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Mehr als 2000 unterirdische Häuser

Guadix – die Höhlen-Hauptstadt Europas

Guadix
Guadix gilt inoffiziell auch als die Höhlen-Hauptstadt Europas. Hier finden sich mehr als 2000 der unterirdischen Häuser, die seit dem 15. Jahrhundert entstanden sind. Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

6. Mai 2025, 6:54 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Die Stadt Guadix in der andalusischen Provinz Granada ist inoffiziell auch bekannt als die „Höhlen-Hauptstadt Europas“. Seit dem 15. Jahrhundert sind hier mehr als 2000 bewohnbare Höhlen entstanden, in denen auch heute noch zahlreiche Bewohner der Stadt leben. Früher eher eine Zuflucht für arme Menschen, gelten sie mittlerweile nicht nur als größter Touristenmagnet der Stadt, sondern auch als beispielhaftes Modell in Bezug auf nachhaltiges Bauen.

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Es kommt wohl nicht allzu häufig vor, dass sich die größte Touristenattraktion einer Stadt unterirdisch befindet. Doch genau das ist in der andalusischen Stadt Guadix in der spanischen Provinz Granada der Fall. Denn hier leben, bereits seit dem 15. Jahrhundert, tausende Menschen in selbst gebauten Wohnhöhlen. Diese mögen zunächst vielleicht nach klaustrophobischen Verhältnissen klingen, bieten aber nicht nur überraschenden Komfort, sondern idealen Schutz vor allen Witterungen. Um zu begreifen, wie es dazu kam, dass sich Menschen diese ungewöhnlichen Unterkünfte bauten, muss man einen Blick auf die spanische Geschichte werfen.

Dieser führt uns zurück bis in das Jahr 1452, als laut der offiziellen Seite der Stadt Guadix die ersten Höhlenwohnungen entstanden. Die Spanier eroberten zu dieser Zeit gerade Andalusien von den Mauren zurück, die hier jahrhundertelang geherrscht hatten. Auf der Flucht vor den neuen Machthabern suchten daher viele nach einem geeigneten Versteck, ohne die Provinz Granada gleich ganz und für immer verlassen zu müssen. In der bergigen Region von Guadix fanden sie schließlich die idealen Bedingungen, um sich ihre, damals sicher noch sehr archaischen, Wohnhöhlen zu errichten. Und diese haute man sprichwörtlich direkt in den Fels.

Eine Höhlenkirche

Guadix
Waren die Höhlen einst Zufluchtsort für arme Menschen, sind sie heute der größte Touristenmagnet der Stadt Guadix Foto: Getty Images/imageBROKER RF

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Dabei machten die späteren Bewohner sich die Beschaffenheit der vergleichsweise weichen Lehmhügel rund um Guadix zunutze. Mit einfachsten Werkzeugen und teilweise den eigenen Händen gruben sie ihre Höhlen in die Erde. Dabei entschied der jeweilige „Architekt“ selbst, wie viele Räume er sich schaffen wollte. Ausgehend von einem Eingangsportal schlossen die anderen Zimmer an, in die Decke bohrte man vertikal ein Loch für einem Kamin. Deren weiß angemalten Schlote, die aus den Hügeln wie kleine Wachtürme hervorstechen, sind heute das Wahrzeichen des Höhlenviertels, welches sich von Ost nach West in einem Bogen rund um die Stadt erstreckt.

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Manche Bewohner der Höhlen von Guadix bauten sich sogar unterirdische Ställe für ihr Vieh. Eine ganz besondere dieser Grotten ist zudem die Höhlenkirche „Ermita de Gracia“ (etwa „Einsiedelei der Gnade“), in der heute noch regelmäßig Messen stattfinden. Im Spanischen Bürgerkrieg zerstört, baute die Stadt sie bereits 1944 wieder auf. Seit 1964 ist hier aus Platzgründen auch eine oberirdische Kirche angeschlossen. Einst als Refugium für Flüchtlinge entstanden, war das Höhlenviertel noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts größtenteils ein Wohnort für die ärmste Bevölkerung der Stadt. Ein Pfarrer namens Padre Pedro Poveda war es, der sich dieser Seelen annahm.

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Wohnhöhlen mit Swimmingpool

Er baute für die Kinder der „Höhlenmenschen“ eine Schule, ließ den Frauen einfaches Handwerk beibringen, mit dessen Einkünften sie ihr Überleben sichern konnten. Zu dieser Zeit war es jedoch auch, als sich das Bild von den Wohngrotten langsam zu wandeln begann. Frühe Besucher in Guadix betrachteten die ungewöhnlichen Unterkünfte zunehmend als romantisch, und so wurden sie ein entscheidender Tourismus-Faktor. Schließlich gelten sie aufgrund ihrer ökologischen Konstruktion aus Lehm auch als Vorbild-Modelle nachhaltigen Bauens. In einer Wohnhöhle herrscht aufgrund ihrer Beschaffenheit das gesamte Jahr über eine Temperatur zwischen 18 und 20 Grad Celsius. Die Isolierung mit Lehm schützt die Bewohner vor jeder Witterung.

Wer die Höhlen von Guadix einmal mit eigenen Augen sehen möchte, hat dazu das ganze Jahr über Gelegenheit. Zu besichtigen gibt es neben dem offiziellen Höhlenmuseum auch die unterirdische Kirche sowie das ehemalige Haus von Padre Poveda, natürlich ebenfalls in den Fels gehauen. Bitte beachten Sie, dass die verschiedenen Attraktionen zum Teil Eintritt kosten und unterschiedliche Öffnungszeiten haben. Alle Informationen lassen sich der offiziellen Webseite entnehmen. Für alle, die die ungewöhnlichen Unterkünfte noch näher kennenlernen möchten, gibt es auf einschlägig bekannten Portalen „Miet-Höhlen“ zum Übernachten, manche sogar mit Swimmingpool. Noch heute leben etwa 4500 Menschen in Guadix permanent in den mehr als 2000 Höhlen der Stadt.

Themen Europa Spanien

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