
7. Juli 2025, 10:39 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Der Nahe Osten brodelt seit Längerem. Doch wie genau ist die Lage in den einzelnen Ländern der Region von Nahost bis Zentral- und Südasien? Und gibt es Länder, die trotz der angespannten Situation sicherer werden? Das beantwortet der Global Peace Index (GPI) des Institutes of Economics and Peace. Der Friedensindex erscheint einmal im Jahr. Er ermittelt, wo auf der Welt es aktuell am friedlichsten und wo es am wenigsten friedlich ist. TRAVELBOOK stellt die Ergebnisse für den Nahen Osten, Zentral- und Südasien vor.
Die Nachrichten zu den Geschehnissen in Nahost überschlugen sich in den vergangenen Wochen. Entsprechend sind die letzten Ereignisse in Asien nicht einmal im aktuellen Global Peace Index enthalten. Abgezeichnet hat sich das, was wir zurzeit in Israel, Iran und Co. sehen, jedoch seit Längerem. Und die letzten Kriege sind Teile einer ganzen Reihe von Unruhen, nicht nur in dieser Region. Der Global Peace Index 2025 unterteilt Asien in vier Regionen: Asien-Pazifik, Südasien, Zentralasien mit Osteuropa sowie den Nahen Osten gemeinsam mit Nordafrika (kurz „MENA” für „Middle East and North Africa“). In diesem Text schauen wir auf die Ergebnisse des Friedensindex für Greater Middle East, also Nahost, Zentral- und Südasien.
Übersicht
Naher Osten und seine angrenzenden Regionen in Asien weltweit am unfriedlichsten
Die Region Nahost und Nordafrika steht im aktuellen Global Peace Index auf dem letzten von acht Plätzen – zum zehnten Mal in Folge ist sie die am wenigsten friedliche Region weltweit. Südasien rangiert direkt davor und auch Zentralasien, das im Index mit Osteuropa zusammen aufgeführt wird, steht nur auf Platz fünf. Alle drei zeigen Tendenzen nach unten, wobei die Friedlichkeit in Südasien mit Abstand am meisten abgenommen hat.
Der Nahe Osten
Nachdem der Nahe Osten bereits seit einem Jahrzehnt die am wenigsten friedliche Region weltweit ist, ist sie im vergangenen Jahr noch einmal etwas unfriedlicher geworden. Im Schnitt verschlechterte sich ihre Friedfertigkeit um 0,17 Prozent. Vier der zehn unfriedlichsten Länder weltweit befinden sich in der Region, drei von ihnen im Nahen Osten: Israel, Syrien und der Jemen.
Am meisten hat sich die MENA-Region hinsichtlich ihrer laufenden Konflikte verschlechtert. So gab es mehr Todesfälle durch Konflikte innerhalb und außerhalb der eigenen Grenzen und eine Zunahme der Konflikte selbst. In Nahost führen die GPI-Autoren die Verschlechterungen auf anhaltende Konflikte in Palästina und Syrien sowie eine damit verbundene Zunahme regionaler Unruhen zurück. Die Spannungen waren auch zu Beginn des Jahres 2025 weiterhin extrem hoch, wie der GPI schreibt. Beruhigt hat sich die Lage auch jetzt noch längst nicht. Allerdings hat sich der Bereich der Militarisierung laut dem Index leicht verbessert. Und das trotz einer deutlichen Erhöhung der Militärausgaben.
Israel und Gaza
Die Autoren des Global Peace Indexes führen die markanten Rückgänge des Friedens in der Region auf den Ausbruch des Krieges in Gaza am 7. Oktober 2023 zurück. Begonnen durch den Angriff der Hamas auf Israel, ist der Krieg bis heute im Gange und etliche Menschen leiden unendliche Not. Nicht zuletzt, weil sämtliche humanitäre Hilfe am Zugang zum Gazastreifen gehindert wurde, wie der GPI schreibt. Das habe die ohnehin große humanitäre Krise noch einmal verschlimmert.
„Jüngste Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als 63.750 Menschen in diesem Konflikt getötet wurden, obwohl einige Schätzungen darauf hindeuten, dass die Zahl der Todesopfer weitaus höher ist“, heißt es im GPI. Der Konflikt habe die gesamte Region in eine Krise gestürzt. Verwickelt sind neben Israel und Palästina auch Syrien, der Iran, der Libanon und der Jemen, wenn auch in unterschiedlichem Maße.
Katar ist das friedlichste Land im Nahen Osten
In seiner Region ebenso wie in der erweiterten MENA-Region steht Katar auf dem ersten Platz. Weltweit schafft es der Staat auf der Arabischen Halbinsel immerhin auf den 27. Platz. Damit ist Katar eins von drei Ländern der Region, die zu den friedlichsten 50 Ländern weltweit zählen. Gleichwohl hat sich Katar im Hinblick auf Friedlichkeit verschlechtert. 0,99 Prozent rutschte der Golfstaat ab, was besonders am GPI-Bereich der Sicherheit liegt. Der Grund ist eine zunehmende politische Instabilität, nachdem die Parlamentswahlen in Katar mittels eines Verfassungsreferendums abgeschafft wurden.
Saudi-Arabien ist friedlicher geworden
Die größten Verbesserungen hin zu mehr Frieden zeigte im vergangenen Jahr laut dem Index Saudi-Arabien. Das erklärt er besonders durch den enormen, weil 100-prozentigen Rückgang von Todesfällen durch interne Konflikte. Doch Saudi-Arabien hat sich in allen drei großen GPI-Bereichen verbessert. So zeigte sich das Königreich im letzten Jahr politisch deutlich stabiler, nachdem „die Reformen der Vision 2030 der Regierung und die diplomatischen Bemühungen
die Regierungsführung und die regionale Zusammenarbeit gestärkt haben“, wie es im GPI heißt. Saudi-Arabien habe sowohl die Beziehungen zum Libanon und Iran wiederhergestellt als auch eine Vermittlerrolle in den erheblichen geopolitischen Spannungen in der Region übernommen.
Syrien verschlechtert sich am meisten
Die größten Verschlechterungen im Hinblick auf Friedfertigkeit erlebte innerhalb der Region Syrien, das sich sowohl hinsichtlich seiner Sicherheit als auch der laufenden Konflikte verschlechterte. Das Land gehört mit seinem 157. Platz im Weltranking zu den zehn unfriedlichsten Ländern überhaupt. Laut dem GPI nahmen besonders die gewaltsamen Demonstrationen in Syrien zu, ebenso wie die Zahl der Todesopfer durch Konflikte im eigenen Land. Seit 2011 flohen mehr als 14 Millionen Menschen aus Syrien, 70 Prozent der Bevölkerung benötigen humanitäre Hilfe. Nachdem im Dezember 2024 die Regierung Bashar al-Assads nach 24 Jahren Herrschaft gestürzt wurde, sei mehr als eine Million Menschen nach Syrien zurückgekehrt, heißt es im GPI. Im März dieses Jahres wurde eine Übergangsregierung vereidigt, was erneut zu Konflikten führte.
Das sind die (un)sichersten Länder im Nahen Osten laut Global Peace Index 2025
(in Klammern die Platzierung im weltweiten Ranking von 163 Ländern)
1. Katar (27)
2. Kuwait (31)
3. Oman (42)
4. Vereinigte Arabische Emirate (52)
5. Jordanien (72)
6. Saudi-Arabien (90)
7. Bahrain (100)
8. Libanon (136)
9. Iran (142)
10. Palästina (145)
11. Irak (147)
12. Israel (155)
13. Syrien (157)
14. Jemen (159)
Zentralasien
Das beherrschende Thema der Region Osteuropa und Zentralasien ist weiterhin der Krieg Russlands gegen die Ukraine – der Hauptgrund für die enorme und weltweit zweitstärkste Verschlechterung des Friedens in dieser Region. Diese verschlechterte sich um 0,77 Prozent, alle drei Hauptbereiche des GPI, also Sicherheit, Militarisierung und anhaltende Konflikte, waren hier betroffen, wobei letzterer sich am meisten verschlechterte. Von den zehn ganz oder teilweise asiatischen Ländern in der Region verschlechterten sich drei, während sich sieben verbesserten.
Russland selbst ist das am wenigsten friedliche Land der Welt, die Ukraine steht nur einen Platz darüber. Alle weiteren Infos zu den Ergebnissen des Global Peace Index zu Russland und zur Ukraine sowie zu Osteuropa finden Sie in diesem Text: Wo Europa gefährlicher geworden ist.
Aserbaidschan steigert Friedfertigkeit am meisten
Die größten Verbesserungen im zentralen Asien zeigte im vergangenen Jahr Aserbaidschan. Das Land konnte sich um 5,4 Prozent steigern, was einen Sprung um 18 Plätze, von Rang 113 auf Rang 95, ermöglichte. Aserbaidschan wurde bereits das zweite Jahr in Folge friedfertiger. Die größten Verbesserungen machte Aserbaidschan hinsichtlich seiner andauernden Konflikte, denn es gab im vergangenen Jahr weder Todesfälle durch interne noch durch externe Konflikte. Der Global Peace Index mutmaßt, dass der Grund dafür im Ende der aktiven Feindseligkeiten im Berg-Karabach-Konflikt zwischen 2023 und 2024 liegt. Das Vorgehen Aserbaidschans in Berg-Karabach bleibt laut den GPI-Autoren jedoch weiterhin umstritten. Und auch ausgestanden ist der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien weiterhin nicht, was der Index auch hinsichtlich der Verschlechterung des Landes im Militarisierungsbereich erklärt. Die Militärausgaben waren demnach 2024 auf 4,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen, ebenfalls verschlechterte sich der Indikator für Atomwaffen und schwere Waffen.
Das sind die (un)sichersten Länder in Zentralasien laut Global Peace Index 2025
(in Klammern die Platzierung im weltweiten Ranking von 163 Ländern)
1. Kasachstan (56)
2. Armenien (58)
3. Usbekistan (67)
4. Kirgisistan (78)
5. Tadschikistan (79)
6. Turkmenistan (87)
7. Aserbaidschan (95)
8. Georgien (109)
9. Türkei (146)
10. Russland (163)

Wo Europa gefährlicher geworden ist

Global Peace Index 2025 – das sind die (un)friedlichsten Länder der Erde

Wo die Region Asien-Pazifik sicher ist und wo es gefährlicher wird
Südasien
Die zweitunfriedlichste Region der Welt ist Südasien. Hier hat sich die Friedfertigkeit im vergangenen Jahr noch einmal verschlechtert, und das in allen drei Bereichen. Ganz besonders rückläufig zeigte sich der Frieden in Asiens Süden hinsichtlich der andauernden Konflikte, die sich um 4,9 Prozent verschlechterten.
Afghanistan bleibt unfriedlichstes Land der Region
Bereits seit Beginn des Indexes hat Afghanistan die Position des unfriedlichsten Landes seiner Region inne, lange sogar weltweit. Aktuell rangiert das Land auf dem fünften Platz der unfriedlichsten Länder der Welt. In puncto Sicherheit steht es an letzter Stelle. Auch im vergangenen Jahr hat sich Afghanistans Lage verschlechtert, um 0,28 Prozent. „Afghanistan ist das einzige Land in der Region Südasien, das bei den Indikatoren Zugang zu Kleinwaffen, Gewaltverbrechen, politische Instabilität, politische Terrorskala, Flüchtlinge und Binnenvertriebene und Militärausgaben (in % des BIP) die schlechtestmögliche Bewertung erhält“, heißt es im aktuellen GPI. Zwar sei das Konfliktniveau im Land seit der Machtübernahme durch die Taliban gesunken, doch durch deren schlechte Führung sowie die humanitäre Krise im Land würden politische Unruhen geschürt, so der Index.
Nepal verbessert sich in Südasien am meisten
Die größten Fortschritte im Hinblick auf Friedfertigkeit im südlichen Asien machte im vergangenen Jahr Nepal. Besonders verbessert habe sich das Land hinsichtlich seiner Militarisierung, etwa durch zurückgehende Waffenimportzahlen als auch eine stärkere Finanzierung der UN-Friedenssicherung. Hinzu kam eine Verbesserung des Terrorismusindikators, was die GPI-Autoren auf die verstärkten Bemühungen des Landes, teils in Zusammenarbeit mit Indien, im Kampf gegen den Terror zurückführen.
Bangladesch verschlechtert sich am meisten
Bangladesch zeigte im vergangenen Jahr hingegen riesige Rückschritte im Hinblick auf Frieden. Das Land zeigt mit einem Rückgang von 13 Prozent nicht nur die stärkste Verschlechterung in Südasien, sondern weltweit. Besonders hervor stechen offenbar die andauernden internen Konflikte, die zu 436 Todesfällen führten. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor waren es zwölf. Der GPI führt die Eskalation innerhalb des Landes auf ausufernde Studentenproteste gegen eine von der Regierung verhängte Beschäftigungsquote zurück. Diese seien trotz eines die Quoten reduzierenden Urteils des Obersten Gerichtshofs weitergegangen. Extrem angestiegen seien auch die Indikatoren der Gewaltkriminalität und politischen Instabilität, heißt es im Index. Hinzu kam eine Eskalation der Angriffe auf Minderheiten, allein im August 2024 seien 2010 Vorfälle gemeldet worden.
„Die politische Stabilität von Bangladesch verschlechterte sich 2024 aufgrund des zunehmenden Risikos von sozialen Unruhen, der Zersplitterung der Opposition und des harten Durchgreifens der Sicherheitskräfte“, fasst der GPI zusammen. Rund 1400 Menschen seien allein als Folge von Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und politischen Gruppen gestorben. Auch Vorwürfe über systematische außergerichtliche Tötungen wurden laut, was das Ansehen der Strafverfolgung weiter schädigte. Wochenlange Straßenproteste, die Arbeitsniederlegung der Opposition sowie die Spaltung der Regierungskoalition hätten schließlich zur Entlassung des Premierministers und Einsetzung des Nobelpreisträgers Dr. Muhammad Yunus als Verwalter einer Übergangsregierung geführt. Dieser habe nun die Aufgabe, die Parteien und Studentengruppen zu befrieden, die Wirtschaft zu stabilisieren und das Vertrauen in eine parteiische Wahlkommission wiederherzustellen. Keine leichte Aufgabe, nicht zuletzt angesichts des neuen Risikos von Massenprotesten gegen die hohen Lebenshaltungskosten und die fehlende Initiative der Übergangsregierung sowie fehlender Gewissheit über den genauen Zeitplan der Wahlen.
Indien wird friedlicher
Südasiens größter Staat Indien zeigte im vergangenen Jahr Schritte in Richtung zu mehr Frieden. Das weltweit bevölkerungsreichste Land verbesserte sich um 0,58 Prozent. So verbesserte sich etwa nach den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr die politische Stabilität leicht. Laut GPI verringern die dritte Amtszeit von Premierminister Narendra Modi und die Stabilität der Koalition des Parteienbündnisses Nationale Demokratische Allianz, kurz NDA, das Risiko sozialer Unruhen. Der Truppenabzug mit China habe zudem die geopolitischen Spannungen verringert.
Gleichzeitig nahmen die Spannungen zwischen Indien und Pakistan deutlich zu. Im April 2025 kamen bei einem Terroranschlag in der umstrittenen Kaschmir-Region 25 indische Touristen ums Leben. Obwohl die Spannungen in dem Gebiet seit Beginn eines Aufstands im Jahr 1989 hoch seien, richteten sich Angriffe bislang selten gezielt gegen Zivilisten, heißt es im GPI.
Das sind die (un)sichersten Länder in Südasien laut Global Peace Index 2025
(in Klammern die Platzierung im weltweiten Ranking von 163 Ländern)
1. Bhutan (21)
2. Nepal (76)
3. Sri Lanka ( 97)
4. Indien (115)
5. Bangladesch (123)
6. Pakistan (144)
7. Afghanistan (158)