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Skurriles Milliardengrab

Nach wenigen Monaten geschlossen! Diese Pyramide sollte Atomraketen abwehren

„die Pyramide“
Skurriles Gebäude mit einer verrückten Geschichte: „Die Pyramide“ in den Weiten von North Dakota ist ein einzigartiges Relikt des Kalten Krieges Foto: dpa Picture Alliance/Andrey Nyrkov
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

22.10.2022, 07:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Mitten im Nirgendwo des US-Bundesstaates North Dakota steht ein wahrhaft skurriles Konstrukt. Erbaut als Verteidigungsanlage gegen russische Atomraketen während des Kalten Krieges, ist der Ort heute nur als „die Pyramide“ bekannt. Deren Geschichte ist mehr als bizarr – und könnte nach fast 50 Jahren Dornröschenschlaf jetzt eine unerwartete Fortsetzung finden.

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Es ist ein wahrhaft ungewöhnlicher Anblick, der sich nahe dem kleinen Ort Nekoma im US-Bundesstaat North Dakota bietet. Wie eine Fata Morgana ragt hier aus der ansonsten völlig flachen Landschaft ein bizarres Gebäude empor, das landesweit nur als „die Pyramide“ bekannt ist. Nunmehr seit fast 50 Jahren verlassen, erzählt sie immer noch eine Geschichte vom Irrsinn des Kalten Krieges zwischen Amerika und der damaligen Sowjetunion.

Denn „die Pyramide“ ist nur ein Teil einer ab 1970 hier erbauten Verteidigungsanlage namens Stanley R. Mickelsen Safeguard Complex (SRMSC). Ursprünglich war dieser laut der Staatsregierung von North Dakota dazu gebaut, sowjetische Atomraketen abzuwehren. Auf dem Höhepunkt der Drohgebärden zwischen den beiden Supermächten wollte Amerika sich damit für den Worst Case vorbereiten. Der gewaltige Bau und das Gelände um ihn waren damit der einzige Komplex dieser Art in den gesamten Vereinigten Staaten. Doch dem militärischen Hochsicherheitsbereich war nur eine äußerst kurze Lebenszeit beschieden.

Verheerende Zerstörung

„die Pyramide“
„Die Pyramide“ ist weithin sichtbar. Einst sollte sie sowjetische Atomraketen abfangen, doch dazu kam es glücklicherweise nie Foto: dpa Picture Alliance/Jim Lo Scalzo

Aber der Reihe nach. Im April 1970 kommen plötzlich mehr als 1000 Arbeiter in das kleine, beschauliche Nekoma. Ihre Aufgabe: den SRMSC erbauen. Das Herzstück der Anlage wird „die Pyramide“. Mit ihren einen Meter dicken Wänden soll sie notfalls auch einem Atomschlag standhalten. Denn nicht weniger befürchtet man immer wieder von sowjetischer Seite. Eigentlich schützen soll sie aber die nahe Grand Forks Air Force Base. Hier wiederum sind die auf die Sowjetunion gerichteten amerikanischen Raketen stationiert.

Ausgestattet mit gleich zwei hochspezialisierten Radarsystemen, sollte „die Pyramide“ den amerikanischen Himmel jederzeit nach feindlichen Raketen absuchen. Im Falle eines Angriffes wären vom SRMSC bis zu 30 anti-ballistische Raketen gestartet, um die sowjetischen Waffen noch vor einem möglichen Einschlag zu zerstören. Ein solcher Fall hätte jedoch auch in der umliegenden Gegend erheblichen Schaden angerichtet. Vermutlich deshalb entschied man sich als Standort für die weite Leere North Dakotas.

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Nach wenigen Monaten abgeschaltet

Glücklicherweise kam es nie zu einem solchen Ernstfall, und so war der Pyramide nur eine äußerst kurze „Lebensdauer“ beschert. Im April 1975 in Betrieb gegangen, wurde sie auf Beschluss des Kongresses bereits im Oktober selben Jahres wieder abgeschaltet. Verschiedene Quellen im Netz behaupten gar, die Anlage sei nur wenige Tage überhaupt voll funktionsfähig gewesen. Die Raketen und sonstiges Equipment sowie auch einige der Gebäude wurden daraufhin wieder von der Anlage entfernt. Übrig blieb der skurrile Bau, der auch heute noch aus der flachen Landschaft empor ragt. Laut „Atlas Obscura“ ein sechs Milliarden Dollar teurer Blindgänger.

In den folgenden Jahrzehnten wechselte das Gelände zahlreiche Male den Besitzer. Im Internet lassen sich sogar Berichte von Privatpersonen finden, die „die Pyramide“ von innen gesehen haben. Im Juli 2022 dann vermeldete das Büro des Gouverneurs von North Dakota erstaunliches. Nach fast 50 Jahren Leerstand wird dem bizarren Komplex wohl bald wieder neues Leben eingehaucht. Demnach will eine international operierende Firma das Gelände wiederum in einen Hochsicherheitskomplex verwandeln. Nur das dieses Mal hier äußerst sensible Computerdaten verwaltet werden sollen.

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Die Firma namens Bitzero Blockchain Inc. will dafür laut eigener Aussage eine Summe von 500 Millionen Dollar in die Hand nehmen. In der Folge könnten hier bis zu 50 neue Jobs entstehen. Bis dahin bleibt „die Pyramide“ aber eines der ungewöhnlichsten Mahnmale an den Irrsinn des Krieges. Und erfreut sich durchaus einiger Beliebtheit bei Freunden von Lost Places, wie man Kommentaren auf Tripadvisor entnehmen kann. „Der Trip hat sich wegen der coolen Bilder definitiv gelohnt“, meint einer.

Ein zweiter schreibt: „Sie sieht beeindruckend aus in der Landschaft. Ich bin wirklich froh, sie besucht zu haben.“ Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte aber wissen, dass man „die Pyramide“ bzw. das SRMSC selbst nicht betreten kann/darf. Wer also die Reise auf sich nehmen möchte, muss sich mit Fotos von außen begnügen. Ansonsten kann man aber wohl froh sein, dass der Ort heute ein derart ungewöhnlicher Lost Place ist. Einer, der in der Weltgeschichte glücklicherweise nur eine kurze, heute kaum noch bekannte Nebenrolle gespielt hat.

Themen: #amex USA
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