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Kreuzfahrt nach Corona-Fällen abgebrochen

Crew-Mitglied der Aida Nova spricht von „unfassbarem Chaos“

Aida Nova
Die Aida Nova lag fünf Tage im Kreuzfahrtterminal von Lissabon fest. Das Kreuzfahrtschiff sollte eigentlich am 30.12.2021 von dort in Richtung Madeira und Kanarische Inseln starten. Doch wegen Corona-Fällen in der Besatzung endete die Reise vorzeitig in Lissabon. Derzeit nimmt das Schiff mit Crew-Mitgliedern – davon einige in Quarantäne – Kurs auf Barcelona. Foto: dpa picture alliance
Susanne Resch

06.01.2022, 15:05 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Eigentlich würde die Aida Nova jetzt um die Kanarischen Inseln kreuzen. Doch für die Passagiere und die Crew startete das neue Jahr anders als geplant, die Silvester-Kreuzfahrt fiel buchstäblich ins Wasser. Wegen eines Corona-Ausbruchs innerhalb der Crew wurde die Weiterfahrt abgesagt. TRAVELBOOK hat exklusiv mit einem Crew-Mitglied gesprochen, das sich derzeit auf der AIDA Nova in Quarantäne befindet. Die Person spricht von „unfassbarem Chaos“ und auch „Verantwortungslosigkeit“. Die Vorwürfe – und wie die Reederei reagierte.

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Ein Jahr und neun Monate hatte sich Aida auf den Restart der Aida Nova vorbereitet – ganze 610 Tage lag das Flaggschiff der beliebten deutschen Reederei vor Teneriffa auf Reede. Das Comeback sollte mit einer Weihnachts- und Silvesterreise und Feuerwerk auf der Blumeninsel Madeira gefeiert werden. Doch trotz Hygienemaßnahmen, Corona-Test-Strategien und der geltenden Impfpflicht ist es auf der Aida-Nova-Kreuzfahrt zu einem Corona-Ausbruch innerhalb der Crew gekommen. Das Schiff lag daher seit dem 29. Dezember im Hafen von Lissabon fest. Am Sonntag (2. Januar) wurde die Weiterfahrt dann endgültig abgesagt.

Laut Aida hat man die Rückreise für alle Passagiere organisiert. Einige der mit Corona infizierten Crew-Mitglieder befinden sich in Hotels in Lissabon in Quarantäne. Andere mussten sich auf der Aida Nova isolieren oder in Quarantäne begeben, während das Schiff sich derzeit auf dem Weg nach Barcelona befindet. Nun erhebt ein Crew-Mitglied, das sich an Bord in Quarantäne befindet, schwere Vorwürfe. Die Person ist der Redaktion bekannt, um sie zu schützen, haben wir ihr Anonymität zugesagt.

Wie es dem infizierten Crew-Mitglied in der Quarantäne geht und was es der Reederei vorwirft: TRAVELBOOK hat exklusiv mit der Person gesprochen und bei der Reederei nachgefragt.

Crew-Mitglied spricht von Chaos bei Tests

Das Crew-Mitglied behauptet gegenüber TRAVELBOOK, dass positiv getestetes Personal und auch Kontaktpersonen von nachweislich positiv Getesteten nicht umgehend isoliert worden seien. Dazu berichtet die Person Folgendes: „Ich habe am nächsten Tag (am Tag, nachdem ein anderes Crew-Mitglied positiv auf Corona getestet wurde, Anm. d. Red.) Fieber gehabt und bin dann ins Hospital gegangen. Dort wurde dann ein Schnelltest gemacht, der meiner Meinung nach – ich habe das Ergebnis gesehen – positiv war.“ Das Crew-Mitglied hat dieses Ergebnis laut eigenen Aussagen auch fotografiert. TRAVELBOOK liegt die Aufnahme vor, sie zeigt eindeutig einen Schnelltest mit zwei Streifen. Dennoch wäre die Person mit einem negativen Befund wieder zur Arbeit geschickt worden.

Corona-Test
Das Crew-Mitglied hatte nach eigener Aussage die Möglichkeit, im Bord-Hospital einen positiven Test zu fotografieren, der jedoch vom Hospital als negativ gewertet wurde. TRAVELBOOK hat das Foto zugeschnitten, um das Crew-Mitglied zu anonymisieren Foto: anonym

Das Crew-Mitglied habe im Anschluss zusätzlich unter Aufsicht ihrer Vorgesetzten einen Selbsttest/Schnelltest gemacht. Da dieser nachweislich positiv gewesen sei, sei die Person im Hospital erneut via Schnelltest (negativ) und PCR-Test getestet und dann in 24-stündige Isolation geschickt worden.

TRAVELBOOK liegen Sprachnachrichten vor, in denen die Person anschließend ihr PCR-Testergebnis erfragen möchte, aber niemand scheint zuständig zu sein. Nach mehr als 24 Stunden erhält unsere Kontaktperson nach eigenen Angaben telefonisch die Information, dass ihr PCR-Test negativ sei, weshalb sie zunächst wieder arbeiten gegangen sei (auch diese Sprachnachricht liegt der TRAVELBOOK-Redaktion vor). Da das Crew-Mitglied eine Verwechslung vermutete, bestand es auf einen erneuten PCR-Test im Hospital – dieser sei schließlich positiv gewesen. Seitdem befindet sich das Crew-Mitglied auf dem Schiff in Quarantäne. Die Person fasst das Vorgehen zusammen und spricht von einem „unfassbaren Chaos.“

Ein weiteres Aida-Crew-Mitglied, das sich an TRAVELBOOK gewandt hat, bestätigt die Vorwürfe. Die Person sei trotz Corona-Symptomen weiter zur Arbeit geschickt worden, sie hätte auch weiter direkten Kontakt mit Passagieren gehabt. „Die Crew wurde komplett hinten angestellt und es war egal, wie es uns geht, Hauptsache der Betrieb wird aufrechterhalten“, fasst sie ihre Eindrücke zusammen.

Aida nimmt Vorwürfe ernst

Auf TRAVELBOOK-Nachfrage bei Aida heißt es in einem Statement zu den Vorwürfen: „Im Rahmen der umfassenden Hygiene- und Teststrategie haben wir an Bord von Aida Nova Fälle von COVID-19 frühzeitig identifiziert. Die betroffenen Personen haben keine bzw. nur milde Symptome.“ Zudem betont die Reederei: „Jeder medizinische Befund in Kombination mit den unterschiedlichen Testmethoden zieht verschiedene Maßnahmen nach sich. Dazu zählt u. a., dass sich Personen (das betrifft Gäste und Crew) bis zum Vorliegen eines PCR-Testergebnisses isolieren.“

Grundsätzlich teilte Aida TRAVELBOOK auf Nachfrage hin mit, den geschilderten Fall und die Vorwürfe ernst zu nehmen. Außerdem werde die Reederei, insofern auch unternehmensintern konkrete Fakten vorliegen, diese prüfen.

Auch interessant: Aida Cruises führt Impfpflicht auch für Kinder ein

Crew-Mitglied kritisiert die Isolation an Bord

Neben den geschilderten Szenarien kritisiert das Aida-Crew-Mitglied zudem die Isolation an Bord. So habe man Mitarbeiter in der Isolation „vergessen“, die Person habe beispielsweise zunächst kein Essen bekommen. Das zweite positiv mit Corona getestete Crew-Mitglied gibt gegenüber TRAVELBOOK an, es habe nach dem positiven PCR-Corona-Test und der Unterbringung in Quarantäne keinen Zugang zu Wasser gehabt. Niemand habe sich zuständig gefühlt. Die Person findet drastische Worte für die Situation: „Wir wurden behandelt wie Tiere im Zoo.“

Die Reederei antwortet in einem Statement zu den Vorwürfen: „Selbstverständlich werden die Crew-Mitglieder medizinisch sehr gut versorgt, dazu zählt auch die Versorgung mit Essen und Trinken auf ihrer Kabine. Zudem erhalten sie weitere Unterstützung in dieser Situation.“

Das Crew-Mitglied behauptet zudem, dass sich einige infizierte Personen (u. a. mit schweren Verläufen) in Hotels in Lissabon, in denen es anfangs kein medizinisches Personal gegeben habe, in Quarantäne hätten begeben müssen. Auch dazu geht Aida in der Stellungnahme ein: „In enger Abstimmung mit den beteiligten Behörden haben wir für einige Crew-Mitglieder die Unterbringung in für diesen Fall vorgesehenen Unterkünften an Land organisiert. Eine medizinische Betreuung wurde ebenfalls schnellstmöglich organisiert.“

Aida: Es gibt „umfassende Gesundheits- und Sicherheitsprotokolle“

In ihrem Statement verweist die Reederei außerdem darauf, dass alle Aida-Kreuzfahrten „in Übereinstimmung mit den umfassenden Gesundheits- und Sicherheitsprotokollen von AIDA Cruises sowie den nationalen und lokalen Gesetzen und Verordnungen zum Infektionsschutz durchgeführt“ würden. So fänden alle Reisen mit einer angepassten Passagierkapazität statt.

Weiter heißt es: „Alle Gäste an Bord von AIDAnova ab dem 12. Lebensjahr sowie unsere Besatzung sind vollständig geimpft. Vor Aufstieg an Bord wurden Gäste und Crew-Mitglieder zweifach getestet: 1. per Antigentest vor der Anreise, 2. direkt vor dem Aufstieg im Kreuzfahrtterminal mittels COVID-19 PCR-Test. Ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz ist für Gäste und Crew in allen Innenbereichen verpflichtend, ebenso wie die Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln.“ Darüber hinaus gelte für die Crew ein täglicher Gesundheits- und Temperaturcheck und es gebe in regelmäßigen Abständen Corona-Tests.

Die Hintergründe: Die Aida Nova-Kreuzfahrt wurde Anfang Januar endgültig abgesagt

In einer Rede vom Sonntag, den 2. Januar 2022 hatte Kapitän Jens Janauscheck die Kreuzfahrt der Aida Nova aufgrund des Corona-Ausbruchs innerhalb der Crew abgesagt, nachdem das Schiff bereits für vier Tage außerplanmäßig im Hafen von Lissabon gelegen hatte. Auch laut Kapitän hat man die Corona-Fälle aufgrund der an Bord geltenden Test-Strategie frühzeitig erkannt und die Crew-Mitglieder hätten lediglich milde Symptome gehabt. Ursprünglich hatte man in Lissabon auf Ersatz-Personal gewartet und das Auslaufen mehrmals verschoben, aus Sicherheitsgründen wurde die Weiterfahrt schlussendlich doch abgebrochen.

Die Mitarbeiter der deutschen Reederei hätten bereits am Sonntag, dem 2. Januar 2022, damit begonnen, für die fast 3000 Gäste die Heimreise zu organisieren, teilte der Kapitän den Passagieren in seiner Rede mit.

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Weitere Kreuzfahrten mit der Aida Nova abgesagt

Die Reise mit der Aida Nova wurde nicht wie geplant bis zum 5. Januar 2022 auf die Kanarischen Inseln fortgesetzt – derzeit nimmt das Schiff Kurs auf Barcelona und kommt dort am 7. Januar an. Auch die Kreuzfahrten des Schiffes mit den Startdaten am 5., 8. und 12. Januar könnten nicht angeboten werden. Die nächste planmäßige Reise der Aida Nova soll am 15. Januar von Las Palmas auf Gran Canaria starten.

Hinweis: Dieser Artikel wurde am 10.01.2022 um 11:34 aktualisiert.

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