagen Experten Venedig den Untergang voraus. Nun jedoch sollen ambitionierte Pläne diesem Szenario Einhalt gebieten.

Artikel teilen

TRAVELBOOK berichtete über eine Studie der US-Organisation Climate Central, die nach der Auswertung von Satellitendaten und Modellen zeigt, welche Städte durch den steigenden Meeresspiegel bald verschwinden könnten. Den Berechnungen zufolge wird Venedig bis spätestens 2100 vollständig unter Wasser stehen. Eine dramatische Prognose – die jedoch eigentlich niemanden überraschen sollte. Denn es ist bekannt, dass die „schwimmende Stadt“ jährlich um rund 1 bis 2 Millimeter absinkt. Einer der Gründe: Venedig wurde auf Holzpfählen im weichen Boden der Lagune erbaut, der sich als natürliche Reaktion langsam absenkt. Hinzu kamen Grundwasserentnahmen in den 1960er- und 1970er-Jahren, die das Absinken noch beschleunigten. Weiterhin ist bekannt, dass sich die Ozeane infolge des Klimawandels ausdehnen und der Meeresspiegel weiter steigt. Dass diese Kombination in einer Katastrophe enden könnte, will nun ein italienischer Ingenieur verhindern.

Ingenieur will Venedig durch Anhebung retten

Bislang schützte das Sturmflutsperrwerk „Mose“ Venedig vor Hochwasser. Es nutzt 78 mobile Barrieren, die bei Hochwasser aktiviert werden, genauer gesagt die Lagune vom Meer trennen, indem sie durch Pressluft angehoben werden. Die Schutzmaßnahme ist seit 2020 in Betrieb – und das relativ häufig. Kritiker befürchten, dass sie das empfindliche Ökosystem der Lagune stört, da die Barrieren die natürliche Zirkulation des Wassers behindern. Ebenso werfen hohe Kosten des Projekts – diese liegen weit über einstigen Schätzungen – sowie Verzögerungen und Korruptionsvorwürfe Schatten auf den Ruf des Systems. Erfahren Sie mehr darüber hier.

Pietro Teatini, Ingenieur an der Universität Padua, will da eine bessere Idee haben. An ihr arbeite er nunmehr bereits seit den 1970er-Jahren, wie aktuell „CNN“ berichtet. Sein Vorschlag sieht vor, Wasser in tiefe Erdschichten unter Venedig zu pumpen. Auf diese Weise soll der zu sinken drohende Boden angehoben werden, und zwar um rund 30 Zentimeter. Endgültig gebannt sei die Gefahr dadurch nicht. Sie würde Venedig jedoch etwas Zeit verschaffen, glaubt Teatini, um eine dauerhafte Lösung zu finden.

Auch interessant: Venedig führt Online-Portal für Eintrittsgebühr ein

Details der radikalen Pläne – und deren mögliche Vorzüge

Konkret soll das Wasser in die unterhalb der Lagunenstadt liegenden Aquiferen gepumpt werden. Aquiferen sind grundwasserführende Gesteinsschichten aus Sand, Kies oder porösem Gestein, die bis zu 1000 Meter tief reichen und Wasser speichern können. Dies soll durch ein Netzwerk von Brunnen im Umkreis von zehn Kilometern rund um Venedig erreicht werden, berichtet „CNN“. Eine dicke Lehmschicht unter der Lagune soll verhindern, dass Wasser nach oben dringt. Dadurch werde eine gleichmäßige Anhebung der Stadt gewährleistet, ohne Schäden an den historischen Gebäuden zu verursachen.


BILD Reisen: Jetzt die besten Hotels in Venetien entdecken!

In gewisser Weise will Pietro Teatini, der an der Universität Padua als Professor für Hydrologie und Hydraulic Engineering tätig ist, das Gegenteil dessen versuchen, was Mitte des 20. Jahrhunderts passierte. Wie oben bereits erwähnt, wurde im Industriegebiet von Marghera Grundwasser entnommen. „Auf dieser Grundlage entstand die Idee“, erklärt er „CNN“, „warum nicht das Gleiche tun? Wir entwickeln Bohrungen, bei denen wir das Wasser nicht fördern, sondern verpressen.“

Vor der Anhebung sind in Venedig Testbohrungen geplant

Was auf den ersten Blick vielleicht radikal erscheint, bietet sich in den Augen des Ingenieurs absolut an. Denn da Venedig an einer Lagune liegt – diese öffnet sich zur salzhaltigen Adria –, mangele es dort nicht an Salzwasser. Das ist entscheidend, erklärt er. Denn so würden keine Süßwasserreserven beeinträchtigt, und es müsste auch kein Wasser von weit her herangeschafft werden.

Doch klar gibt es auch Risiken. Etwa könnte ein zu enger Bohrradius Gebäudeschäden verursachen. Vielleicht haben Sie den Film „Casino Royale“ (2006) gesehen: In dem James-Bond-Teil stürzt in einer Szene, die in Venedig spielt, ein Gebäude in den Kanal. Solche Ereignisse wolle man in der Realität vermeiden. Vor der großflächigen Umsetzung soll zunächst ein Testlauf erfolgen. Wie aus dem „CNN“-Beitrag hervorgeht, ist eine Probe-Bohrung mit einem Durchmesser von etwa 20 Zentimetern in bis zu 1000 Meter Tiefe geplant. Am unteren Ende werde ein Filter angebracht und darüber eine Pumpe installiert. Wenn das Wasser langsam in die unterirdischen Speicher sickert, hebt sich das darüberliegende Land allmählich. Durch die ringförmig angeordneten Brunnen könnte sich dadurch der Boden in der zentralen Lagune gleichmäßig anheben. Dies sei ein entscheidender Vorteil, denn ein ungleichmäßiges Anheben einzelner Inseln könnte zu Instabilität führen, so Teatini.

Es gibt Bedenken, und noch keinen Starttermin

Das von Teatini vorgeschlagene Verfahren mag oberflächliche Ähnlichkeiten mit Fracking haben, da Wasser unter Druck in den Boden gepumpt wird. Doch diesen Vergleich weist Teatini entschieden ab. Ein wichtiger Unterschied liege darin, betont er, dass der Pumpvorgang kontrolliert ablaufen soll und dadurch das Aufbrechen von Gestein verhindert wird. Er betont die Notwendigkeit eines ersten Pilotprojekts. Dieses sei zwar in Planung, ein konkreter Termin für den Start der Bohrungen ist aber nicht bekannt.

Bedenken bleiben. Kritiker warnen vor geologischen Risiken und fürchten, dass insbesondere schnelles oder punktuelles Pumpen unvorhergesehene Folgen haben könnte. Auch könnten wieder hohe Kosten entstehen. Die ersten Tiefbohrtests könnten relativ kostengünstig (30–40 Millionen Euro) durchgeführt werden, doch die vollständige Umsetzung würde deutlich höhere Kosten verursachen.

Themen BILDreisen Venedig

Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung unseres Angebots mit Tracking und Cookies widerrufen. Damit entfallen alle Einwilligungen, die Sie zuvor über den (Cookie-) Einwilligungsbanner bzw. über den Privacy-Manager erteilt haben. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit Tracking und Cookies entscheiden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Widerruf aus technischen Gründen keine Wirksamkeit für sonstige Einwilligungen (z.B. in den Empfang von Newslettern) entfalten kann. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an datenschutz@axelspringer.de.