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„Neuschwabenland“

Neue Verschwörungstheorie – angeblich Tür zu Nazi-Festung in der Antarktis entdeckt

Irgendwo im heutigen Königin-Maud-Land in der Antarktis soll sich eine Nazi-Festung befunden haben – das jedenfalls behaupten Verschwörungstheoretiker
Irgendwo im heutigen Königin-Maud-Land in der Antarktis soll sich eine Nazi-Festung befunden haben – das jedenfalls behaupten Verschwörungstheoretiker Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

22.08.2023, 12:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

1938 brach ein deutsches Schiff unter strengster Geheimhaltung zu einer Expedition in die Antarktis auf – angeblich, um eine Nazi-Festung für Hitler und seine Schergen im Ewigen Eis zu errichten. Seither gibt es immer neue Verschwörungstheorien zu „Neuschwabenland“. Jüngst verbreitete sich etwa ein Satellitenfoto, das angeblich den Eingang zur eisigen Festung zeige. Doch so verrückt die Geschichte auch klingt, sie hat tatsächlich einen wahren Kern.

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Wer sich alte Landkarten ansieht, der mag im Ewigen Eis mitunter eine Überraschung erleben. Im nördlichen Bereich der Antarktis ist manchmal noch ein Bereich eingezeichnet, der als „Neuschwabenland“ bezeichnet wird. Doch was steckt hinter diesem mysteriösen Namen? Die Antwort ist genauso erstaunlich wie haarsträubend.

Es ist kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Sommer 1945, als zwei deutsche U-Boote den argentinischen Hafen Mar del Plata anlaufen. Die beiden Oberleutnants Otto Wermuth und Heinz Schaeffer sowie ihre Besatzung werden sofort festgenommen und verhört. Und als die Presse von der Sache Wind bekommt, stellt sie eine geradezu absurd anmutende Theorie auf: Die beiden Unterseeboote seien Teil eines größeren Konvois gewesen. Dieser habe Adolf Hitler, Eva Braun, Martin Bormann und andere Nazi-Schergen nach der Kapitulation Deutschlands in Sicherheit gebracht – zu einer geheimen Festung in der Antarktis.

Der Ursprung der Verschwörungstheorie

Was auf den ersten Blick nach absolutem Humbug und frei erfunden klingt, ist eine der bis heute am heftigsten diskutierten Verschwörungstheorien überhaupt. Und sie weist sogar einen wahren Kern auf. Zahllose Bücher hat man ihr gewidmet, Autoren und sogar Wissenschaftler auf der ganzen Welt beschäftigen sich mit der Legende von Neuschwabenland.

Ausgangspunkt sämtlicher Mythen um Neuschwabenland und die Nazi-Festung im Ewigen Eis ist der 17. Dezember 1938. An diesem Tag bricht ein deutsches Schiff unter strengster Geheimhaltung zu einer Expedition in die Antarktis auf. Die Route führt in einen unerschlossenen Teil, der heute als „Königin Maud-Land“ bekannt ist. Der Kapitän Alfred Ritscher ist Mitglied der Kriegsmarine und hat bereits an Expeditionen in die Arktis teilgenommen. Das 8000 Tonnen schwere Schiff „Schwabenland“ bricht mit zwei Flugbooten an Bord auf. Ziel ist es, einen Landstrich zu kartografieren und in Besitz zu nehmen, der schließlich Neuschwabenland getauft wird.

Der Grund, warum dort eine deutsche Basis errichtet werden sollte, war simpel. Deutschland wollte auf Walfang gehen, denn das Land benötigte dringend Wal-Tran. Daraus wurde eine Zutat für den Sprengstoff Nitroglycerin gewonnen. Aber auch für Öl, Schmierstoffe und sogar Margarine wurden sie benötigt. Deshalb machten damals ganze 50 Schiffe für Hitler Jagd auf Wale. Da England im Bereich des Walfangs weite Teile des Atlantiks kontrollierte, musste Deutschland wohl in diese abgelegenen Gewässer ausweichen.

Irre Verschwörungstheorien – Tür zur Nazi-Festung gefunden?

Die Antarktis ist nicht von Menschen bewohnt – oder schufen sich damals im ewigen Eis die Nazis eine Festung, in der sie bis heute überdauern? Eine populäre Verschwörungstheorie behauptet das
Die Antarktis ist nicht von Menschen bewohnt – oder schufen sich damals im ewigen Eis die Nazis eine Festung, in der sie bis heute überdauern? Eine populäre Verschwörungstheorie behauptet das. Foto: Getty Images

Doch dieser logischen Begründung zum Trotz gibt es immer wieder wilde Verschwörungstheorien zur deutschen Antarktis-Expedition – und die Theorie von einer tatsächlichen Nazi-Festung in Neuschwabenland verfestigte sich. Behauptet wird zum Beispiel, an den Polkappen würden sich Eingänge ins Innere der Erde befinden.

Auf Facebook verbreitete sich zuletzt ein im Juli 2023 hochgeladenes Foto, das von oben aufgenommen wurde, und eine schattenhafte, quadratische Markierung in einer riesigen antarktischen Eisschicht zeigt. Viele Verschwörungstheoretiker glauben, dass es sich um die Tür zum Nazi-Bunker handeln könnte. Das berichtet unter anderem die britische Boulevard-Zeitung „The Sun“. Unter dem Screenshot wird seither fleißig kommentiert. Dort heißt es „da ist irgendwo ein Nazi-Stützpunkt drin“ oder noch abstruser: „Ich habe gehört, dass es in der Antarktis viele Stützpunkte gibt, von auswärtigen Besuchern bis zu Zivilisationen tief im Erdmantel.“

Tatsächlich wird immer wieder auch von Nazi-Ufos, den sogenannten Reichsflugscheiben, im Zusammenhang mit Neuschwabenland schwadroniert. Zudem wird gemutmaßt, die Nazis würden in Kontakt mit ihnen freundlich gesonnenen Außerirdischen vom Stern Aldebaran stehen.

Die „Operation Highjump“

Auch ein Ereignis, das zwischen Dezember 1946 und Januar 1947 in der Antarktis stattfand, ist bei Verschwörungstheoretikern beliebt. Die USA starteten damals ein gigantisches Militär-Manöver, die „Operation Highjump“. An ihr waren neben 33 Flugzeugen und 13 Schiffen auch 4700 Soldaten beteiligt. Obwohl die Mission offiziell Forschungszwecken dient, steht für die Verschwörungstheoretiker fest: Die Amerikaner griffen damals Hitlers Eis-Festung an. Angeblich, nachdem eine Offensive der Briten gegen die antarktischen Nazi-Schergen unter dem Decknamen „Tabarin“ zurückgeschlagen wurde.

Tatsächlich hatte der Leiter des Manövers, Richard Byrd, vor einer Bedrohung einer „Invasion feindlicher Flugzeuge aus Richtung der Polarregion“ gewarnt hatte. Gemeint waren aber freilich sowjetische Flugzeuge. Die Operation diente wohl tatsächlich allein Forschungszwecken. Die antarktische Küste und Teile des Landesinneren wurden durch Luftbilder kartografiert.

Auch interessant: Abenteuer Antarktis – wie läuft eine Reise zum Südpol?

Sollte Neuschwabenland mit Atombomben zerstört werden?

1958 kam dann die absolute Sternstunde der Neuschwabenland-Verschwörungstheoretiker. Die USA zündeten im Rahmen der Operation Argus drei Atombomben in der südlichen Hemisphäre. Für Verfechter der Theorie war der Grund, dass damit der letzte Widerstand Deutschlands im ewigen Eis gebrochen und das Ende von Neuschwabenland besiegelt werden sollte.

Tatsächlich gab es die drei Atombomben. Allerdings wurden sie 1760 Kilometer südwestlich entfernt von Kapstadt gezündet, in einer Entfernung von mehreren tausend Kilometern zum Königin-Maud-Land/Neuschwabenland. Da die Unterlagen über die Operation Argus aber lange geheim waren, blühten wohl im Zuge dessen auch die entsprechenden Verschwörungstheorien auf.

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Außenministerium sah sich zu Stellungnahme veranlasst

Sie haben sich bis in unsere Zeit so hartnäckig gehalten, dass der Meeresforscher Colin Summerhayes 2007 in der Zeitschrift „Polar Record“ sogar einen 21-seitigen Artikel zu dem Thema veröffentlichte. Darin entlarvte er allerdings sämtliche Theorien als Hirngespinste.

2004 fühlte sich sogar das deutsche Außenministerium noch einmal genötigt, zur Frage um Neuschwabenland Stellung zu beziehen. Laut einem Bericht von WELT antwortete man auf eine Anfrage des Buchautors Heinz Schön damals: „Das frühere Deutsche Reich hat Gebietsansprüche in der Antarktis nicht erhoben.“ Und trotzdem hat es die Verschwörungstheorie geschafft, sich bis in die heutigen Tage zu halten – und treibt immer noch neue, skurrile Blüten.

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