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Ihre Fertigstellung kostete zahlreiche Menschenleben

Brooklyn Bridge – wie eine deutsche Familie die New Yorker Ikone baute

Brooklyn Bridge
Die Brooklyn Bridge ist eines der berühmtesten New Yorker Wahrzeichen. Doch kaum jemand weiß, dass sie von einer deutschen Familie geplant und gebaut wurde Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

19.04.2022, 06:15 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Seit 1883 überspannt die Brooklyn Bridge den New Yorker East River und verbindet die beiden Stadtteile Manhattan und Brooklyn. Doch kaum jemand weiß, dass diese technische Meisterleistung einst von einer deutschen Familie gebaut wurde. Doch diese zahlte einen hohen Preis für ihren Erfolg.

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Die Brooklyn Bridge ist aus dem Stadtbild von New York genauso wenig wegzudenken wie die Freiheitsstatue oder das One World Trade Center. Seit 1883 verbindet sie über den East River hinweg die beiden Statteile Manhattan und Brooklyn und wird pro Tag von etwa 150.000 Autos und nochmal so viel Fußgängern überquert. Nur die wenigsten von ihnen dürften aber wissen, was für eine technische Meisterleistung der Bau der Brücke einst war. Und dass eine deutsche Familie die New Yorker Ikone baute.

Es ist das Jahr 1867, als laut „History“ der deutsche Einwanderer John Augustus Roebling von der Stadt New York den Zuschlag für den Bau der Brooklyn Bridge erhält. Roebling, der in Berlin Industrie-Ingenieurswesen studierte, hat sich bereits mit zwei spektakulären Brücken über die Niagara-Schlucht respektive den Ohio River einen Namen gemacht. Er selbst betreibt erfolgreich eine Drahtseil-Produktion. Das damals neuartige Material verwendet er auch bei seinen Bauwerken.

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Der Tod des Visionärs

Brooklyn Bridge
Die Brooklyn Bridge überspannt den East River und verbindet Manhattan und Brooklyn Foto: Getty Images

Hängebrücken gibt es zur damaligen Zeit zwar bereits zahlreiche in den USA, sie gelten jedoch immer noch als anfällig unter starken Winden bzw. zu schwerer Belastung. Umso mehr Aufsehen erregt Roeblings Plan, die insgesamt gut 1800 Meter lange Brooklyn Bridge zu bauen, die damit bei weitem die längste auf der ganzen Welt wäre. Zwei Jahre bringt der deutsche Ingenieur mit der Planung für den Brückenbau zu, der im Jahre 1869 dann endlich beginnen soll. Doch diesen stolzen Moment erlebt Roebling leider nicht mehr.

Als er einige finale Messungen für den Bau der Brooklyn Bridge vornimmt, zerquetscht ein Boot ihm mehrere Zehen an einem Fuß. In der Folge erkrankt Roebling an Tetanus und stirbt drei Wochen nach dem Unfall, noch bevor überhaupt der erst Spatenstich für sein Meisterwerk gesetzt ist. Nun übernimmt sein 32 Jahre alter Sohn Washington A. Roebling die Aufsicht über die Bauarbeiten. Gemeinsam mit seinem Vater hatte er an den Plänen für die Brooklyn Bridge gearbeitet, mit ihm vorher auch schon andere Projekte realisiert.

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Schreckliche Arbeitsbedingungen

Doch auch Washington Roebling ereilt ein schlimmes Schicksal, verursacht durch die harten Arbeitsbedingungen, die beim Bau der Brooklyn Bridge herrschen. Denn um die Stützpfeiler der Brücke zu setzen, muss unter Wasser in sogenannten Tauchkästen geschuftet werden. Diese befüllt man mit Druckluft, um das Eindringen von Wasser zu verhindern. In der Folge sterben aber zahlreiche Arbeiter an einem schrecklichen Phänomen namens Dekompressionskrankheit.

Schon innerhalb der Tauchkästen sind die Arbeitsbedingungen harsch. Die warme Druckluft verursacht den Arbeitern mitunter schlimme Kopfschmerzen, Juckreiz, Nasenbluten oder verlangsamten Herzschlag. Die wahre, tödliche Gefahr stellt jedoch der Tauchgang zum Arbeitsplatz unter Wasser dar. Dieser geschieht mittels eines Airlock genannten, mit Druckluft befüllten Eisencontainers. Die dadurch mitunter auftretende Dekompressionskrankheit wird laut „Apotheken Umschau“ durch Gasbildung im Blut hervorgerufen.

Eine Frau als Brücken-Chefin

Brooklyn Bridge
Neben unzähligen Autos überqueren pro Tag auch etwa 150.000 Fußgänger die Brooklyn Bridge Foto: Getty Images

Denn je tiefer man taucht, desto höher der Umgebungsdruck. Und desto höher damit auch die Konzentration von Stickstoff im Blut und Gewebe. Beim langsamen Auftauchen wird dieser Stickstoff dann wieder vom Gewebe ans Blut abgegeben, da der Umgebungsdruck nun wieder fällt. In den Airlocks gelangten die Arbeiter allerdings in der Regel schnell wieder an die Wasseroberflächen, nicht selten mit fatalen Folgen. Der Stickstoff in ihrem Körper wurde dann zu schnell wieder ins Blut abgegeben, es traten mitunter Sprachstörungen und Krämpfe auf, aber auch Lähmungen und im schlimmsten Fall zum Tod führende Lungenembolien.

Über hundert Arbeiter erlitten während der Bauarbeiten an der Brooklyn Bridge die Dekompressionskrankheit. Mehr als zwei Dutzend verloren dadurch bzw. durch andere Arbeitsunfälle ihr Leben. Washington Roebling selbst blieb nach einem Tauchgang für den Rest seines Lebens gelähmt. In der Folge übergab er die Aufsicht über die Bauarbeiten an seine Frau Emily Warren Roebling. Diese führte sie bis zur Fertigstellung der Brücke dann noch elf Jahre, eignete sich dafür selbst die entsprechenden Kenntnisse an. Ihr Mann musste den Bau der Brücke fortan von seinem Haus aus per Fernglas verfolgen.

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Ein astronomisch teures Wunder

Brooklyn Bridge
Die Skyline von Manhattan zeichnet sich hinter der Brooklyn Bridge ab. Als diese gebaut wurde, war Brooklyn noch eine eigene Stadt Foto: Getty Images

Laut „Encyclopedia Britannica“ suchen noch zahlreiche Unfälle den Bau der Brooklyn Bridge heim, bevor diese endlich eingeweiht werden konnte. Mal bricht ein Feuer aus, dann explodiert einer der Tauchkästen. Ein bereits verankertes Kabel reißt wieder und stürzt in den Fluss, und schließlich macht ein Betrug durch einen Eisendraht-Zulieferer den Austausch von Tonnen an Kabeln notwendig.

Doch am 24. Mai 1883 ist es dann endlich soweit. Mit einer großen Zeremonie wird die Brooklyn Bridge „History“ zufolge von US-Präsident Chester A. Arthur und dem New Yorker Bürgermeister Grover Cleveland eingeweiht. Emily Warren Roebling darf sie als erste überqueren, auf ihrem Schoß ein Hahn als Symbol des technischen Triumphs. Innerhalb der ersten 24 Stunden laufen 150.000 Fußgänger über die Brücke. Unzählige Menschen feiern die Einweihung dessen, was zumindest in New York bald als das „achte Weltwunder“ bekannt war. Auch dessen Kosten waren wahrhaft märchenhaft: 15 Millionen Dollar, was einem heutigen Gegenwert von 320 Millionen Dollar entspricht.

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Massenpanik und ein Zirkus

Doch noch ist die Brooklyn Bridge längst nicht die Ikone New Yorks, als die wir sie kennen. Und das liegt an einem heute skurril erscheinenden Umstand. Denn viele Menschen haben anfänglich Angst, die damals längste Hängebrücke der Welt zu benutzen. Wie „Architectural Digest“ berichtet, kommt es zudem kurz nach der Eröffnung zu einer Massenpanik mit zwölf Toten, als eine Frau auf der Brooklyn Bridge stolpert. Es bedarf schließlich eines einzigartigen Kunstgriffs, um das Vertrauen der New Yorker in „ihre“ Brücke doch noch zu wecken.

Denn um die Belastbarkeit der Brooklyn Bridge zu beweisen, schickt man einfach kurzerhand einen kompletten Zirkus drüber. Am 17.Mai 1884 überquert dieser mit seinen 21 Elefanten die volle Länge der Brücke. Zur 100-Jahr-Feier der Brooklyn Bridge feiern dann laut dem Nachrichtensender „CBS“ eine Million Menschen ausgelassen auf dem Bauwerk. Am 11.September 2001 wird sie zum Symbol einer nationalen Tragödie, als Menschen sie benutzen, um nach den Anschlägen auf die Zwillingstürme des World Trade Center zu fliehen.

Heute besuchen pro Jahr laut der Seite „Go New York“ jährlich mehr als eine Million Menschen die Brooklyn Bridge. Sie ist längst eines der berühmtesten Bauwerke von New York und den Vereinigten Staaten. Und dieses verdanken die USA einer deutschen Einwanderer-Familie.

Themen New York USA
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