1. April 2015, 9:38 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dass München auch seine mystischen Ecken hat, also unheimliche Orte, um die sich Legenden, Sagen und Spukgeschichten ranken, weiß der geborene Münchner Tommy Krappweis. Denn der Bernd-Das-Brot-Erfinder hat sich für seine Fantasy-Trilogie „Mara und der Feuerbringer“ über Jahre in Mythen und Sagen vertieft. 2015 wurde der erste Teil verfilmt. Regisseur Tommy Krappweis verriet TRAVELBOOK exklusiv die sagenhaftesten Orte Münchens.
Es gibt mehrere Münchens: Das Oktoberfest-ich-schieß-mich-weg-München, München als sogenannte „Hauptstadt der Bewegung“ in Nazideutschland inklusive Gegenbewegung durch die Geschwister Scholl, das architektonische München mit dem fantastischen Olympiastadion, vielen klassizistischen Baudenkmälern und wunderschönen Barockkirchen – und dann gibt es da noch das mystische, das sagenhafte München. Und um das geht’s jetzt.
1. Der Teufelstritt
Los geht’s mit der bekanntesten Sage, dem „Teufelstritt“: Wer in die Frauenkirche vom Hauptportal aus eintritt, wird nicht umhin kommen, einen Fußabdruck im Boden zu bemerken. Diesen soll einer Sage nach der Teufel hinterlassen haben, als er erkennen musste, dass er vom Baumeister des Doms reingelegt worden war: Entgegen der Abmachung hatte dieser sehr wohl Fenster ins Gotteshaus eingebaut – sie waren nur damals exakt an diesem Punkt für den Teufel nicht sichtbar.
2. Der Wurm am Rathaus
Am westlichen Eck des Neuen Rathauses (das nur wegen des neogotischen Stils älter wirkt) findet man am Eingang zur Weinstraße das sogenannte „Wurmeck“. Da schlängelt sich doch glatt ein drachenartiger Lindwurm die Fassade hoch und in ein Relief hinein. Er brachte einer alten Sage nach anno 1630 die Pest nach München und kostete über 7000 Münchner das Leben. Erst der Schuss aus einer Kanone soll ihn exakt an dieser Stelle zur Strecke gebracht haben.
3. Die Unheilsverkünderin
Wer das Glück hat, zu einem der rauschenden Feste oder Konzerte in die Münchner Residenz eingeladen zu werden, der halte seine Augen offen nach einer unbekannten Frauengestalt in Schwarz. Seit dem 18. Jahrhundert geistert Kurfürstin Maria Anna, die sogenannte „schwarze Wittelsbacherin“, durch die Hallen und Gänge und verkündet durch ihr Erscheinen stets Unheil. Im 19. Jahrhundert starben zum Beispiel mehrere Wittelsbacher, kurz nachdem sie am Rande eines Fests erschienen war. Und als Prinz Adalbert von Bayern 1969 von ihr geträumt haben soll, verunglückte sein Sohn bei einem Flugzeugabsturz.
4. Der tobende Lindwurm
Ebenfalls in der Residenz findet sich der sogenannte „Brunnenhof“ mit dem Wittelsbacherbrunnen. Allegorische Darstellungen der bayerischen Flüsse Donau, Lech, Isar und Inn sitzen zu Füßen des Standbildes Ottos von Wittelsbach. Rund um diesen Brunnen soll einer modernen Sage nach im Jahr 2013 ein Lindwurm getobt haben, als eine junge Seherin namens Mara ihn unabsichtlich aus der Nibelungensage in die Gegenwart geholt und danach wieder verschwinden gelassen habe. Die Geschichte wurde mit dem Titel „Mara und der Feuerbringer“ verfilmt. Da die schriftlichen Aufzeichnungen der Sage aber den Lindwurm auf der Münchner Ludwigsbrücke verorten, ist damit zu rechnen, dass eine der beiden Darstellungen nicht der Wahrheit entspricht. (Zu des Rätsels Lösung siehe den Kasten rechts „Die Sache mit dem Brunnenhof“)
5. Der Eingemauerte
Wer in den Abendstunden unter dem Sendlinger Tor am gleichnamigen Platz steht, sollte wenigstens ein paar Minuten den Blick zum Südturm heben und versuchen, in die Stille zu lauschen. Hört er ein Wehklagen, so dürfte das der „eingemauerte Patrizier“ sein, den man als Strafe dafür, dass er mit Räubern gemeinsame Sache gemacht und diese des Nachts in die Stadt gelassen hatte, bei lebendigem Leib in den Turm einmauerte.
6. Die Seelen der Unschuldigen
Vor dem Kaufhaus Hirmer in der Fußgängerzone markieren dunkle Steine die Stelle, wo einst das Westtor Münchens – der „Schöne Turm“ – stand. Direkt daneben soll einmal ein Goldschmied gewohnt haben, den man für den Diebstahl eines Schmuckstücks zum Tode verurteilt hatte. Unter dem Schönen Turm soll er gerufen haben: „Eines Tages wirst Du die Wahrheit verkünden!“ Bald darauf entdeckte man an dem Turm ein Dohlennest und darin lag das gesuchte Schmuckstück, das der Vogel vermutlich durch ein Fenster von der Werkbank geklaut hatte. Noch heute sollen hier die Seelen derer umgehen, die unschuldig verurteilt wurden.
7. Das personifizierte Böse
Die Michaelskirche in der Kaufingerstraße ist nicht nur die sogenannte „Grablege“ des Hauses Wittelsbach und beherbergt in der Fürstengruft eine stattliche Menge verstorbener Adeliger wie zum Beispiel den berühmten „Märchenkönig“ Ludwig II. Ein düsteres Schauspiel bietet auch der Erzengel Michael direkt an der Fassage, der das personifizierte Böse mit seiner Lanze niedersticht. Wer der Richtung seiner Lanze in den Boden hinein folgt, stößt einer Sage nach auf einen Schatz. Spontane Grabungen in der Fußgängerzone sind allerdings zu jeder Tages- und Nachtzeit untersagt.
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8. Die Stube des Folterers
Wer auf dem Marienplatz etwa beim Fischbrunnen vor dem Alten Rathaus steht und nach links entlang der Fassade blickt, wird ein unscheinbares, vergittertes Fenster erkennen. Dies war die Stube des Folterers, der unter dem Alten Rathaus sein grausiges Handwerk verrichtete. Allerdings sei auch erwähnt, dass selbiger nicht nur Geständnisse erquälte oder Henkersarbeiten verrichtete. Man suchte diese ansonsten wenig geachtete Person auch auf, wenn ein Bruch der Einrenkung bedurfte oder andere Verletzungen begutachtet werden sollten: Hier kam nicht nur dem Folterer sondern auch den Bürgern dessen einzigartiges anatomisches Wissen zugute.