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„Entschuldigung, meine Sitzreihe ist weg“

Mein irrer Chaos-Flug von München nach Berlin

Die niederländische Fluggesellschaft Transavia wird spätestens im Oktober ihren einzigen Standort in Deutschland (München) schließen
Die niederländische Fluggesellschaft Transavia wird spätestens im Oktober ihren einzigen Standort in Deutschland (München) schließen Foto: Getty Images
Torsten Johannknecht

22.04.2018, 12:25 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Im Februar 2017 wollte TRAVELBOOK-Redakteur Torsten Johannknecht eigentlich nur von München nach Berlin fliegen. Aber die niederländische Fluggesellschaft Transavia hatte daraus leider ein echtes Erlebnis gemacht. Dass ein Flug fast eine Stunde Verspätung hatte, kann ja mal passieren – aber die Art und Weise, wie Transavia das hinbekommen hatte, war schon erstaunlich. Ein Erlebnisbericht.

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Bunte Bändchen werden verteilt

Eigentlich deutete an diesem Sonntag nichts darauf hin, dass Transavia-Flug HV9515 um 19.30 Uhr von München nach Berlin (geplante Landung 20.40 Uhr) in einem solchen Chaos enden würde. Denn bis zum Boarding lief alles nach Plan. Als dann aber eine zittrige Stimme den wartenden Passagieren am Gate erklärte, was jetzt mit dem Handgepäck passieren solle, machte sich erste Verständnislosigkeit breit.

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Die Dame sagte, mit nur einem Handgepäck könne man sich ein grünes Bändchen abholen, mit zweien ein rotes oder eben alles in ein Gepäckstück packen. Auf jeden Fall müsse jedes Stück ein Bändchen haben. Das fällt den Menschen um kurz nach 19 Uhr ein, wo doch unser Flieger gleich starten soll?

Das Chaos beginnt, denn gefühlt jeder zweite Passagier wird aus der Warteschlange herausgebeten. Hinzu kommt, dass der Bordkarten-Scanner offensichtlich spinnt, denn etliche Reisende müssen per Hand an einem anderen Computer eingegeben werden. So auch ich. Warum auch immer.

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Bordkarten-Scan nicht möglich! »Gehen Sie einfach durch

Das Bodenpersonal ist nicht freundlich und zuvorkommend, sondern eher genervt und überfordert. Sie könne mich jetzt nicht am Scanner registrieren, ich solle einfach durchgehen, sagt mir die Mitarbeiterin. Na, das ist doch mal vertrauenserweckend. Mit meinem einen Handgepäckstück steige ich also in den Bus, der uns zum Transavia-Flieger bringen soll. Zumindest hoffen wir das, denn mehr als 20 Minuten lang tut sich: nichts. Vereinzelt steigen immer mal wieder Passagiere zu, aber ob wir jemals zu unserem Flugzeug kommen, weiß wahrscheinlich noch nicht mal der Busfahrer. Ältere Menschen im Bus müssen sich setzen, weil die Luft zunehmend schlechter wird. Zum Glück kippt niemand um.

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Plötzlich freie Platzwahl – trotz Sitzplatzreservierung

Endlich am Flieger angekommen ist die Stimmung bei allen Reisenden schon im Keller, dabei wartet das große Chaos erst noch auf uns. Denn nachdem die überforderte Flugbegleiterin allen Einsteigenden sagte, man solle sich auf irgendeinen freien Platz setzen, gibt es turbulente Szenen an Bord.

Weil die Maschine offensichtlich geschrumpft ist (letzte Reihe ist Nr. 26, mein Sitz wie erwähnt in Reihe 31), ist auch für das Handgepäck weniger Platz. Ich erhasche einen freien Platz am Gang, meinen Rucksack allerdings muss ich zehn Reihen weiter vorne in die Ablage stopfen. Als ich mich wieder durch die Menschenmenge im Gang zurück zu meinem Sitz gekämpft habe, ist mein Platz besetzt. Zum Glück kann ich den Herren überzeugen, dass das mein Sitz sei.

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Passagiere müssen Gepäckstück auf den Schoß nehmen

Als wie durch ein Wunder alle Menschen einen Platz gefunden haben, stehen noch zwei oder drei große Gepäckstücke im Gang. Die Flugbegleiter müssen umräumen und bitten Passagiere, ihr Gepäck während des Flugs auf den Schoß zu nehmen – was natürlich nicht zu einer besseren Stimmung beiträgt.

Von Beinfreiheit keine Spur, die Knie schmerzen
Von Beinfreiheit keine Spur, die Knie schmerzen Foto: Torsten Johannknecht

Dass ich auf meinem Platz eigentlich gar nicht sitzen kann, weil ich aufgrund meiner Körperlänge dem Vordermann meine Knie in den Rücken bohre, kann ich jetzt auch nicht mehr ändern. Offiziell ist der Sitzabstand laut „Seat Pitch“ so groß wie bei Easyjet oder Ryanair, was ich kaum glauben kann. Wenn’s schon nicht läuft, dann kommt auch gleich alles zusammen…

Normalerweise dauert ein Flug von München nach Berlin knapp unter einer Stunde. Dieser Flug hatte aber allein mehr als 50 Minuten Verspätung, denn wir sind erst gegen 20.20 Uhr losgerollt – und mussten dann noch unsere Flügel enteisen lassen.

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»Bitte verlassen Sie die Maschine ganz schnell

Bei der Landung in Berlin wieder Chaos, denn das Gepäck der meisten Passagiere ist nicht selten mehrere Reihen entfernt, sodass es mal riiiiichtig lange dauert, bis alle ausgestiegen sind.

Ich habe anschließend bei der niederländischen Fluggesellschaft Transavia – übrigens eine Tochter von Air France-KLM – nachgefragt und um eine Information gebeten, warum beispielsweise nicht ein Wort der Erklärung für die Verspätung oder mindestens eine Entschuldigung kommuniziert wurde. Eine erste Reaktion gab es auf diesen Artikel – in Form eines Tweets:

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Die niederländische Airline hatte offenbar auch keinen Grund, eine Charmeoffensive bei deutschen Passagieren zu starten: Transavia schloss 2017 die Basis in München. Mittlerweile (Stand April 2018) gibt es nur noch zwei Transavia-Flüge in Deutschland: einen von München nach Amsterdam, der andere von Berlin nach Nantes (Frankreich).

Damals gab es dann doch noch eine E-Mail, in der sich Transavia entschuldigt. In der Mail heißt es: „Ich bedauere, dass Sie enttäuscht waren von unserem Service. Die entstandenen Unannehmlichkeiten in diesem Zusammenhang gehen nicht einher mit dem Qualitätsstandard, den unser Service bietet. Dafür möchte ich mich entschuldigen.“

Später erklärt Norbert von der Kundenbetreuung der Airline, dass aufgrund eines technischen Problems der komplette Flug auszufallen drohte. „Um das zu verhindern, hat Transavia eine andere Maschine organisiert. Unglücklicherweise gab es in der Maschine weniger Sitze.“

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