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Im Steinhuder Meer

Festung Wilhelmstein – wo das erste U-Boot der Welt erfunden wurde

Festung Wilhelmstein
Festung Wilhelmstein thront seit mehr als 250 Jahren im Steinhuder Meer Foto: dpa Picture Alliance
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

31.03.2021, 06:12 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Um sein Reich zu schützen, erbaute Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe die Festung Wilhelmstein mitten in dem riesigen See Steinhuder Meer. Er ließ sich aber noch andere Dinge einfallen – unter anderem das erste U-Boot der Welt.

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Es ist das Jahr 1761, als der Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe mit einem Boot auf das Steinhuder Meer, Niedersachsens größten See, hinausrudert. Wilhelm fürchtet um sein gerade einmal 340 Quadratkilometer großes Reich – und seit vier Jahren geistert daher eine Idee in seinem Kopf herum. Er will eine gewaltige Festung erbauen, mitten im Steinhuder Meer. Eigenhändig wirft Wilhelm daher an diesem Tag einen Fels ins Wasser. Der Grundstein für seine Festung Wilhelmstein.

Die Festung ist noch heute eine der Hauptattraktionen des Steinhuder Meers, diesem laut offizieller Webseite 32 Quadratkilometer großen See, umgeben von insgesamt 420 Quadratkilometer Naturpark. Dass das so ist, ist der gewaltigen Anstrengung zu verdanken, unter denen Festung Wilhelmstein einst errichtet wurde. Diese beschreibt die Autorin Pia Volk in ihrem Buch „Deutschlands schrägste Orte. Ein Fremdenführer für Einheimische“.

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Eine Festung entsteht

So lässt Graf Wilhelm seine Getreuen vier Jahre lang Steine und Baumaterial an die Stelle schaffen, wo einst seine Festung Wilhelmstein stehen soll. Von 1761bis 1765 rudern also jeden Tag ganze Mannschaften auf den riesigen See hinaus, beladen mit bis zu 1800 Litern Gestein an Bord. Bei Wind und Wetter schütten sie das Fundament auf, bis es aus dem See ragt. Der eigentliche Bau, der dann noch einmal zwei Jahre dauert, beginnt.

Festung Wilhelmstein thront ab 1767 auf einer großen Hauptinsel, die von 16 weiteren künstlichen Eilanden umgeben ist. Erst später vereinigt man sie alle zu einer Insel. Wilhelm eröffnet eine Kadettenschule, die bald schon hohes Ansehen genießt. Die Festung Wilhelmstein ist mit 250 Mann und 50 Kanonen besetzt, die im Ernstfall Wilhelms Reich verteidigen sollen. Dem Grafen aber genügt das noch nicht, und so wird er zu einem der umtriebigsten Erfinder seiner Zeit.

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Skurrile Erfindungen

Festung Wilhelmstein
Früher waren hier Soldaten stationiert, heute ist Festung Wilhelmstein eine Touristenattraktion Foto: dpa Picture Alliance

Der Graf verschanzt sich auf der nach ihm benannten Festung Wilhelmstein und beginnt zunächst, mit Schießpulver zu experimentieren. Am Ende erfindet er mit brennbarer Flüssigkeit gefüllte Kanonenkugeln, versehen mit Widerhaken. Im Ernstfall sollen die sich in den Segeln feindlicher Schiffe verfangen.

Zudem erfindet der Graf einen Dolch, mit dem man auch schießen, sowie ein Boot, dass sich in vier Teile teilen kann. Mit Unterstützung des Ingenieurs Jakob Chrysostomus Praetorius baut Wilhelm ein Amphibienfahrzeug, das sich sowohl an Land als auch zu Wasser fortbewegen kann. Sein Meisterstück jedoch, für das er auch heute noch berühmt ist, ist der sogenannte „Steinhuder Hecht“. Nicht weniger als das erste U-Boot der Welt, wie Volk schreibt.

Das erste U-Boot der Welt

Die Idee dazu hat er bereits 1760, jedoch beginnt erst 1771 der Bau eines Modells. Sein U-Boot soll gut 30 Meter lang sein, der Innenraum knapp zwei Meter hoch, gerade genug Platz zum Stehen also. Die Mannschaft würde über Luken ein- und aussteigen, eine Art Schwanzflosse das Vehikel steuern und für Antrieb sorgen. Müsste das Boot auftauchen, könnten über Wasser Segel entfaltet werden, so Wilhelms Idee.

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Leider sind nahezu alle Aufzeichnungen zu den Bemühungen auf der Festung Wilhelmstein heute verloren. Jedoch wurde Wilhelms U-Boot wohl nie in voller Größe gebaut. Laut einem ebenfalls verschollenen Bericht sei ein Modell aber bei einem Test mit acht Mann an Bord zwölf Minuten lang getaucht. Aus Aufzeichnungen seines Nachfolgers lässt sich entnehmen, dass sogar noch ein zweites U-Boot gebaut worden sein könnte.

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Heute Touristenattraktion

Am 10. September 1777 stirbt Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe, aber seine Festung Wilhelmstein steht heute noch im Steinhuder Meer. 1867 wurde sie laut der offiziellen Webseite als Station für Soldaten aufgegeben. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es hier einen regen Tourismus. In normalen Zeiten erreicht man die künstliche Insel mit ihrer Bastion in 30 Minuten per Besucherboot.

Seit dem Jahr 1900 kann man auf Festung Wilhelmstein heiraten, es gibt hier mittlerweile auch ein Hotel. Auf geführten Touren lernt man alles über Graf Wilhelm und die bewegte Inselgeschichte. Und auch den „Steinhuder Hecht“ kann man bewundern. Jedoch leider nur als kleines Modell und auf Skizzen. Aufgrund der Corona-Pandemie sind aktuell keine Führungen möglich.

Themen Deutschland
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