
26. Juni 2025, 7:03 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Wie ist die Lage in Europa? Wo ist es sicher und wo unsicher und welche Tendenz zeigt sich auf dem europäischen Kontinent? Das Institute for Economics and Peace (IEP) analysiert jährlich den Zustand des Friedens in der Welt. Die Ergebnisse fasst es im Global Peace Index (GPI) zusammen. Ein Ergebnis des aktuellen Index: West- und Mitteleuropa ist weiterhin die weltweit friedlichste Region – doch unsicherer geworden ist es auch hier. Und der Osten steht alles andere als gut da.
14 der 20 friedlichsten Länder der Welt befinden sich in Europa. Unter ihnen das sicherste –Island – sowie drei weitere in den Top 5: Irland, Österreich und die Schweiz. Die Region West- und Zentral-Europa ist laut dem aktuellen Global Peace Index, kurz GPI, die friedlichste Region weltweit, wobei auch in diesem Teil der Erde der Frieden abnimmt.
Zu Europa gehört zugleich ein beträchtlicher Teil der weniger friedlichen Länder, unter ihnen sogar das weltweit unfriedlichste Land: Russland. Das teils zu Europa und teils zu Asien zählende Land ist zum ersten Mal seit Bestehen des GPI das unfriedlichste Land der Erde; die von ihm bekriegte Ukraine steht nur einen Platz über ihrem Aggressor. Und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist auch einer der Hauptgründe, aus denen der Frieden in der Welt und besonders in Europa nachgelassen hat.
In diesem Text fassen wir die Ergebnisse zu Europa im Global Peace Index 2025 zusammen. Im GPI wird der europäische Kontinent in die Regionen West- und Zentraleuropa sowie Osteuropa und Zentralasien aufgeteilt. Der Westen und das Zentrum stehen im Hinblick auf Frieden ganz oben. Die zweite Region, die auf dem fünften von acht Plätzen weltweit in puncto Friedlichkeit rangiert, beinhaltet fünf (ganz oder teilweise) europäische Staaten, die in der unteren Hälfte des Global Peace Index‘ angesiedelt sind: Georgien, Belarus, Türkei, Ukraine und Russland.
Alle Infos zum gesamten Global Peace Index lesen Sie hier: Global Peace Index 2025 – das sind die (un)friedlichsten Länder der Erde.
Übersicht
- Europa und der Krieg zwischen Russland und der Ukraine
- Island ist (mit einer Ausnahme) noch friedlicher geworden
- Mord-Rekordtief in Montenegro
- Bulgarien ist das friedlichste Land Osteuropas
- Weniger Frieden in Frankreich und Norwegen
- Das sind die (un)sichersten Länder in Europa laut Global Peace Index 2025
Europa und der Krieg zwischen Russland und der Ukraine
Schaut man sich die beiden europäischen Regionen im Global Peace Index 2025 an, tauchen diese Themen immer und immer wieder auf: der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine und die zunehmende Militarisierung der europäischen Staaten. Genau das waren die Hauptthemen unseres Kontinents im vergangenen Jahr. Und sie sind es auch weiterhin. Der Effekt für den Frieden: nicht sonderlich gut.
Alle europäischen Länder zusammengenommen haben sich laut dem Global Peace Index 2025 14 Länder (13 im Westen und eins im Osten) verbessert und 25 (sechs im Osten und 19 im Westen) verschlechtert, zwei blieben gleich. Die Tendenz sieht jedoch in Europa wie weltweit zurzeit eher düster aus.
Weniger Frieden in Ost- und Westeuropa
Die Friedfertigkeit der Region West- und Mitteleuropa hat 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 0,57 Prozent eingebüßt. Nur 13 von 33 Ländern in dieser Region haben sich verbessert, 19 sind weniger friedlich als zuvor und eins ist gleich geblieben. Der Grund: die zunehmende Militarisierung angesichts der Bedrohung durch Russland. Denn: „Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine hat dazu geführt, dass viele europäische Länder ihre
Militärausgaben und ihre allgemeine Kampfbereitschaft neu bewertet haben“, schreiben die Autoren des GPI. 24 Länder allein in West- und Zentraleuropa verschlechterten sich demnach in diesem Bereich, sprich, erhöhten ihre Militarisierung. Zugleich verbesserten sich jedoch die Bereiche der anhaltenden Konflikte und der Sicherheit leicht.
Die Region Osteuropa und Zentralasien ist laut dem GPI 2025 die Region mit der zweitgrößten Verschlechterung weltweit. Besonders verschlechtert hat sich hier der Bereich der andauernden Konflikte. Das Level der Friedfertigkeit sank hier um 0,77 Prozent. Das liegt besonders am Krieg zwischen Russland und der Ukraine, den beiden unfriedlichsten Ländern der Welt. „Da kein unmittelbares Ende des Konflikts in Sicht ist, ist es wahrscheinlich, dass Russland und die Ukraine auf absehbare Zeit zwei der am wenigsten friedlichen Länder der Welt bleiben werden“, heißt es im Global Peace Index.
Russland und die Ukraine: die unfriedlichsten Länder der Welt
Russlands Friedfertigkeit ist laut GPI im Vergleich 2024 zu 2023 um 6,5 Prozent gesunken. In Russland verschlechterten sich besonders die Bereiche Sicherheit und andauernde Konflikte, während sich der Bereich der Militarisierung verbesserte, was die Autoren mit einem Rückgang der Waffenexporte erklären.
Die Ukraine steht zwar auf dem zweitletzten Platz weltweit, zeigt aber insgesamt die größte Verschlechterung der Friedlichkeit in der Region. Denn: Neben dem anhaltenden Konflikt mit Russland wird auch die Situation im Land immer verheerender, verbunden mit den Belastungen und Entbehrungen. Laut GPI gab es im Jahr 2024 20 Prozent mehr Fälle häuslicher Gewalt, insgesamt 291.000 Fälle. Außerdem gebe es mehr Aktivitäten organisierter Kriminalität. Dazu soll auch „die Verbreitung von Schusswaffen aus der Konfliktzone“ beigetragen haben.
Militarisierung Europas
Angesichts der Bedrohung durch Russland sieht der Global Peace Index 2025 „angemessene Militärausgaben (als) unerlässlich (an), um neuen Bedrohungen zu begegnen.“ Hierbei gehe es jedoch weniger um eine Erhöhung der Ausgaben als um eine effiziente Nutzung. Laut dem GPI geben die europäischen Staaten weitaus mehr Geld für ihr Militär aus als Russland, es hake jedoch am gemeinsamen Potenzial. Das übersteige das des russischen Staates lediglich geringfügig. Entsprechend würde eine rohe Zunahme der Militärausgaben das Problem nicht lösen, glauben die Autoren. Vielmehr müsse Europa den Zusammenhalt erhöhen und für mehr Integration seiner militärischen Anstrengungen sorgen.
Ein Problem, das die GPI-Autoren in Europa erkennen, ist eine zunehmende Polarisierung. Militärausgaben verdrängten demnach Investitionen in andere, soziale Bereiche wie Bildung, Beschäftigung und Gesundheitswesen. Die Kompromisse für die Gesellschaft sollten entsprechend gut abgewogen werden, glauben die GPI-Autoren.
Island ist (mit einer Ausnahme) noch friedlicher geworden
Island ist und bleibt das friedlichste Land Europas und der Welt – und das bereits seit dem Jahr 2008. Und nicht nur das, Island hat sich sogar im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um zwei Prozent verbessert. Nur ein Bereich hat sich auch in Island verschlechtert: die Militärausgaben.
Besonders friedlich zeigen sich zudem die europäischen Staaten Irland, Österreich und die Schweiz. Sie alle zeigen laut dem Global Peace Index eine enorme Widerstandsfähigkeit und besonders hohe Werte hinsichtlich des positiven Friedens in Europa.
Mord-Rekordtief in Montenegro
In West- und Zentraleuropa hat sich Montenegro am meisten verbessert. Das Land gewinnt 2,3 Prozent, die sich besonders im Sicherheitsbereich niederschlagen. Hier sind sowohl die Mordrate als auch der politische Terror gesunken. Die Mordrate ist um ganze 69,7 Prozent zurückgegangen, was das Land auf ein Rekordtief von 0,8 Morden pro 100.000 Menschen bringt. Ein Grund ist offenbar die regionale Initiative zur Verringerung des illegalen Waffenbesitzes.
Bulgarien ist das friedlichste Land Osteuropas
Bulgarien ist das friedlichste Land Osteuropas, im europäischen Vergleich steht das Land auf Platz 20. Der Friedenswert Bulgariens blieb im Jahresvergleich unverändert, obwohl es innerhalb der untersuchten Bereiche Veränderungen zeigte. So verschlechterte sich Bulgarien etwas hinsichtlich gewalttätiger Demonstrationen, etwa durch Proteste gegen den Plan, den Euro als Landeswährung einzuführen; auch die Militärausgaben nahmen zu. Gleichzeitig verbesserte sich die wahrgenommene Kriminalität sowie die Bereiche Atom- und schwere Waffen.
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Weniger Frieden in Frankreich und Norwegen
Frankreich ist laut den GPI-Autoren das am wenigsten friedliche Land in der Region West- und Mitteleuropa. Zugleich hat es in diesem Teil der Welt den größten Militarisierungsgrad. Und nicht nur das. Dank der innenpolitischen Probleme des Landes, sichtbar an der „fragmentierten Parlamentswahl und Regierungsstillstand“, habe auch die politische Stabilität des Landes abgenommen. Hinzu kommen eine steigende Staatsverschuldung und wirtschaftliche Unsicherheit, die das Vertrauen der Menschen in ihre Regierung schwäche.
Norwegen ist zwar längst nicht das unfriedlichste Land des europäischen Westens und Zentrums, es hat sich von allen Ländern dieser Region jedoch am meisten verschlechtert. Der Grund ist auch hier die zunehmende Militarisierung. Demnach steigerte Norwegen sowohl seine Ausgaben als auch seine Waffenexporte massiv. Zugleich hat sich die Sicherheitslage in Norwegen leicht verbessert, das Land liegt in diesem Bereich im weltweiten Vergleich auf Platz zwei.

Global Peace Index 2025 – das sind die (un)friedlichsten Länder der Erde

Wo Asien am gefährlichsten ist – und wo es sicherer wird

Wo Nord- und Mittelamerika gefährlicher geworden sind
Das sind die (un)sichersten Länder in Europa laut Global Peace Index 2025
(in Klammern die Platzierung im weltweiten Ranking von 163 Ländern)
1. Island (1)
2. Irland (2)
3./4. Österreich (4./5.)
3./4. Schweiz (4./5.)
5. Portugal (7)
6. Dänemark (8)
7. Slowenien (9)
8. Finnland (10)
9. Tschechien (11)
10. Niederlande (14)
11. Belgien (16)
12. Ungarn (17)
13. Kroatien (19)
14. Deutschland (20)
15./16. Litauen (22/23)
15./ 16. Lettland (22/23)
17. Estland (24)
18. Spanien (25)
19. Slowakei (28)
20. Bulgarien (29)
21. Vereinigtes Königreich (30)
22. Norwegen (32)
23. Italien (33)
24. Montenegro (34)
25. Schweden (35)
26. Polen (36)
27. Rumänien (38)
28. Griechenland (45)
29. Nordmazedonien (51)
30. Albanien (52)
31. Bosnien und Herzegowina (59)
32. Kosovo (63)
33. Serbien (64)
34. Moldau (66)
35. Zypern (68)
36. Frankreich (74)
37. Georgien (109)
38. Belarus (119)
39. Türkei (146)
40. Ukraine (162)
41. Russland (163)