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Erfahrungsbericht

Reisetipps für Urlaub in Moldawien, dem unterschätztesten Land Europas

Larissa Königs
Larissa Königs

26.03.2020, 13:51 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

In Städten wie Amsterdam oder Venedig klagen Einwohner wie Urlauber seit Jahren vor allem über eins: Overtourism. Massen an Reisenden verhageln nicht nur das Leben vor Ort, sondern auch den Urlaub. Denn eigentlich will man beim Reisen ja Land, Leute und Kultur kennenlernen – und nicht mit Massen anderer Touristen von Postkartenshop zu Postkartenshop hetzen. Warum dann nicht mal in eines der am wenigsten besuchten Länder der Welt fahren? TRAVELBOOK-Redakteurin Larissa Königs hat sich im Sommer 2019 auf das Abenteuer eingelassen und ist in die Republik Moldau geflogen. Ihre Erfahrungen und Tipps.

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Das kleine Land, das mit etwas mehr als 3,5 Millionen Einwohnern gerade so viele Menschen beherbergt wie die Stadt Berlin, besuchten 2017 nur 145.000 Einwohner, wie die UN World Tourism Organization berichtete. Zum Vergleich: Berlin begrüßte 2017 mehr als 31 Millionen Touristen.

Die besten Tipps für Moldawien: 

Chisinau aufmerksam erkunden

Wein probieren in Milestii Mici

Dementsprechend unvorbereitet ist man in Moldawien auch auf Urlauber. Während eigentlich jeder russisch oder rumänisch spricht, ist Englisch eher die Ausnahme. Selbst in Restaurants und Cafés kann man sich oft nur rudimentär verständigen. Und auch wenn man sich die Demografie des Landes anschaut, gibt es zunächst keinen Grund, nach Moldawien zu reisen. Die Bevölkerung ist zum Großteil sehr arm, die Lebenserwartung beträgt fast zehn Jahre weniger als bei Deutschen. Moldawien wird manchmal auch von bösen Zungen als „Armentopf“ Europas bezeichnet – ein Eindruck, der zunächst auch von der Hauptstadt bestätigt wird.

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Der erste Blick auf Chisinau ist architektonisch nicht sonderlich spektakulär
Der erste Blick auf Chisinau ist architektonisch nicht sonderlich spektakulär Foto: Getty Images
Redakteurin Larissa in Moldawien
TRAVELBOOK-Redakteurin Larissa Königs in Moldawien

Chisinau, das „Kischinau“ ausgesprochen wird, ist mit circa 530.000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt des Landes. Ihren Status als wirtschaftliches und kulturelles Zentrum sieht man ihr jedoch auf den ersten Blick nicht an. Dem klassischen sowjetischen Stil entsprechend ragen gigantische (und vor allem auch gigantisch hässliche) Betonwohnbauten an jeder Straßenecke aus dem Boden. Viele sind entweder halb verfallen oder nie vollendet worden. Gehwege sind oft nicht gepflastert oder die Platten lose. Die Qualität der Straßen ist kaum besser: Sie strotzen vor Schlaglöchern, die deutschen Autofahrern die Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Kleiner Tipp: Es ist in Moldawien durchaus üblich, die Löcher einfach in Schlangenlinien zu umfahren.

1. Hinter die Fassade blicken in der Hauptstadt Chisinau

Ja, in Moldawien gibt es viele Ecken, die zunächst nicht gerade ansprechend sind. Aber zum einen ist das alleine noch kein Argument gegen eine Reise. Andere gehypte Reiseziele, wie etwa Riga, Belgrad oder auch Berlin, haben genauso viele hässliche Ecken, über die wohlmeinende Touristen gerne hinwegsehen. Und wer Chisinau eine Chance gibt und die Stadt zu Fuß erkundet wird sehen, dass es auch hier hübsche Straßenzüge gibt.

Folgt man z.B. dem Boulevard Constantin Negruzzi Richtung Zentrum, führt die Straße vorbei an charmanten Cafés und Restaurants, Prachtbauten wie dem Nationaltheater oder dem Triumphbogen der Stadt oder gut gepflegten Parkanlagen wie dem Parcul Catedralei din Chisinau. Wer es aufregender haben möchte, der kann in Chisinau wunderbar Lost Places erkunden, also verlassene Orte. Dafür muss man nur hinter die Fassade vieler Betonbauten schauen: Romantisch verwachsene Ruinen gibt es hier nämlich an jeder Ecke.

Auch das ist Chisinau: Der Triumphbogen mit der Kathedrale im Hintergrund
Auch das ist Chisinau: Der Triumphbogen mit der Kathedrale im Hintergrund Foto: Getty Images

2. Moldawien ist preislich unschlagbar!

Moldawien profitiert, wie viele ehemalige Ostblockstaaten, von den im Vergleich zu Deutschland sehr niedrigen Preisen. Die Landeswährung ist der Moldauische Leu (Plural: Lei). Ein Euro ist so viel Wert wie 19,431 Lei (Stand 10.7.2019).

Das Umrechnen verschleiert manchmal, wie unglaublich wenig man tatsächlich zahlt. So bekommt man beispielsweise ein wirklich luxuriöses Apartment für 30 Euro die Nacht, einen Mietwagen für vier Tage schon für 80 Euro und ausgiebig geschlemmt wird für umgerechnet 30 Euro am Tag. Ach ja, inklusive Wein – und zwar richtig, richtig guten Wein.

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Sehr empfehlenswert: Eine Weinprobe mit landestypischen Snacks
Sehr empfehlenswert: Eine Weinprobe mit landestypischen Snacks Foto: privat

3. Moldawien ist ein Mekka für Weinliebhaber

Was viele nicht wissen: Moldawien ist eine der führenden Weinnationen Europas. Das Land liegt auf dem gleichen Breitengrad wie die französische Burgund-Region und hat perfekte Bedingungen für den Weinanbau. Im Sommer ist es sehr warm und trocken, im Winter relativ feucht. Ein Viertel der gesamten moldawischen Exporte sind Weine, pro Jahr etwa zwei Millionen Flaschen; ebenfalls circa ein Viertel der Bevölkerung ist in der Weinbranche angestellt. Im ganzen Land gibt es 127 Weinkellereien und Moldawiens Weinberge stellen mehr als zwei Prozent der weltweiten Rebfläche. So gab es 1999 eine registrierte Weinanbaufläche von 162.000 Hektar. Zum Vergleich: In Deutschland sind es lediglich 102.000 Hektar.

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Mit diesen Informationen im Hinterkopf ist es weder überraschend, wie stolz die Menschen hier auf ihre Wein-Tradition sind, noch, dass die größte Touristenattraktion des Landes ein Weinkeller ist. Groß ist hier übrigens wortwörtlich zu nehmen: In Moldau gibt es nämlich den Weinkeller mit der größten Weinsammlung der Welt, Milestii Mici. In dem Weingut, dessen unterirdische Tunnel 200 Kilometer lang sind, werden mehr als 1.500.000 Flaschen Wein aufbewahrt. Touristen aus aller Welt reisen an, um mit dem Auto die für Besucher freigegebenen Wege – insgesamt fünf Kilometer lang – entlang gigantischer Weinfässer zu befahren.

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Tatsächlich kommt bei meiner Tour durch Milestii Mici zum ersten Mal das Gefühl auf, dass ich Tourist bin. Zumindest gibt es hier Führungen und der Guide spricht tadelloses Englisch. Doch auch hier, in dem mutmaßlich touristischstem Teil des Landes, ist man nicht ansatzweise so professionell, wie es für andere Touri-Attraktionen üblich ist. So braucht man eine ganze Weile, bis man einen Ansprechpartner gefunden hat. In der Mittagszeit ist niemand erreichbar.

Das Weingut Milestii Mici ist das größte der Welt. Die Tunnel sind insgesamt 200 Kilometer lang, 5 Kilometer können Touristen mit dem Auto erkunden.
Das Weingut Milestii Mici ist das größte der Welt. Die Tunnel sind insgesamt 200 Kilometer lang, 5 Kilometer können Touristen mit dem Auto erkunden. Foto: Getty Images

4. Allein auf weitem Feld

Was nervt Touristen auf Reisen besonders? Richtig: andere Urlauber. In unserer globalisierten Welt wollen wir doch immer da hin, wo noch niemand anders war, wo wir ganz alleine sind und noch die wahre Kultur und Natur eines Landes kennenlernen können. Genau dafür ist Moldawien perfekt. Denn es ist ein Land, in dem Tourismus bisher keine Rolle spielt. Neben Milestii Mici ist die größte Attraktion des Landes ein anderes Land, das es faktisch gar nicht gibt, das dennoch aber unabhängig von Moldawien ist: Transnistrien (hier gibt’s mehr Infos dazu).

 Nationalparks gibt es in Moldawien nicht
Nationalparks gibt es in Moldawien nicht Foto: Getty Images

Es gibt, trotz der schönen Natur, keine Nationalparks in Moldawien. Die sind aber auch gar nicht nötig, denn da das Land weit entfernt von einer Industrienation ist, ist die Landschaft zum Großteil sowieso vergleichbar mit einem deutschen Nationalpark. Das zeigt sich auch an der sehr guten Luftqualität. Übrigens ist die Republik Moldau laut einer weltweiten Studie der Universität Leeds vom Februar 2018 das einzige Land in Europa, dessen Entwicklung sich innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen vollzieht.

Umso schöner ist es, die Klöster in Moldawien zu erkunden, zu kleinen Seen zu fahren oder einfach durch die weiten Felder und Weinberge zu wandern – und zwar ganz alleine, ohne Massen an Touristen.

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Mein Fazit zu Moldawien

Es lohnt sich, sich ein eigenes Bild von der Republik Moldau zu machen. Ein Wochenendtrip macht auf jeden Fall Spaß – vor allem für diejenigen, die abseits der üblichen Urlaubspfade wandeln wollen. Voraussetzung sollte eine gewisse Abenteuerlust sein und die Offenheit, sich auf andere Kulturen und Lebensweisen einzulassen. Und ein gültiger Personalausweis – besser noch ein Reisepass. EU-Bürger benötigen kein Visum.

Dann steht der ultimativen Moldawien-Experience nichts mehr im Weg. Darauf ein Glas moldawischen Wein: „Noroc!“ (Zum Wohl) 

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